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NBA Finals 2024: Die Rückkehr von Irving und Porzingis an alte Wirkungsstätte
- Aktualisiert: 06.06.2024
- 18:45 Uhr
- Seb Dumitru
Kyrie Irving spielte einst für die Boston Celtics; Kristaps Porzingis trug vor zwei Jahren noch das Trikot der Dallas Mavericks. Jetzt kehren beide Stars an ihre jeweils alte Wirkungsstätte zurück – gewachsen, gereift, geläutert – und auf der Jagd nach der Championship.
Die Erde ist doch nicht flach. Und alles ist ein Kreislauf. Selbst, wenn Kyrie Irving sein eigenes Lügenmärchen nicht bereits vor Jahren revidiert und sich dafür entschuldigt hätte, würden ihn spätestens diese letzten Wochen und Monate von der Wahrheit überzeugen können.
In einer der spannendsten Nebenhandlungen dieser Saison ist aus dem einstigen Problemkind und Paria, dem inselbegabten Verschwörungstheoretiker mit dem untradebaren Vertrag, einer der absoluten Lieblinge der Association geworden. Fans und die Mehrzahl aller Spieler ligaweit verehren ihn.
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Jetzt will er an der Seite von Megastar Luka Doncic seinen zweiten NBA-Titel holen – ausgerechnet gegen seinen alten Klub.
Auf der anderen Seite der NBA Finals 2024 trifft ein rekonvaleszenter, ehemaliger All-Star Big Man in Reihen der Boston Celtics ebenfalls auf alte Weggefährten: Kristaps Porzingis ging zwischen 2019 und 2022 für die Mavericks auf Korbjagd – an der Seite von Doncic, Irvings heute kongenialem Partner. Das Duo war nicht glücklich, Dallas scheiterte trotz der individuellen Klasse seiner zwei Europäer mehrfach.
In "Beantown" hat der Lette mittlerweile die perfekte Rolle als Ring-beschützender Stretch Big gefunden, bildet dort mit Jayson Tatum und Jaylen Brown das vielleicht verheerendste Trio der Liga. Tatum und Brown lernten von und spielten einst neben Irving – und sind bis heute gut mit dem achtfachen All-Star befreundet geblieben.
Kyrie: Nach Cleveland ging es abwärts
Im Juni 2016, in seiner fünften Profisaison, war Kyrie Irving auf dem sportlichen Höhepunkt: Der damals 24-jährige Ausnahmekönner hatte an der Seite eines 32-jährigen LeBron James gerade den wichtigsten Treffer in der Geschichte der Cleveland Cavaliers versenkt und mit seinem Gamewinner in Spiel sieben der NBA Finals gegen Golden State den sensationellen, ersten Titel der Franchise aus Ohio eingetütet.
Nur ein Jahr später begann für Irving eine Abwärtsspirale sondergleichen. In einem Podcast outete er sich als "Flat Earther" – und damit als größter Verschwörungsanhänger der Liga. Zwar machte er später kehrt und bat öffentlich und unmissverständlich um Entschuldigung für seine "ignoranten Aussagen", aber der Schaden war angerichtet. Er verlangte einen Trade, raus aus Cleveland, um endlich aus James' langem Schatten herauszutreten.
Boston sah ihn ihm den neuen Franchise-Player. Die Celtics erreichten mit Irving jedoch nie, was sie sich vorgenommen hatten. 2017-18 scheiterten sie ausgerechnet an Cleveland in den Eastern Conference Finals; Irving musste verletzt zusehen. 2018-19 war bereits in Runde zwei Schluss; Irving enttäuschte auf ganzer Linie – der Anfang vom Ende in Beantown.
Trotz Loyalitätsbekundungen ("Ich bin hier glücklich und will irgendwann meinen Namen unter all den Celtics-Legenden genannt wissen. Hier ist perfekt") verließ der All-Star Boston nach nur zwei Jahren in Richtung Brooklyn, wo er mit Kevin Durant und James Harden ein neues Superteam bildetete. Das Trio absolvierte nur 16 Partien zusammen und implodierte – ohne Titel oder Finalteilnahmen – auf spektakuläre Art und Weise.
Irving verpasste 2021-22 fast alle Heimspiele der Nets, weil er sich nicht gegen COVID-19 impfen lassen wollte. Im September 2022 teilte er auf Instagram ein 20 Jahre altes Verschwörungs-Video, in dem es um Geheimbunde und korrupte Imperien ging, und darum, dass Viren zur Kontrolle der Menschheit freigesetzt würden. Zu Beginn der Saison 2022-23 wurde er suspendiert, nachdem er einen antisemitischen Film via Twitter bewarb. Irving verlor daraufhin auch seinen Nike-Vertrag.
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Kyrie Irving: Trade nach Dallas als Rettung
Als sich Brooklyn weigerte, ihm eine Vertragsverlängerung nach seinen Vorstellungen anzubieten, forderte er einen Trade nach Dallas. In Texas fand Irving in Doncic endlich den geeigneten Backcourt-Partner, in Coach Kidd einen fähigen Mentor, zu dem er aufblicken konnte, und in GM Nico Harrison einen Unterstützer, der immer an ihn geglaubt hatte. Das gab ihm die nötige Stabilität, um zum Führungsspieler zu reifen.
"Teil meines Erwachsenwerdens war zu realisieren, wie Basketball gespielt werden sollte", sagt Irving heute. "Die Legenden, die vor mir da waren, haben mir beigebracht, dass es ein Teamsport ist. Je mehr du dir selbst aus dem Weg gehst, je selbstloser du wirst, desto mehr Gelegenheiten finden den Weg zu dir. Ich dachte früher, dass Führungsqualitäten nur mit mir, mir, mir zu tun hätten. Damit, dass ich alleine die Verantwortung übernehme. Aber das stimmt nicht mal ansatzweise. Der Unterschied zwischen mir heute und mir vor einigen Jahren ist, dass ich heute nicht mehr darauf höre, was andere für den richtigen Stil für mich halten."
"Boston war ein Kapitel in meinem Leben, dass ich größtenteils genossen habe. Das wichtigste, das ich dort gelernt habe, sind echte Führungsqualitäten und wie wichtig es ist, deine Gefühle im Griff zu haben und das große Ganze nicht aus den Augen zu verlieren."
Dass die Celtics damals trotz einer gespickten Lineup (Irving, Tatum, Brown, Al Horford, Gordon Hayward) nie den gewünschten Erfolg hatten, wird gerne auf Irving geschoben. Seine vielen Mätzchen gegenüber Boston über die Jahre – das Abbrennen von Salbei im Garden, der augenscheinliche Tritt auf das Celtics-Logo an der Mittellinie, das zänkische Verhältnis zu Fans – machen es einfach, sich ihn als Sündenbock abzustempeln.
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Nicht nur Bostons bester Spieler hält vehement gegen dieses Narrativ: „Es war kein Kyrie-Problem damals. Wir alle hatten unseren Anteil daran, dass wir keinen Erfolg hatten, und wir haben alle daraus gelernt”, mahnt Tatum zu Objektivität.
"Einige von uns sind hier geblieben, andere sind weitergezogen und haben anderswo großartige Dinge vollbracht. Es ist toll, Kai auf diesem extrem hohen Level spielen zu sehen, und wie viel Spaß er dabei hat (...) Ich habe viele tolle Erinnerungen an Kyrie als Teamkollegen. Für mich, als Rookie und Sophomore in meinen ersten zwei Jahren, war das immens wichtig, jeden Tag mit einem Superstar zu verbringen, zu verstehen, wie man sich auf und abseits des Courts verhält. Er ist er einer der talentiertesten Spieler, die ich jemals gesehen habe."
NBA: Nur Buhrufe für Kyrie in Boston
Trotz oder gerade wegen seiner Fähigkeiten avancierte Irving in Boston über Nacht zum Paria, wird seither dort gnadenlos ausgebuht. 2021 wurde ein Fan verhaftet und bekam lebenslanges Hausverbot im TD Garden, weil er Irving mit einer Flasche beworfen hatte. Irving machte lange aus seiner Antipathie gegenüber der häufig als rassistisch bezeichneten Stadt in Massachusetts keinen Hehl, zeigte beleidigenden Fans während der Playoffs 2022 sogar unverhohlen den Mittelfinger.
"Rückblickend natürlich nicht meine besten Momente. Alle haben damals den Mittelfinger gesehen und dass ich ein bisschen meinen Verstand verlor. Das spiegelte nicht besonders gut wider, wer ich bin und wie ich auf höchstem Niveau agieren möchte. Ich war kein gutes Vorbild. Ich bin für diese Momente geschaffen, und um mit solchen Umständen umgehen zu können. Seitdem konnte ich wachsen. Natürlich wird es hektisch werden, aber ich freue mich darauf und betrachte es als eine gesunde Beziehung, die ich zu den Fans hier habe. Es ist gut, den TD Garden verstummen zu hören, wenn man guten Basketball spielt."
Irving, der in der zweiten Runde gegen Oklahoma City nur 16,0 Punkte pro Partie erzielte, dominierte in den Conference Finals gegen Minnesota mit 27,0 Zählern pro Partie – inklusive drei Mal 30 Punkte oder mehr. Sein ewiger Punkteschnitt in den NBA Finals (27,7 PPG) ist der achthöchste aller Zeiten (minimum zehn Einsätze).
Im Endspiel wartet das bisher schwerste Matchup auf den Ausnahmekönner und Dribbelkönig. Bereits in der regulären Saison machte ihm Bostons Armada an fähigen Verteidigern (Jrue Holiday, Derrick White, Jaylen Brown) das Leben schwer; Irving erzielte nur 21,0 Punkte im Schnitt gegen Boston – sein fünftschwächster Wert gegen alle 29 Teams der Liga in 2023-24.
NBA: Doncic macht heiß auf die Finals
Kristaps: Einhorn 2.0 gegen die alten Teamkollegen
Porzingis, der die reguläre Saison mit durchschnittlich 20,1 Punkten, 7,2 Rebounds und 1,9 Blocks bei 51,6 Prozent aus dem Feld und 37,5 Prozent von der Dreierlinie beendete, fehlte den Celtics während ihres Playoff-Runs verletzungsbedingt, seit Spiel vier der Erstrundenserie gegen Miami.
In Spiel eins der Finals soll der Lette aber voraussichtlich wieder aufs Parkett zurückkehren. Wie fit er ist und wie viele Minuten er gehen kann, werden die ersten Partien zeigen. Sollte er der Belastung Stand halten können, geht es in Spiel drei und vier (und sechs, falls notwendig) nach Dallas, Texas, an seine alte Wirkungsstätte.
"Es wird viel Spaß machen, gegen mein altes Team in Dallas anzutreten. Ich freue mich schon drauf", blickt der 2,18-Meter-Mann voraus. "Ich glaube, das wird hervorragend. Ich habe dort zweieinhalb Jahre verbracht, und bin sehr froh für Alle in Dallas. Ich habe dort viele ausgezeichnete Beziehungen und ich finde, sie haben sich alle diesen Erfolg redlich verdient."
Porzingis war einst die große Hoffnung der New York Knicks, die den Star von Baloncesto Sevilla einst mit dem 4. Pick im Draft 2015 gezogen hatten. Als Franchise-Spieler und mit den physischen Anforderungen in der NBA überfordert, fiel der Lette immer wieder mit schweren Verletzungen aus.
So auch 2017-18, als sich Porzingis das Kreuzband riss und die gesamte Folgesaison 2018-19 aussetzen musste. Im Januar 2019 verlangte er einen Trade, weil er keinen neuen Vertrag bekam – und wurde prompt zusammen mit Tim Hardaway Jr., Courtney Lee und Trey Burke für DeAndre Jordan, Dennis Smith Jr., Wes Matthews und zwei künftige Erstrundenpicks (2021 und 2023, geschützt – wurde Derrick Lively Jr.) nach Dallas getradet.
Porzingis und Doncic harmonierten nicht
Auch ohne ein einziges Spiel für die Mavs gemacht zu haben, erhielt er einen neuen Max-Deal (fünf Jahre, 158 Millionen US-Dollar). Erst zur Saison 2019-20 gab Porzingis sein Debut in Dallas. Porzingis absolvierte 134 reguläre Partien im Mavericks-Dress, 110 davon an der Seite von Luka Doncic.
Der Big Man kam während seiner Zeit in Dallas auf 20,0 Punkte, 8,8 Rebounds und 1,7 Blocks im Schnitt. Zwar gewannen Doncic und Porzingis 59 Prozent (71-49) ihrer gemeinsamen Partien – schafften es aber nie, die erste Playoff-Runde zu überstehen. 2020 verletzte sich Porzingis in der Bubble in Spiel drei gegen die Los Angeles Clippers, als er sich den Meniskus riss.
Als er im Januar der Folgesaison zurückkehrte, unterlag er einem starken Minutenlimit, das seine Leistungen stark beeinträchtigte. Er kam nie richtig in Schwung, der Frust nach mehr und mehr zu – und manifestierte sich in der zunehmend schwindenden Chemie mit seinem Point Guard. 2021 zeigte Porzingis in den Playoffs (wieder gegen die Clippers) mit 13,1 Punkten und 5,4 Rebounds pro Spiel eine katastrophale Leistung, die ihm Buhrufe der Mavs-Fans und den Spitznamen "Pandemic P" einbrachten.
J.J. Redick, der zusammen mit Doncic und Porzingis zwei Monate in Dallas verbrachte, erinnerte in seinem Podcast an einen Moment, in dem Porzingis Dallas' damaligen Head Coach Rick Carlisle drängte, Doncic während einer Auszeit öffentlich anzukreiden – ein Beweis für Stolz und Ego der beiden Jungstars, die zu einem der Gründe des Mavs-Misserfolgs wurden.
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Gutes Verhältnis zwischen Porzingis und Doncic
"Ich denke, wir haben es beide versucht", sagte Porzingis über die Dynamik mit Doncic. "Die Kommunikation – Reife und Kommunikation – auf beiden Seiten, hätte besser sein können. Es war eine Mischung aus vielen Dingen. Auf jeden Fall Reife – ich spreche von dem, was ich hätte besser machen können – Reife meinerseits, ganz sicher. Und ich habe mich damals nicht so sehr für Analytics und Zahlen interessiert. Wenn mir jemand in dieser Phase meiner Karriere die Sache richtig erklärt hätte, nach dem Motto: 'Das ist es, was wir tun müssen, das ist es, was wir von dir brauchen, so schaffen wir das'... Ich denke, das hätte einen Unterschied gemacht, vor allem, wenn wir dabei effektiver gespielt hätten."
Ende Januar 2022 machte Porzingis sein letztes Spiel für die Mavs; weniger als zwei Wochen später schickten ihn die Mavericks zu den Washington Wizards, im Tausch für Spencer Dinwiddie und Davis Bertans. Dinwiddie landete ein Jahr später im Paket, das für Kyrie Irving zu den Brooklyn Nets getradet wurde. Nach nur 82 Partien im Wizards-Dress tradete Boston im Sommer 2023 für Porzingis – und damit für das letzte, möglicherweise entscheidende Puzzleteil des aktuellen, großen Championship-Favoriten.
Trotz des Misserfolgs und ihrer Differenzen pflegen Doncic und Porzingis bis heute ein gutes Verhältnis. Nicht nur der Lette, sondern auch der slowenische Superstar haben das mehrfach betont. Auch kontroverse Statements wie das des ehemaligen Mavericks-Spielers Chandler Parsons, der vor wenigen Tagen behauptete: "Sie mögen Porzingis in Dallas nicht. Luka hat nicht gerne mit ihm gespielt. Da beeft es...", scheinen daran nichts ändern zu können.
"Darum schaue ich keine dieser Shows", lachte Doncic in der PK vor Spiel eins, in der deutschen Nacht von Donnerstag auf Freitag, über die Gerüchte. "Ich und KP haben ein gutes Verhältnis. Ich weiss nicht, warum Leute immer noch das Gegenteil behaupten."