16-Jähriger erhält Wildcard
Darts: Für Luke Littler kommt die Premier League zu früh - ein Kommentar
- Aktualisiert: 07.01.2024
- 11:46 Uhr
- Chris Lugert
Luke Littler erhält nach seinem WM-Märchen eine Wildcard für die Premier League. So verständlich die Entscheidung der PDC aus wirtschaftlicher Sicht ist, so gefährlich ist sie für Littler selbst. Ein Kommentar.
Von Chris Lugert
Spätestens, als Luke Littlers Durchmarsch bei der Darts-WM 2024 das Halbfinale erreichte, begannen die ersten Spekulationen. Ist der 16-Jährige ein Kandidat für die Premier League?
Viele schüttelten da noch mit dem Kopf, doch je weiter Littler bei der WM kam, desto realistischer wurde das Szenario. Einen Tag nach dem WM-Finale steht fest: Der Teenager nimmt tatsächlich an der prestigeträchtigen Einladungsliga teil!
Littler erhält vom Profiverband PDC eine von vier Wildcards, die übrigen drei gehen an Gerwyn Price, Rob Cross und Peter Wright.
Der neue Weltmeister Luke Humphries, Michael Smith, Michael van Gerwen und Nathan Aspinall sind über die Weltrangliste automatisch gesetzt. (Übrigens: Gleich fünf Teilnehmer der Premier League treten am Samstag bei der Promi-Darts-WM an, live ab 20:15 Uhr auf ProSieben, ran.de, Joyn und in der ran-App.)
Bei der Premier League spielen verschiedene Aspekte eine Rolle. Die PDC macht im Rahmen dieser Elitelage in den größten Hallen Großbritanniens (sowie in Berlin und Rotterdam) Station und will diese voll kriegen.
Das Wichtigste zum Darts
Das funktioniert über die bekannten Namen, die beim Darts-Publikum gerade in aller Munde sind. Und Littler ist zweifellos in aller Munde. Der Hype um den Youngster ist riesig, seine Follower-Zahlen auf Social Media sind explodiert. Littler verkauft der PDC Eintrittskarten.
Insofern ist die Entscheidung der PDC als Wirtschaftsunternehmen logisch und nachvollziehbar. Doch im Falle Littlers hätte der finanzielle Aspekt in den Hintergrund treten müssen. Diese Nominierung kommt schlicht viel zu früh!
Belastungen durch die Premier League gigantisch
Die Premier League ist nicht ein einzelnes, wenige Tage dauerndes Turnier, sondern eine anstrengende und extrem fordernde Knochenmühle über fast vier Monate.
Ab dem 1. Februar stehen die acht Teilnehmer 16 Wochen lang jeden Donnerstag auf der Bühne, immer an unterschiedlichen Orten. Jeder Premier-League-Abend besteht aus einem eigenen K.o.-Turnier mit Viertelfinals, Halbfinals und Finale.
Heißt: An einem Abend können bis zu drei Matches auf einen Spieler warten. Das ist noch einmal eine andere Belastung als im alten Format, das bis einschließlich 2021 gespielt wurde. Damals absolvierte jeder Spieler nur ein Match pro Abend.
Die Premier League ist finanziell für die Teilnehmer höchst lukrativ. Im vergangenen Jahr schüttete die PDC insgesamt eine Million Pfund aus, selbst der Tabellenachte bekam 60.000 Pfund überwiesen. Die Premier League gehört mit zum Größten, das ein Dartsprofi erleben kann. Hier spielen die Besten der Besten.
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Verliert Littler den Spaß am Darts?
Doch dafür stehen für die Spieler unglaubliche Reisestrapazen auf dem Programm. Zwischen den einzelnen Premier-League-Events warten außerdem noch die Turniere der regulären Pro Tour, die für die Weltrangliste relevant sind. Denn die Premier League hat keinerlei Einfluss auf das Ranking.
Littler wird ab Februar wohl mehr Zeit im Auto oder Flugzeug, als irgendwo anders verbringen. Für Privatleben, Freizeit und Dinge außerhalb des Darts ist da kaum noch Zeit. Dabei hat ein Teenager verständlicherweise auch andere Dinge im Kopf - selbstredend.
Bislang war Darts für ihn mit Freude und Spaß verbunden, nun wird es unnötigerweise viel zu früh zum knallharten Beruf. Dabei wäre es viel sinnvoller gewesen, ihn behutsam die Tour spielen und ihn als Spieler wachsen zu lassen, um ihn dann in zwei, drei Jahren als gestandenen und erfahreneren Spieler in die Premier League zu holen.
Premier League of Darts: PDC veröffentlicht alle acht Teilnehmer bekannt - Littler dabei
Zwar ist Littler kein Schüler mehr und legte bereits im vergangenen Jahr seine mittlere Reife ab. Er kann sich also voll und ganz auf seinen Job als Dartsprofi konzentrieren. Aber die Gefahr ist groß, dass er durch die Premier League schlicht verheizt und seine vielversprechende Laufbahn jäh zum Erliegen gebracht wird.
Mahnendes Beispiel Stephen Bunting
Littler wäre auch nicht der erste Spieler, für den die Premier League mit Blick auf die weitere Karriere eher Fluch als Segen war. Prominentestes Beispiel dürfte Stephen Bunting sein, der 2015 erstmals eingeladen wurde.
Zuvor hatte der Engländer unter anderem das Halbfinale beim World Grand Prix 2014 und das Viertelfinale bei der WM 2014/15 erreicht. "The Bullet" war auf dem besten Weg, ein konstanter Top-10-Spieler der PDC zu werden.
Doch die Premier League, bei der er bei damals noch zehn Teilnehmern Achter wurde und nur drei von 16 Spielen gewann, warf ihn zurück. Reihenweise scheiterte er anschließend bei Major-Turnieren frühzeitig, erst 2018 (!) erreichte er wieder ein Viertelfinale.
Und im Gegensatz zu Littler war Bunting damals bereits ein gestandener Profi, ein erwachsener und reifer Mann. So unbekümmert Littler bei der WM auch auftrat - hier hat die PDC ihrem vielleicht heißesten Eisen für die Zukunft einen Bärendienst erwiesen.
Sollte Littler nach der Premier League einbrechen oder im schlimmsten Fall sogar durch die extreme Belastung die Lust und den Spaß am Darts verlieren, hat sich die PDC selbst ins Knie geschossen.