Das undurchsichtige Verhältnis
New England Patriots: Alles Liebe zwischen Tom Brady und Bill Belichick?
- Aktualisiert: 25.01.2019
- 21:33 Uhr
- ran.de / Maximilian Barz
Wie gut ist das Verhältnis zwischen Tom Brady und Bill Belchick? Die Antwort auf eine vermeintlich simple Frage ist gar nicht so leicht wie die Vergangenheit zeigt.
München/Foxborough – Nach dem spektakulären Overtime-Triumph der New England Patriots im AFC Championship Game über die Kansas City Chiefs (zu den Highlights) treffen sich Tom Brady und Bill Belichick im Blitzlichtgewitter auf dem Spielfeld. In den innigen Umarmungen fangen die Mikrofone ein "ich liebe dich auch" von Brady ein. Dem muss wohl ein ähnlicher Satz von Belichick vorausgegangen sein.
Sympathiebekundungen, die nach einem solch dramatischen Spiel aus den Emotionen heraus entstehen, könnte man meinen. Bis man hört, welche Lobeshymne Brady auch einen Tag später im Interview mit dem Sport-Radiosender "WEEI" auf Belichick anstimmt.
Alles wieder gut?
"Wir sind immer großartig miteinander klargekommen", sagt der Patriots-Quarterback darin zum Verhältnis mit seinem Head Coach. "Wir arbeiten nun seit 19 Jahren zusammen. Also verfolgen wir seit 19 Jahren dieselben Ziele. Er ist einfach immer ein großartiger, großartiger Mentor in meinem Leben gewesen und ein herausragender Coach. Er hat mir mehr über Football beigebracht, als es je jemand gekonnt hätte. Ich habe es immer geliebt hier zu spielen und für ihn zu spielen. Er ist der großartigste Coach aller Zeiten und wir haben einfach einige unglaubliche Momente miteinander gehabt."
Es klingt wie eine innige Freundschaft. Doch ein Blick in die jüngere Vergangenheit zeigt: So harmonisch ging es zwischen dem legendären Gespann nicht immer zu.
Spekulationen über gestörtes Verhältnis
Bereits in der Offseason 2016 soll Brady befürchtet haben, seine Vormachtstellung bei den Patriots zu verlieren. Er fühlte sich bei den Diskussionen um den Deflate-Gate-Skandal von Belichick und den Verantwortlichen nicht ausreichend geschützt. Zudem nutzte sein junger Kontrahent Jimmy Garoppolo während Bradys Sperre die Chance, auf sich aufmerksam zu machen.
Dass Garoppolo inzwischen für die 49ers aufläuft, soll 2017 auch an Bradys Einfluss auf die Patriots-Führung gelegen haben. Das wiederum soll Belchick nicht gefallen haben. "Wenn Tom Brady etwas haben möchte, bekommt Tom Brady es", sagte die mürrische Trainer-Legende einmal Brian Cashman, dem General Manager der New York Yankees.
Streit um Fitness-Guru und Wechsel-Gerüchte
Wenige Monate nach dem Garoppolo-Deal folgte der nächste Aufreger, als Belichick Bradys persönlichen Fitness-Guru Alex Guerrero den Zutritt zum Mannschaftsflieger und zum Teambereich während den Spielen verbieten ließ. Vieles schien auf interne Probleme der beiden größten Figuren der Patriots-Historie hinzuweisen.
Der Erfolg blieb trotzdem nicht aus. Sie erreichten zum achten Mal gemeinsam den Super Bowl. Nach der Niederlage gegen die Eagles hielten sich in der vergangenen Offseason hartnäckig die Gerüchte über einen Abschied Bradys aus New England.
Enthüllungsbuch gibt neue Einblicke
Brady blieb, viel gefehlt hat zu einer Trennung jedoch offenbar nicht. Das zeigte zu Beginn der Saison ein Enthüllungsbuch, in dem viele Weggefährten der beiden zu Wort kommen. In "Belichick: The Making of the Greatest Football Coach of All Time" deutet ESPN-Reporter Ian O'Connor an, dass eine Scheidung der vermeintlichen Traumehe in Sommer 2018 wohl gar nicht so fern lag.
Eine nicht näher benannte Quelle erklärt darin Tom Bradys Wechselgedanken so: "Wenn du 18 Jahre mit einer mürrischen Person verheiratet bist, die dir unter die Haut geht ohne dir je ein Kompliment zu machen, dann möchtest du dich irgendwann scheiden lassen."
Ein Grund für den Verbleib des Quarterbacks sei demnach die Angst vor einem Image-Schaden gewesen. "Wäre er zurückgetreten oder hätte einen Trade forciert, hätte sich die ihn anbetende Fan-Gemeinde in einen wütenden Mob verwandeln können", heißt es in dem Buch.
Externer Inhalt
Belichick für die Coaches der Garant des Erfolgs
2018 hat gezeigt, dass Brady trotz seiner unbestreitbaren Fähigkeiten im hohen Alter auf Mastermind Belichick angewiesen ist. Brady soll zwar der Liebling von Franchise-Besitzer Robert Kraft sein, doch die meisten Coaches schätzen wohl Belichicks Wert für den Erfolg größer ein.
Laut einem von O'Connor nicht näher benannten Assistant Coach habe bereits rund um den Draft von Garoppolo 2014 das Gefühl vorgeherrscht, Belichick könne zwar nicht mit jedem der 32 Starting-Quarterbacks der Liga den Super Bowl erreichen, "aber wenn wir einen der 15 besten bekommen würden, könnten wir das schaffen".
Championship-Game zeigt Abhängigkeit auf
Nehmen wir das Spiel gegen die Chiefs, das den Weg in den neunten Super Bowl (3. Februar, ab 22:45 Uhr live auf ProSieben und ran.de) mit Brady-Belichick-Beteiligung geebnet hat. Abgesehen vom Game-Winning-Drive in der Overtime, zeigte Brady wie schon in der gesamten Saison ungewohnte Schwächen. Der 41-Jährige warf zwei Interceptions, eine davon kurz vor der Endzone. Wäre Chiefs-Pass-Rusher Dee Ford kurz vor Schluss der regulären Spielzeit nicht im Offside gestanden, hätte Bradys dritte Interception wohl das Ende der Titelträume bedeutet.
Ohne Belichicks vor allem defensiv genialen Gameplan gegen die beste Offensive der Liga wäre es womöglich erst gar nicht zum entscheidenden Overtime-Drive gekommen. Doch genau bei diesen Plays in der Crunchtime ließ Brady seine Klasse wieder aufblitzen. Es zeigt, dass beide letztendlich doch nicht so ganz ohne einander können.
Vielleicht haben Brady und Belichick das auch erkannt und lieben sich deshalb wieder etwas mehr als zuletzt. Schaden kann es zumindest nicht. Die Traumehe könnte mit dieser Einstellung bald einen sechsten Ring hinzubekommen.
Von Maximilian Barz
Du willst die wichtigsten NFL-News direkt auf dein Smartphone bekommen? Dann trage dich für unseren WhatsApp-Service ein unter http://tiny.cc/ran-whatsapp