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HSV: Aus für Tim Walter war überfällig, jetzt muss Steffen Baumgart kommen - ein Kommentar
- Aktualisiert: 12.02.2024
- 22:13 Uhr
- Tobias Wiltschek
Der HSV trennt sich spät, aber nicht zu spät von Tim Walter. Die lang ersehnte Bundesliga-Rückkehr kann aber nur mit dem richtigen Trainer gelingen.
Das Wagnis Walter ist endlich vorbei!
Viel zu lange hat der Hamburger SV an Tim Walter festgehalten. Ja, es ehrt den Traditionsklub, auf Kontinuität gesetzt und dem Cheftrainer auch in schweren Zeiten das Vertrauen ausgesprochen zu haben. Einerseits.
Andererseits aber waren Walter und seine Ideen in Hamburg schon längst verbraucht, längst ist er zum Gesicht des Scheiterns geworden. Dabei hatte er es nur zweimal probieren dürfen, den Verein mit der glorreichen Vergangenheit wieder zurück in die Bundesliga zu führen. Dahin also, wo er nicht nur nach Ansicht der vielen HSV-Fans hingehört.
Dass er es aber nicht schaffen würde, war spätestens nach dem an Tragik nicht zu überbietenden letzten Spieltag der vergangenen Saison klar.
Als der HSV in Sandhausen mit 1:0 gewonnen hatte und tausende Fans auf dem Rasen bereits den Aufstieg feierten, trafen die Heidenheimer in Regensburg noch zweimal in der Nachspielzeit. Ein Doppelstich mitten ins Herz der Hamburger Schicksalsgemeinschaft. Das folgende Relegationsduell mit dem VfB Stuttgart hatten sie bereits verloren, bevor das Hinspiel angepfiffen wurde.
Das Wichtigste zur 2. Bundesliga in Kürze
Dieses Pech kann man Walter sicherlich nicht zum Vorwurf machen. Aber man hätte von den Bossen um Sportvorstand Jonas Boldt erwarten dürfen, dass er nach diesem traumatischen Erlebnis das Projekt Walter beendet. Und wenn dieser Schritt nur zum Ziel gehabt hätte, der Mannschaft und dem Umfeld das Signal des Neuaufbaus zu vermitteln. Rein schon aus psychologischen Gründen war es unvorstellbar geworden, mit Walter einen Aufstieg zu feiern.
Dabei soll hier freilich nicht der Eindruck entstehen, der Trainerwechsel sei nur aufgrund des mentalen Aspekts unvermeidlich gewesen. Walter hat sich schon lange angreifbar gemacht; sei es mit seiner aufbrausenden Art, die selbst beim wohlgesonnenen Publikum irgendwann nicht mehr gut ankam, oder mit seiner Taktik und Einstellung, die die Defensive sträflich vernachlässigten.
Mit 31 Gegentoren kassierte der HSV mehr Treffer als die abstiegsbedrohten Teams aus Magdeburg und Wehen. Nicht erst die beiden letzten Heimspiele gegen den KSC und Hannover 96 mit jeweils vier Gegentoren zeigten, dass die Mannschaft am Boden liegt und dringend mehr Selbstvertrauen braucht.
Für den HSV ist es ein Muss, Baumgart zu holen
Deshalb ist es jetzt ein absolutes Muss, Steffen Baumgart als neuen Trainer zu verpflichten. Von den sich derzeit auf dem Markt befindlichen Übungsleitern ist er aus unterschiedlichsten Gründen der Trainer, dem am ehesten ein sofortiger Ruck in die richtige Richtung zugetraut werden kann.
Beim 1. FC Köln hat er jahrelang bewiesen, dass er einer Mannschaft nicht nur Struktur vermitteln, sondern ihr auch den Glauben an die eigene Stärke zurückbringen kann. Er hat die Kölner übernommen, nachdem sie gerade noch so dem Abstieg entkommen sind, und sie anschließend bis in den Europapokal geführt.
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HSV sucht Walter-Nachfolger: Steffen Baumgart kontaktiert?
Dabei ist er sich seinem System des laufintensiven Pressingfußballs immer treu geblieben und hat gleichzeitig die Abwehr stabilisieren können. Genau das braucht der HSV jetzt auch.
Er braucht aber auch einen Trainer, der Mannschaft, Fans und Umfeld des Vereins sofort hinter sich vereint, der die ständigen Querelen innerhalb eines hoch emotionalen Traditionsklubs ausblenden und seinen Fokus auf die Spieler übertragen kann. Auch in diesem Bereich gibt es derzeit keinen besseren Trainer als den gebürtigen Rostocker.
Baumgart bietet sich für neue Vereine an
Dazu kommt, dass sich Baumgart nach seiner Trennung vom FC kurz vor Weihnachten erstaunlich schnell wieder für neue Angebote offen zeigte. Ende Januar, so hatte der ehemalige Bundesliga-Stümer noch vor dem Jahreswechsel angekündigt, wäre er bereit für einen neuen Job.
Dass dieses Angebot auch für den HSV gilt, ist ein "No-Brainer". Schließlich hat er schon häufiger seine Sympathien für die Rothosen durchblicken lassen. Und als Norddeutscher sollte er ohnehin schnell warm werden in Hamburg.
Genau das brauchen sie beim HSV. Jemanden, der die Mannschaft schnell von seinem Weg überzeugen kann. Denn es ist nicht mehr viel Zeit, um im mittlerweile sechsten Anlauf endlich die lang ersehnte Rückkehr perfekt zu machen.
Als Tabellendritter mit nur zwei Punkten Rückstand auf einen direkten Aufstiegsplatz ist noch alles möglich für die Hamburger.
Und selbst wenn es am Ende nur zu Platz drei reicht, wäre der HSV in einem Relegationsduell diesmal längst nicht so chancenlos wie noch am Ende der vergangenen Saison. Zumal es womöglich gegen seinen Ex-Klub aus Köln gehen könnte, der in diesen Spielen noch mehr zu verlieren hätte als der HSV.
Der psychologische Vorteil? Er könnte auch dank Baumgart diesmal beim HSV liegen.