"wir wussten [...], dass wir da ins offene Messer laufen"
FC Schalke 04: Ex-Profi Bastian Oczipka enthüllt brisante Details über Horror-Nacht am Arenaring
- Aktualisiert: 30.10.2024
- 14:00 Uhr
- Michal Swiderski
Der ehemalige Schalke-Profi Bastian Oczipka spricht offen über die schockierenden Ereignisse nach dem S04-Abstieg 2021. Der 35-Jährige dachte im Anschluss an die Fan-Jagd sogar an einen drastischen Schritt.
Von Michal Swiderski
Es war ein schwarzer Tag in der Geschichte des FC Schalke 04. Am 20. April 2021 besiegelte die 0:1-Pleite bei Arminia Bielefeld den Abstieg aus der 1. Bundesliga. Der eigentliche Horror für Mannschaft, Trainer und Betreuer sollte aber erst im Anschluss beginnen.
Rund dreieinhalb Jahre nach der denkwürdigen Nacht am Arenaring gibt Ex-Schalke-Profi Bastian Oczipka im "50+2"-Podcast tiefe Einblicke in die Ereignisse aus Spielerperspektive. "Du fährst dort in der Nacht mit dem Bus vor, wo kein anderer Mensch da ist, steigst aus und dann stehen in der Dunkelheit mindestens 500 erwachsene, maskierte Männer vor dir", erinnerte sich der ehemalige Linksverteidiger.
Eier! Golfbälle! Situation am Arenaring eskaliert
Oczipka habe sich davor schon mehrmals mit Fans getroffen und versucht, ihnen die "Situation zu erläutern". Diesmal konnte davon allerdings nicht die Rede sein: "Du wirst 15 bis 20 Minuten lang im Monolog angeschrien. Da gibt’s keinen Austausch, da gibt’s nur volles Brett in die Fresse rein."
"Dann flogen Eier wie aus dem Nichts. Es flogen Golfbälle. Die [Fans, Anm. d. Red.] sind auf einmal im Vollsprint auf uns zugekommen. Also vorher lagen vielleicht 15 Meter dazwischen und dann ging's voll ab", berichtete der 35-Jährige. Aus Reflex sei er, ebenso wie ungefähr die Hälfte der Gruppe, auch erst einmal weggelaufen. Letztendlich hatte er sich jedoch umentschieden: "Dann dachte ich mir 'Komm, das ist mir zu blöd. Du musst da stehenbleiben. Was ist denn hier los?'"
Das Wichtigste in Kürze
Die Polizei sei erst eingetroffen, als die Jagd vorbei war. Nachtragend ist Oczipka jedoch nicht: "Sie stand auch da vorne bei uns am Gelände, aber ja, ist auch egal. Es ist so gekommen, wie es ist." Dabei war die Gefahr einer Eskalation eigentlich bekannt: "Der Verein hat sich eine bis zwei Wochen vorher darauf vorbereitet, dass es so kommen könnte. Wir Spieler [...] wussten zu dem Zeitpunkt eigentlich schon, dass wir da ins offene Messer laufen."
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Fan-Attacke habe manche Profis "mental zerbrochen"
"Es war schon krass emotional, wie wir da standen, weil wir gar nicht wussten, wie uns passiert. Ein paar Spieler hatten ihre Autos am Arenaring stehen – komplett zertrümmert, zertreten und alles", fasste der Ex-Frankfurter die Situation nach der Flucht der Täter zusammen. Damit war die Thematik aber längst nicht abgehakt.
Einige Akteure hat der Vorfall anscheinend regelrecht traumatisiert: "Wir haben uns am nächsten Tag getroffen, hatten eine Art Aussprache. Da haben Spieler in der Besprechung geheult, die waren fix und fertig. [...] Die sind in gewisser Weise mental zerbrochen an diesem ganzen Druck und das ist schon heftig."
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Manche von ihnen seien noch auf dem Heimweg verfolgt worden und hätten "erst einmal eine Woche im Hotel gewohnt". Die restlichen Profis mit Wohnort in Gelsenkirchen und Umgebung hätten "24 Stunden Securities vor dem Haus gehabt". Oczipka betraf das nicht: "Ich habe in Düsseldorf gewohnt, bei mir war's okay."
Ex-Schalker Bastian Oczipka wollte Karriere beenden
Spurlos an ihm vorbeigegangen ist diese Nacht trotzdem nicht. "Ich war dann die nächsten Wochen zu Hause und hab gesagt 'Ich hör auf mit Fußball'. Ich war 32 zu dem Zeitpunkt und hatte einfach gar keinen Bock mehr", gestand das Leverkusen-Eigengewächs.
Zum vorzeitigen Karriereende ist es schließlich doch nicht gekommen. Stattdessen heuerte Oczipka bei Union Berlin an, nachdem er die ersten Spieltage im Fernsehen verfolgt habe. "Ey Basti, das kann es doch noch nicht gewesen sein", dachte er sich laut eigener Aussage. Die Zeit in der Hauptstadt sei genau das gewesen, was er zu dem Zeitpunkt gebraucht habe. Der ehemalige U20-Nationalspieler geriet ins Schwärmen: "In diesem Jahr hat wirklich alles gepasst."
Für die Eisernen absolvierte er 21 Partien und krönte dieses Kapitel mit der Qualifikation für die Europa League, ehe er seine Schuhe schließlich nach einer Saison für Arminia Bielefeld an den Nagel gehängt hat. Die Schalker Horror-Nacht bezeichnet er immer noch als "eine der beschissensten" Erfahrungen seines Profilebens.