Draft live auf ProSieben MAXX und ran.de
Kahzin Daniels: Draft-Talent und auf einem Auge blind
- Aktualisiert: 21.02.2019
- 15:25 Uhr
- ran.de / Andreas Reiners
Vor dem Draft (ab dem 25. April live auf ProSieben MAXX und ran.de) tauchen Jahr für Jahr spannende Talente auf, manchmal auch aus dem Nichts. Wie Kahzin Daniels, der auf einem Auge blind ist.
München – Kahzin Daniels ist gerade einmal fünf Jahre alt, als sich sein Leben schlagartig ändert. Eine laue Sommernacht, die Gegend bei seiner Oma. Er fährt mit dem Tretroller durch die Gegend, als er mit dem Kopf gegen ein Hindernis stößt. Was folgt, ist bereits bei der bloßen Vorstellung unangenehm.
Eine Stange. Er spürt keine Schmerzen, ist sich aber heute sicher, dass er einen Salto hingelegt hat.
Er wird von seinen Cousins zur Oma gebracht. Doch als seine Mutter ihn später sieht, spricht ihre Reaktion Bände. Sie weint hysterisch. Er wird sofort ins Krankenhaus gebracht.
Sein Augenlicht auf dem rechten Auge ist aber nicht mehr zu retten.
Berührend und verblüffend
Es ist eine dieser Geschichten, die berühren. Die aber auch verblüffen. Denn Daniels hat nach vier Saisons in der Divison II für die Golden Eagles von der Charleston-University als Defensive End inzwischen die Aufmerksamkeit der Scouts erregt. Der Pass Rusher kam in der Zeit auf 31,5 Sacks und ist im Draft (ab dem 25. April live auf ProSieben MAXX und ran.de) ein Kandidat für einen späten Pick. Aber: Die Tendenz ist steigend.
Denn: Sein Handicap ist ihm nicht anzumerken. Es war bislang nicht groß bekannt, viele Scouts, Teamkollegen und auch Coaches wussten nichts davon. Es hat ja auch keiner gefragt. Warum auch? Football spielt Daniels mit einer Sehkraft von 50 Prozent so, als wäre nie etwas passiert. Und als Ausrede auf dem Feld hat er es sowieso nie benutzt. Einen Kalauer hat Head Coach Pat Kirkland nicht im Sinn, wenn er NFL-Insider Mike Garafolo erklärt: "Ich glaube wirklich nicht, dass es in seinen Augen ein Problem ist."
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Mit geschlossenen Augen
Auch Charlestons Defensive Line Coach Zack Santolla war fasziniert. "Er bewegt sich so schnell und klar: Ich habe gedacht, dass er das wahrscheinlich auch mit geschlossenen Augen kann." Santolla schloss die Augen, um sich in seinen Schützling hineinzuversetzen. "Wow, sein Körper hatte die Zeit, um sich anzupassen."
Daniels bestätigt das. "Keine große Sache", sagt er. Der Pass Rusher konnte zuletzt beim Training vor dem NFLPA Bowl überzeugen, zum Combine schaffte er es aber nicht.
Dafür wird er beim Marshall Pro Day im März sein Können zeigen. "Ich mache das schon eine Weile. Es hat sich nichts verändert. Ich kann auf einem Auge zwar nichts sehen, aber deswegen will ich es in allen Bereichen nur noch härter angehen."
Easy? Von wegen!
Das hört sich alles reif und easy an, war es aber nicht. Denn Kinder können bösartig sein. Und wenn ein Gleichaltriger mit einer Augenklappe herumläuft, ist Mobbing nicht weit. Es hat Daniels gestärkt, aber auch verändert. Es hat ihn zu dem Menschen gemacht, der er heute ist: Introvertiert, verschlossen, umgeben von einer harten Schale. "Ich bin vor den Leuten zurückgeschreckt. Ich war lange ein Einzelgänger", sagte er.
Der Football hat ihn wieder geöffnet, auch wenn er längst kein Lautsprecher ist. Das Kapitänsamt wies er in seinem letzten College-Jahr zurück – es passe nicht zu seinem Charakter. Dafür kehrte das Selbstvertrauen zurück. Er hat sein Handicap förmlich niedergekämpft.
Der übliche Reflex wird kommen: Seine Geschichte wird die Runde machen, wird ausführlich erzählt. Der Vorteil: Sein Name taucht immer wieder in den Medien auf. Der Nachteil: Verbunden ist damit aber auch immer wieder die kritische Frage, ob sein Handicap ihn nicht doch behindert, vor allem auf dem hohen NFL-Niveau.
Unter der Lupe
Aber: Einige Highlights seines Spiels zeigen, warum er Aufmerksamkeit generiert, ganz unabhängig davon, dass er auf einem Auge blind ist.
Man wird unter die Lupe nehmen, ob Fehler in seinem Spiel nicht doch auf sein Auge zurückzuführen sind. Die Kernfrage, die sich jedes Talent gefallen lassen muss, muss auch Daniels beantworten: Ist er bereit für den nächsten Schritt?
Er weiß auf jeden Fall: Je nachdem, was in den kommenden Monaten passiert, wird sich sein Leben nochmal verändern.
Aber das hat er ja beim ersten Mal schon bravourös gemeistert.
Andreas Reiners
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