Anzeige
ran Multimedia-Story

Die Rückkehr des FC Hollywood - eine Chronik

  • Aktualisiert: 13.10.2023
  • 12:16 Uhr
  • Stefan Kumberger
Article Image Media
© Imago/Felix Teubler

In der neuen Saison versucht der FC Bayern München die Schrecken der vergangenen Spielzeit abzuschütteln. Angesichts des klubinternen Chaos eine Herkulesaufgabe. ran blickt detailliert zurück auf ein Achterbahn-Jahr mit nicht mehr erhofften Happy End.

von Stefan Kumberger

Anzeige
Anzeige

Erste Zweifel

Die Aufsichtsratssitzung des FC Bayern am 9. Mai 2022 verläuft vergleichsweise ruhig, von Euphorie oder Aufbruchsstimmung ist allerdings nichts zu spüren.

Die durchwachsene Rückrunde, das blamable Aus im DFB-Pokal gegen Borussia Mönchengladbach und das überraschende Scheitern im Champions-League-Viertelfinale gegen Villarreal - die Münchner können nicht zufrieden sein.

Hasan Salihamidzic wird deutlich mitgeteilt, dass er in den kommenden Wochen besonders gefordert ist. Als Chef-Kaderplaner muss er den Transfer-Sommer erfolgreich gestalten. Auch um ihm einen Schub zu verleihen, wird ihm gleichzeitig eine Verlängerung seines Vertrags in Aussicht gestellt, die dann im Sommer tatsächlich vollzogen wird. "Brazzo" bekommt einen Kontrakt bis 2026.

Zuckerbrot und Peitsche sind das Handwerkszeug, mit denen Aufsichtsratschef Herbert Hainer und Bayern-Patriach Uli Hoeneß operieren.

Dieser nimmt sich auch Oliver Kahn zur Brust. Der CEO ist für Hoeneß' Geschmack zu leise, zu zurückhaltend, zu wenig Titan. Bereits öffentlich ließ er Kahn wissen, dass er sich mehr Engagement beim DFB und in der DFL wünsche. Jetzt folgt das direkte Gespräch. Hoeneß bangt bereits jetzt um sein Vermächtnis.

Kahn reagiert mit einer kleinen Medienoffensive. Während der USA-Reise steht er oftmals im Rampenlicht, weicht keinem Mikrofon aus und lässt sich sogar hautnah von einem "Spiegel"-Reporter begleiten.

Kahn ernährt sich tagsüber vor allem von Espresso und zuckerfreier Cola. Er weiß, dass er wach sein muss.

Die interne Kritik trifft ihn, er hält sich weiterhin für den Besten für den Job als Vorstandschef. Er will sich von Hoeneß emanzipieren, scheut aber bislang den "Vatermord". Kahn will den Klub auf seine Art regieren, die alten Kräfte sollen im Hintergrund bleiben.

Anzeige
Anzeige

Das erste Theater

Die Sommerpausen-Ruhe wird von einem Paukenschlag durchbrochen. Trainer Julian Nagelsmann wird während seines Urlaubs auf Ibiza von einem Paparazzo "abgeschossen". Er verbringt seine Zeit auf einer Yacht vor der spanischen Insel. Soweit normal, doch seine Begleitung ist pikant. Mit an Bord ist Lena Wurzenberger. Sie ist Reporterin bei "Bild" und dort im für den FC Bayern zuständigen Team beschäftigt.

Erst jetzt, als die Fotos in die Öffentlichkeit gelangt sind, unterrichtet Nagelsmann die Bayern-Bosse von seiner Liaison. Auch Wurzenberger legt ihrem Arbeitgeber gegenüber die Karten auf den Tisch. Mit dem FC Bayern hat sie fortan beruflich nichts mehr zu tun. Stattdessen wird Wurzenberger Polizei-Reporterin.

Trotzdem greift im Verein Misstrauen um sich. Viele Spieler befürchten, Interna könnten bald in den Medien landen. Zugespitzt gesagt könnte Nagelsmann mit seiner Freundin am Frühstückstisch Politik machen und seine Sicht der Dinge auf kurzem Wege in "Bild" platzieren.

Uli Hoeneß wird von der Entwicklung vollkommen überrascht. In die privaten Angelegenheiten des Trainers kann und will er aber nicht eingreifen.

"Das ist ein sehr persönliches Thema und Privatsache, das gilt es zu respektieren. Aber es ist nachvollziehbar, dass so eine Konstellation für einen Verein alles andere als optimal ist", sagt er später dazu.

Externer Inhalt

Dieser Inhalt stammt von externen Anbietern wie Facebook, Instagram oder Youtube. Aktiviere bitte Personalisierte Anzeigen und Inhalte sowie Anbieter außerhalb des CMP Standards, um diese Inhalte anzuzeigen.

Transfer-Coup

Aufatmen beim FC Bayern: Der Weltstar ist da! Bei der Vorstellung von Sadio Mane Ende Juni überschlagen sich die Bosse mit verbalen Superlativen. Fast kann man den Eindruck gewinnen, das Wort "Weltstar" sei ein zweiter Vorname des Senegalesen, der für 32 Millionen Euro Ablöse vom FC Liverpool an die Isar wechselt.

Oliver Kahn betont auch, der Transfer strahle "nach innen ab". Gerade der abwanderungswillige Robert Lewandowski soll von der Qualität des FC Bayern neu überzeugt werden. Die Botschaft: Wenn ein Mane nach München wechselt, kann der FCB gar keine so schlechte Adresse sein.

Weitere Top-Transfers? Salihamidzic: "Haben Ideen"

Julian Nagelsmann verfolgt die Pressekonferenz derweil aus einer der ersten Reihen. Ihm ist die Freude über Mane ins Gesicht geschrieben.

Danach spricht Nagelsmann mit den anwesenden Journalisten sehr offen über alles, was ihm gegen den Strich geht. Als er fertig ist, werden die Aussagen als vertraulich deklariert. In der Welt sind sie dennoch.

Der Trainer ist unzufrieden mit seinem sonstigen Personal. Serge Gnabry, der um eine Vertragsverlängerung feilscht, sieht er auch charakterlich kritisch. Leroy Sane hält er teilweise für zu weich. Lewandowki nervt ihn nur noch.

Er will gestandene Spieler vom Format eines Sadio Mane, denn die schwache Rückrunde der vergangenen Saison wird auch ihm angelastet. Der Druck steigt.

Anzeige

Lena-Faktor

Der FC Bayern schwächelt erstmals in der noch jungen Saison. Die drei Siege in den ersten drei Bundesliga-Spielen verpuffen schnell. Ausgerechnet in jener Phase, in der der Bayern-Express üblicherweise rollen muss, leistet sich die Mannschaft drei Unentschieden in Serie.

Es folgt der Tiefpunkt bei der 0:1-Niederlage beim FC Augsburg. Nagelsmann sagt, er müsse "über alles nachdenken", Salihamidzic verkündet, es gebe nun "keine Ausreden mehr".

Der Oktoberfest-Besuch am darauffolgenden Tag wird zum Trauerspiel. Einige Profis verlassen das Käfer-Zelt frühzeitig und ein Bild sorgt für erneuten Wirbel: Während Kahn, Salihamidzic und Nagelsmann auf einem gemeinsamen Foto keine Miene verziehen, lässt sich Lena Wurzenberger auf jenem Bild breit grinsend ablichten – völlig unpassend zur sportlichen Situation und neues Futter für all jene, die ihre Beziehung zu Nagelsmann kritisch sehen.

Vor allem Uli Hoeneß setzt in der Causa mittlerweile alle Hebel in Bewegung. Er will Wurzenberger einen neuen Job vermitteln, ruft dafür sogar namhafte Journalisten an. Sein Ziel: Die Freundin des Trainers soll "Bild" unbedingt verlassen.

Während sich die Aufregung innerhalb der Mannschaft gelegt hat, zweifelt der Patriarch weiter an der Integrität der Journalistin. Doch mittlerweile ist der "Lena-Faktor" auch ein Problem für "Bild".

Wurzenberger wird sogar verdächtigt, so manche Berichterstattung vorab an Nagelsmann durchzustechen. Zudem entsteht der Eindruck, sie konzentriere sich zu viel auf ihr Privatleben an der Seite des Bayern-Trainers.

Anzeige

Trotz Krise: Bayern feiern auf der Wiesn

Anzeige

Zwischenspurt

Acht Spiele, sieben Siege – dazu eine weiße Weste in der Champions League. Nagelsmann scheint die Mannschaft in den Griff bekommen zu haben – auch wenn er selbst sagt, nicht viel geändert zu haben.

Wobei er eben doch eine entscheidende Umstellung macht: In Eric  Maxim Choupo Moting setzt er wieder auf eine "echte 9".

Und das Hoch der Bayern ist auch ein Resultat der Stärke des Deutsch-Kameruners. Dem Nationalspieler gelingen im Oktober und November elf Pflichtspieltore.

Unter diesem Eindruck steigen die Klub-Bosse in ernsthafte Verhandlungen mit dem Mittelstürmer ein und verlängern ein paar Monate später seinen Vertrag – zu deutlich verbesserten Konditionen. Choupo-Motings Gehalt wird verdoppelt, obwohl er als verletzungsanfällig gilt und qualitativ nicht auf einer Stufe mit dem zum FC Barcelona abgewanderten Robert Lewandowski.

Anzeige

Choupo exklusiv: Leistungsexplosion "erstaunt mich nicht"

Anzeige

Katar-Krach

Doch auch der siegreiche Sprint durch alle drei Wettbewerbe wird vom Streit auf einem Nebenschauplatz überschattet.

Auf der Jahreshauptversammlung des FC Bayern Mitte Oktober bleibt der befürchtete erneute Eklat vorerst aus. Die Klub-Strategen sorgen für einen größtenteils versöhnlichen Ton.

Die Zwischenrufe und Streitigkeiten rund um das Reizthema Katar-Sponsoring bleiben im Rahmen. Von einem Chaos wie 2021 ist die Veranstaltung weit entfernt.

Doch dann folgt Hoeneß' Auftritt abseits der Bühne. Als der Patriarch den Audi Dome verlässt, erblickt er einen der kritischsten Fans im Saal: Michael Ott. Hoeneß winkt ihn zu sich, schwingt seinen erhobenen Finger durch die Luft und lässt den Bayern-Fan in Hörweite zahlreicher Journalisten wissen: "Ihr Auftritt war peinlich. Das ist der Fußballklub Bayern München und nicht die Generalversammlung von Amnesty International!"

Externer Inhalt

Dieser Inhalt stammt von externen Anbietern wie Facebook, Instagram oder Youtube. Aktiviere bitte Personalisierte Anzeigen und Inhalte sowie Anbieter außerhalb des CMP Standards, um diese Inhalte anzuzeigen.
Anzeige

Hoeneß versenkt die sorgsam geplante JHV mit seiner Schimpftirade komplett. Auf der anschließenden Pressekonferenz mit Herbert Hainer ist Katar das ausschließliche Thema. Der Klub-Präsident stöhnt: "Manchmal wäre es mir auch lieb, wenn mal ein Tag ohne Katar vergehen würde..."

Anzeige

Ott-Rede führte zu "Peinlich"-Aussage von Hoeneß

Bruch

Immerhin sportlich läuft es aber, der FC Bayern geht als souveräner Tabellenführer in die WM-Pause. In Katar allerdings läuft es für fast alle FCB-Profis schlecht. Deutschland scheidet mit sieben Bayern blamabel bereits in der Vorrunde aus, andere Spieler wie Sadio Mane und Lucas Hernandez verletzten sich schwer oder sind nur frustrierte Bankdrücker wie Matthijs de Ligt und Benjamin Pavard.

Kurz nach der frühzeitigen Rückkehr begibt sich Manuel Neuer auf eine Skitour am Spitzingsee, um den Kopf frei zu bekommen. Doch bei einem Unfall auf der schneearmen Strecke bricht sich der Bayern-Keeper den Unterschenkel und muss nach einer dramatischen Rettungsaktion operiert werden.

Die Folge: Die Saison ist für den Kapitän gelaufen, eine Rückkehr frühestens zur neuen Saison zu erwarten.

Der damals 36-Jährige, seit Jahren mit gewissen Sonderrechten im Verein ausgestattet, musste den Ausflug nicht anmelden, bekommt intern aber kritische Worte zu hören. Die Aktion führt zudem zu einem weiteren Bruch in seinem Verhältnis mit Julian Nagelsmann, der zumindest öffentlich noch zu seiner Nummer 1 steht.

Anzeige

Nagelsmann stellt klar: Wenn Neuer fit ist, ist er die Nummer eins

Seit geraumer Zeit beobachtet Neuer jedoch, wie eng der Trainer mit Joshua Kimmich zusammenarbeitet. Nagelsmann besuchte seinen Vertrauten sogar im Weihnachtsurlaub 2021 bei ihm zuhause.

Angeblich soll der Mittelfeldspieler zeitnah das Kapitänsamt komplett übernehmen. Neuer fürchtet nicht ohne Grund seine Ausbootung, denn sein Torwarttrainer Toni Tapalovic verliert seit Monaten ebenfalls an Vertrauen.

Hansi Flick hatte in seiner Zeit als Bayern-Trainer Tapalovic noch offiziell in den Status eines Co-Trainers erhoben – das macht Nagelsmann in Absprache mit Hasan Salihamidzic wieder rückgängig. Tapalovic' Einfluss ist dem 35-Jährigen nicht ganz geheuer.

Trauzeuge, bester Freund, Torwarttrainer – der Deutsch-Kroate steht einem gesunden Generationswechsel im Tor der Bayern genauso im Weg wie Manuel Neuer selbst. Der ganz große Krach ist programmiert.

Katar-Kater

Nur wenige Wochen nach dem Vorrunden-Aus bei der WM müssen die Bayern-Stars wieder nach Katar. Es steht das alljährliche Wintertrainingslager in Doha an. Die Spieler wirken mental ausgebrannt, auch diesmal will keine Aufbruchstimmung aufkommen.

Erstmals in dieser Saison steht auch Thomas Müller in der Diskussion. Dem Routinier droht mittelfristig ein Platz auf der Bank, Jamal Musiala gilt als der kommende Mann im offensiven Mittelfeld.

Die größten Diskussionen kommen aber wegen Manuel Neuer auf. Yann Sommer, Keeper von Borussia Mönchengladbach, soll ihn ersetzen – obwohl der über viele Jahre loyale Sven Ulreich bereitsteht. Nagelsmann will aber unbedingt eine neue Nummer 1 an die Isar holen und macht das auch öffentlich deutlich.

Die Profis arbeiten sich derweil an den Trainingsinhalten in Katar ab. Der Vorwurf an Nagelsmann und sein Trainerteam: Zu viel, zu lang, zu intensiv. Viele Spieler kommen vollkommen matt zurück nach München. Das letzte Testspiel vor dem Restart der Bundesliga geht entsprechend in die Hose: Mühsam quält man sich am FC Bayern Campus zu einem 4:4 gegen RB Salzburg, bei dem man zwischenzeitlich 1:4 zurücklag.

Anzeige

HIGHLIGHTS: Ibrahimovic trifft - FCB spektakulär gegen Salzburg

Nagelsmann erklärt die Beinahe-Blamage mit dem harten Trainingslager – fast so, als hätte er darauf keinen Einfluss gehabt. Gleichzeitig wird die Torwart-Frage endgültig zum Nerv-Thema.

Der Bayern-Trainer fürchtet einen weiteren verletzungsbedingten Ausfall bei den Keepern. "Was machen wir dann? Dann muss ein ganz junger Torwart, der heute sein erstes Spiel gemacht hat, in der Champions League und in der Bundesliga spielen. Dann sagt jeder: 'Ja seid ihn noch ganz dicht? Warum holt ihr keinen Torwart?'", blafft Nagelsmann den ran-Reporter an.

T-Frage: Nagelsmann fürchtet Horror-Szenario

Bankdrücker

Der Restart in der Bundesliga beginnt für die Bayern durchwachsen, aber immerhin mit dem rechtzeitig für acht Millionen Euro aus Gladbach verpflichteten Yann Sommer im Tor. Der Rekordmeister kommt in Leipzig nicht über ein 1:1-Unentschieden hinaus – wieder muss das harte Trainingslager als Erklärung herhalten.

Nach der schwachen Leistung drücken sich die allermeisten Spieler vor den Interviews. Ausgerechnet einer, der nur sieben Minuten spielen durfte, äußert sich ausgiebig: Thomas Müller.

Er zeigt sich guter Laune - trotz Reservistenrolle. Müller scheint weit davon entfernt zu sein, sich öffentlich über seinen Platz auf der Bank zu beschweren. Auch bestätigt er die Aussagen von Julian Nagelsmann, wonach sich die beiden positiv Fußball-Verrückten durchgehend be- und absprechen.

Insgesamt stehe ich mit dem Trainer in gutem Kontakt und gutem Austausch

Thomas Müller zu ran, am 20. Januar 2023

Es scheint so, als bereite Müller eine mögliche Argumentation für die kommenden Wochen vor, in denen er öfter auf der Ersatzbank landen könnte. Motto: Auch neben dem Platz habe ich Einfluss.

"Gucci-Gnabry"

Seine schwache Leistung im Spiel bei RB Leipzig hält Serge Gnabry nicht davon ab, einen Kurz-Trip nach Paris zu unternehmen: Fashion Week statt Trainingsplatz – inklusive zahlreicher Fotos in gewagten Outfits bei Instagram und magerer Performance im anschließenden Spiel gegen Köln.

Externer Inhalt

Dieser Inhalt stammt von externen Anbietern wie Facebook, Instagram oder Youtube. Aktiviere bitte Personalisierte Anzeigen und Inhalte sowie Anbieter außerhalb des CMP Standards, um diese Inhalte anzuzeigen.

"Gucci-Gnabry" lautet jetzt sein Spitzname in den Medien. Fans sind irritiert, die Bosse stocksauer. Uli Hoeneß – ohnehin nicht gerade als Freund der neusten Mode bekannt – schäumt vor Wut, während sich Nagelsmann und Salihamidzic ihren Spieler öffentlich vorknöpfen.

Letzterer bezeichnet Gnabrys Verhalten sogar als "amateurhaft" und macht das Thema damit in der Öffentlichkeit noch ein Stück größer als es dem Verein lieb sein kann.

Zudem rumort es in der Kabine. Warum wird ein Spieler an den Pranger gestellt, obwohl Kurz-Urlaube nicht explizit verboten sind? Salihamidzic gilt bei den Spielern fortan als jemand, der von seinen eigenen Fehlern ablenken will.

Mentalitätsfrage? Darüber spricht Nagelsmann mit seinem Psychologen

Gnabry ist nicht der einzige Profi, der durch mangelnde Disziplin auffällt: Leroy Sane verspätet sich mehrmals bei Trainings und Abfahrten zum Flughafen. Einmal muss er dem restlichen Team sogar mit dem Privatauto hinterherjagen.

Als Folge führt der Klub nach langer Zeit wieder einen Strafenkatalog ein. Doch der entsteht nicht innerhalb des Teams oder im Mannschaftsrat – auch Nagelsmann hält sich zurück. Stattdessen sind Teammanagerin Kathleen Krüger und Psychologe Max Pelka federführend.

Torwart-Theater

Wieder rollt eine mediale Lawine durch die Säbener Straße – ausgelöst von Alexander Nübel. Im "ZDF" erzählt der an die AS Monaco ausgeliehene Keeper, dass sich Torwarttrainer Toni Tapalovic nicht um ihn bemühe. "Kontakt war nicht viel vorhanden", sagt Nübel.

Für Nagelsmann und Salihamidzic ist es ein weiteres Indiz: Tapalovic macht, was er will. Und er will vor allem Manuel Neuer im Tor sehen.

Salihamidzic ist ein weiteres Mal blamiert. War er es doch, der Nübel an die Isar holte und ihn intern zum nächsten großen Bayern-Torhüter erklärte.

Jetzt bekommt er öffentlich mitgeteilt, dass Tapalovic offenbar gar keinen Generationswechsel im Tor plant oder auch nur in Erwägung zieht. Dabei könnte er Neuer noch am besten eine goldene Brücke in Richtung Altersteilzeit bahnen.

Salihamidzic und Nagelsmann reagieren, Tapalovic muss gehen. Für Neuer, aber auch Sven Ulreich kommt die Nachricht aus heiterem Himmel.

Und Neuer lässt den Vorgang nicht unkommentiert. Fast theatralisch sagt er ohne Absprache mit dem Verein der "SZ": "Ich hatte das Gefühl: Mir wird mein Herz rausgerissen. Mich hat das richtig umgehauen."

Die Fronten sind verhärtet. Selbst ein Abschied des Kapitäns scheint möglich. Und Hoeneß erfährt von der Personalie auch nur zufällig…

Die Rückkehr des Königs

Die Bayern gewinnen das Champions-League-Hinspiel in Paris mit 1:0 und verorten sich damit wieder in der europäischen Spitze. Und erstmals seit langer Zeit reist auch Uli Hoeneß wieder mit zu einem Auswärtsspiel in der Königsklasse.

Dass das traditionelle Bankett vom Verein zu einem "get together" umgewidmet wird, kommt nur bei den Spielern gut an. Statt bis weit nach Mitternacht zu Tisch sitzen zu müssen, reicht nun ein kurzer Auftritt auf der Bühne. Dann dürfen sie auf ihre Hotelzimmer verschwinden.

Im Mittelpunkt stehen ohnehin andere. Dass Oliver Kahn keine Rede hält, sondern sich von Stadionsprecher Stephan Lehmann interviewen lässt, ist weiteres Wasser auf den Mühlen derer, die sich den "alten" FC Bayern unter Karl-Heinz Rummenigge und Uli Hoeneß zurückwünschen.

Letzterer genießt sichtlich den erfolgreichen Abend und die Aufmerksamkeit, die ihm im geschenkt wird. Neugierige Journalisten verspottet Hoeneß mit einem amüsierten "Jetzt kommen Sie auch noch", namhafte Fans bittet er dagegen publikumswirksam zum Einzelgespräch auf einer weißen Couch.

Als er zu später Stunde den Saal verlässt, fragt ihn ein ran-Reporter im Vorbeigehen, ob er denn mal wieder in die Mixed Zone der Allianz Arena komme und Interviews gebe. Hoeneß schmunzelt: "Das hätten Sie wohl gerne, aber das wollen andere im Verein ja nicht".

Wen er meint, ist offensichtlich: Kahn.

Der Maulwurf

Mitte März tauchen Standbilder aus einem von Nagelsmanns Analyse-Videos in der "Sport-Bild" auf. Der Trainer ist sauer, versucht bei einer Pressekonferenz aber, die Ruhe zu bewahren.

"Maulwürfe stehen ja unter Artenschutz. Wenn man durchs bayerische Land fährt, sieht man jedes Mal 80 000 Maulwurfshügel – und die darf man nicht beseitigen. Die Suche nach dem Maulwurf ist deshalb sehr kompliziert", scherzt der Trainer und erweckt kurz darauf doch den Eindruck, dass er einen seiner Spieler der Indiskretion verdächtigt.

Weniger Tage später versucht er, das Thema wieder einzufangen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Spieler für die "Leaks" verantwortlich sei, gehe "gegen Null", so Nagelsmann.

Misstrauen macht sich an der Säbener Straße breit. Manche Spieler verdächtigen sogar Hasan Salihamidzic, der Maulwurf zu sein. Jedenfalls wundern sich einige, dass ausgerechnet Interna aus ihren Gesprächen mit dem Sportvorstand regelmäßig in der Presse landen.

Beweise bleiben aus, doch jeder weiß, wie gut Salihamidzic mittlerweile vernetzt ist. Auch aus Selbstschutz.

Maulwurf im FCB-Lager: Nagelsmann "denkt viel drüber nach"

Krisen-Modus

Hoeneß bricht sein Schweigegelübde. Er scheint zu spüren, dass er gebraucht wird. Nagelsmann braucht ihn. Das teure Trainertalent, dem er schon 2017 den Job beim FC Bayern zugetraut hatte, gerät immer mehr in die Kritik.

Daher verteidigt er den Chefcoach bei einer Veranstaltung vehement und negiert jegliche Trainerdiskussion. Das Thema werde bald erledigt sein, meint Hoeneß.

"Wenn alles so kommt, wie ich das glaube, werden wir in sechs bis acht Wochen das Thema Nagelsmann nicht mehr diskutieren"

Uli Hoeneß, in einer Talkrunde der "Abendzeitung"

Er sollte Recht behalten – aber nicht so, wie er dachte…

Die Bayern spielen schlechten Fußball, der BVB brilliert dagegen. Beim Auswärtsspiel in Leverkusen am 19. März ist der Rekordmeister dermaßen von der Rolle, dass CEO Kahn bereits in der Halbzeit in die Kabine kommt – für einige Spieler das untrügliche Zeichen, dass Nagelsmann auf der Kippe steht.

Das Spiel geht trotzdem 1:2 verloren, der FCB muss die Tabellenführung abgeben. Der Verein steckt nun auch sportlich in der Krise. Salihamidzic und Kahn planen den personellen Befreiungsschlag.

Ein Fehler zu viel

Nagelsmann braucht Abstand. Zwar findet er seit Monaten vor allem bei seinen Pferden Entspannung, doch diesmal muss er weg.

Den bereits länger geplanten Skiurlaub im Zillertal will der junge Trainer trotz der sportlichen Misere nicht absagen. Warum auch? Der Großteil der Spieler ist ohnehin mit der Nationalmannschaft unterwegs.

Doch die Geschäftsstelle des FC Bayern ist deswegen nicht leer. Kahn und Salihamidzic sind da und analysieren das Spiel in Leverkusen. Dass Nagelsmann lieber mit Freundin Lena durch den Schnee zischt, gefällt beiden nicht – für ihr Urteil ausschlaggebend ist der Trip jedoch nicht.

Später wird es ausgerechnet Hoeneß anders darstellen und den Skiurlaub indirekt als einen Entlassungsgrund nennen – eine Erzählung, die selbst intern mit Kopfschütteln aufgenommen wird.

Salihamidzic hat bereits einen neuen Trainer an der Angel: Thomas Tuchel.

Am Dienstagmittag ruft er seinen Wunschkandidaten an. "Was willst du?", sagt Tuchel. "Wenn du nicht willst, leg wieder auf", antwortet Brazzo.

Salihamidzic über Gespräche mit Tuchel: "Wenn du keinen Bock hast, dann leg auf"

Doch Tuchel will - die Einigung ist nur Formsache. Der vor einigen Monaten bei Chelsea entlassene Coach traut sich den Rekordmeister schon lange zu. Für Salihamidzic und Kahn geht es zudem darum, Profil zu gewinnen. Die Entlassung von Nagelsmann soll für beide auch die Gelegenheit sein, sich endlich von Hoeneß zu emanzipieren.

Am Mittwoch steht Salihamidzic vor der Tür des Patriarchen. Er fragt nicht um Erlaubnis, sondern teilt die Entscheidung gegen Nagelsmann und für Tuchel seinem Ziehvater lediglich mit.

Hoeneß irritiert der Ablauf. Dass er in solch wichtigen Fragen so lange außenvor bleibt, gefällt ihm gar nicht und dass man zehn Tage vor dem Topspiel gegen den BVB den Trainer austauschen will, auch nicht.

Doch er gibt nach – auch weil das Chaos in Grenzen gehalten werden muss und Salihamidzic mit seinen Verhandlungen mit Tuchel schon zu weit fortgeschritten ist. In Windeseile stimmen Hoeneß und Hainer dem Deal zu – stellvertretend für den gesamten Aufsichtsrat. Nagelsmann muss gehen, erfahren soll er es erst später.

Nagelsmann und Alsonso äußern sich zum Schiri-Chaos

Mehrere Wahrheiten

"Transfer-Insider" Fabrizio Romano besitzt mehrere Handys. Eines nutzt er am Donnerstag, dem 23. März um 21:11 Uhr dafür, um folgenden Tweet abzusetzen: "EXKLUSIVE: FC Bayern are seriously considering to sack Julian Nagelsmann. […] Understand Thoms Tuchel leading candidate to potentially take FC Bayern job."

Nicht einmal eine Stunde später vermeldet "Bild" die Entlassung als fix.

Externer Inhalt

Dieser Inhalt stammt von externen Anbietern wie Facebook, Instagram oder Youtube. Aktiviere bitte Personalisierte Anzeigen und Inhalte sowie Anbieter außerhalb des CMP Standards, um diese Inhalte anzuzeigen.

In der Zwischenzeit wird Nagelsmann von der Entwicklung völlig überrollt. Mehreren Journalisten teilt er am Telefon mit, dass er immer noch im Zillertal sei und von nichts wisse.

Fakt ist: Nagelsmann erfuhr von seiner Entlassung aus den Medien. Stil geht anders.

In der Folge kursieren mehrere Wahrheiten. Salihamidzic beteuert, dass "eine dritte Person" die Information durchgesteckt habe, Nagelsmann und seine Vertrauten vermuten den Sportvorstand selbst hinter der Aktion.

Auch Star-Berater Pini Zahavi, der ein gutes Verhältnis zu Thomas Tuchel pflegt, wird verdächtigt.

Zu viele Fragen bleiben offen. Fast alle Beteiligten gehen beschädigt aus dem Chaos hervor.

Nagelsmann-Entlassung spontan? Kahn widerspricht: "Wohl überlegt!"

Das Glaubwürdigkeitsproblem

Für Salihamidzic und Kahn kommt es noch dicker: Ausgerechnet Führungsspieler wie Joshua Kimmich und Leon Goretzka machen die Erzählung der Bayern-Bosse zunichte, wonach Nagelsmann die Bayern-Kabine verloren habe.

Beide Profis widersprechen dieser Darstellung und äußern relativ deutlich ihr Bedauern über die Entlassung. "Am Ende des Tages ist so das Geschäft, wenig Liebe, wenig Herz", so Kimmich.

Kimmich über Nagelsmann: "Wenig Platz für Liebe und Herz"

Auch deswegen schwenken die Führungskräfte um. Man befürchte, die Saisonziele mit Nagelsmann nicht erreichen zu können, lautet jetzt die bayerische Lesart.

In der Öffentlichkeit verfestigt sich jedoch der Eindruck, dass Kahn und Salihamidzic schlicht die Nerven verloren haben. Zudem hatte man die Befürchtung, der vereinslose Tuchel könne bis zum Sommer bei einem anderen Topklub anheuern.

Jetzt sind es plötzlich CEO und Sportvorstand, die in der Kritik stehen.

Familienstreit

Vor allem Rekordnationalspieler und Bayern-Legende Lothar Matthäus wird zum Chef-Kritiker seiner beiden Ex-Kollegen. Kahn und Salihamidzic hätten durch ihren Umgang mit Nagelsmann das berühmte "Mia san Mia" mit Füßen getreten.

Für Kahn zu viel. Im "Sky"-Interview vor dem Spiel der Bayern gegen Dortmund blafft er den anwesenden Matthäus an: "Ihr, die hier immer steht und hier andauernd sagt: Der Verein hätte keinen Stil und wo ist das 'Mia san Mia' geblieben. Da würde ich mal dich, Lothar, fragen: Was meinst du mit 'Mia san Mia'? Du setzt das hier einfach irgendwo in die Landschaft, und dann kann sich jeder aussuchen, was das zu bedeuten hat."

Lothar Matthäus und der FC Bayern München: Eine Hassliebe in vielen Akten

1 / 13

                <strong>Lothar Matthäus und der FC Bayern: Eine Hassliebe</strong><br>
                Lothar Matthäus war einer der erfolgreichsten Spieler, die je das Trikot des FC Bayern München getragen haben. Doch zwischen dem Rekordnationalspieler und dem Rekordmeister scheint sich eine Hassliebe entwickelt zu haben. So geht der "Sky"-Experte immer wieder offen auf Konfrontationskurs mit den Bayern - und auch der Münchner Klub ist sich für keine Attacke zu Schade. ran blickt zurück.
© Imago

Lothar Matthäus und der FC Bayern: Eine Hassliebe
Lothar Matthäus war einer der erfolgreichsten Spieler, die je das Trikot des FC Bayern München getragen haben. Doch zwischen dem Rekordnationalspieler und dem Rekordmeister scheint sich eine Hassliebe entwickelt zu haben. So geht der "Sky"-Experte immer wieder offen auf Konfrontationskurs mit den Bayern - und auch der Münchner Klub ist sich für keine Attacke zu Schade. ran blickt zurück.


                <strong>"Unsinn!" - Matthäus widerspricht Hoeneß-Aussage zu Bayern-Interna</strong><br>
                Der Verbal-Austausch ging am Sonntag in die nächste Runde, als Uli Hoeneß im Rahmen eines Benefizspiels am Tegernsee über Bayerns Zukunftspläne zu "Sky" sagte: "Auch Lothar wird in den nächsten zwölf Monaten weniger Informationen kriegen, weil wir ihm die Kanäle abschneiden werden". Matthäus erwiderte noch am selben Abend bei "Bild": "Ich habe nie Informationen vom FC Bayern bekommen. Ich sehe die Dinge auf dem Platz, ich spreche mit den Menschen. Ich rede über das, was ich wahrnehme. Aber ich habe nichts gesteckt bekommen. Diese Aussage ist für mich Unsinn, sorry. Dass die Mannschaft nicht funktioniert oder die Stimmung schlecht ist, das sehe ich."
© Imago

"Unsinn!" - Matthäus widerspricht Hoeneß-Aussage zu Bayern-Interna
Der Verbal-Austausch ging am Sonntag in die nächste Runde, als Uli Hoeneß im Rahmen eines Benefizspiels am Tegernsee über Bayerns Zukunftspläne zu "Sky" sagte: "Auch Lothar wird in den nächsten zwölf Monaten weniger Informationen kriegen, weil wir ihm die Kanäle abschneiden werden". Matthäus erwiderte noch am selben Abend bei "Bild": "Ich habe nie Informationen vom FC Bayern bekommen. Ich sehe die Dinge auf dem Platz, ich spreche mit den Menschen. Ich rede über das, was ich wahrnehme. Aber ich habe nichts gesteckt bekommen. Diese Aussage ist für mich Unsinn, sorry. Dass die Mannschaft nicht funktioniert oder die Stimmung schlecht ist, das sehe ich."


                <strong>Matthäus legt sich mit den Bayern-Bossen an</strong><br>
                Anfang April lieferten sich Matthäus und der damalige Bayern-Boss Oliver Kahn einen spektakulären Zoff um die Umstände der völlig überraschenden Entlassung von Trainer Julian Nagelsmann - live im Fernsehen bei "Sky". In diesem Zusammenhang warf Matthäus dem Vorstandsboss und langjährigen Teamkollegen sogar vor, zu lügen, was die zeitliche Abfolge der Ereignisse in der Personalie angeht. 
© imago

Matthäus legt sich mit den Bayern-Bossen an
Anfang April lieferten sich Matthäus und der damalige Bayern-Boss Oliver Kahn einen spektakulären Zoff um die Umstände der völlig überraschenden Entlassung von Trainer Julian Nagelsmann - live im Fernsehen bei "Sky". In diesem Zusammenhang warf Matthäus dem Vorstandsboss und langjährigen Teamkollegen sogar vor, zu lügen, was die zeitliche Abfolge der Ereignisse in der Personalie angeht. 


                <strong>Matthäus und die Torwette gegen Klinsmann</strong><br>
                Eine weit kürzere Zeit an der Säbener Straße als Matthäus verlebte Jürgen Klinsmann (l.), der in dieser Zeit aber zum Intimfeind des Leitwolfs zu werden schien. So wettete Matthäus mit dem damaligen Bayern-Manager Uli Hoeneß, dass der Stürmer während der zweiten und auch letzten gemeinsamen Saison 1996/1997 keine 15 Bundesliga-Tore erzielen würde - obwohl er ja in jedem Spiel selbst mit dafür sorgen müsste, dass der Knipser in optimale Abschlusssituationen kommt. Letztlich machte "Klinsi" die magische Zahl im letzten und bedeutungslosen Spiel bei Borussia Mönchengladbach (2:2) voll. Dass Matthäus nicht an seine Treffsicherheit glaubte, hatte er bereits zuvor erfahren und das entscheidende Tor entsprechend euphorisch bejubelt.
© imago

Matthäus und die Torwette gegen Klinsmann
Eine weit kürzere Zeit an der Säbener Straße als Matthäus verlebte Jürgen Klinsmann (l.), der in dieser Zeit aber zum Intimfeind des Leitwolfs zu werden schien. So wettete Matthäus mit dem damaligen Bayern-Manager Uli Hoeneß, dass der Stürmer während der zweiten und auch letzten gemeinsamen Saison 1996/1997 keine 15 Bundesliga-Tore erzielen würde - obwohl er ja in jedem Spiel selbst mit dafür sorgen müsste, dass der Knipser in optimale Abschlusssituationen kommt. Letztlich machte "Klinsi" die magische Zahl im letzten und bedeutungslosen Spiel bei Borussia Mönchengladbach (2:2) voll. Dass Matthäus nicht an seine Treffsicherheit glaubte, hatte er bereits zuvor erfahren und das entscheidende Tor entsprechend euphorisch bejubelt.


                <strong>Die "geheimen Tagebücher" nehmen Klinsmann in die Mangel</strong><br>
                Das Verhältnis zu Klinsmann war nie das Beste, dazu trug Matthäus auch mit dem 1997 veröffentlichten "geheimen Tagebuch" bei, das in der "Bild" vorab in Auszügen veröffentlicht wurde. Darin schrieb er: "Klinsmann und ich - wir werden keine Freunde." Bereits im Sommer zuvor hatte er Klinsmann in einem Interview als "egoistisch, feige und vor allem aufs Geld aus" bezeichnet. Nach der Veröffentlichung seiner "Tagebücher" bekam Matthäus jedoch die Quittung und wurde als Kapitän abgesetzt. Denn auch andere Teamkollegen hatten wenig Verständnis für seine öffentlich ausgetragene Privatfehde. So ließ Kahn damals tief blicken mit der Aussage: "Ich bin nicht der Erziehungsberechtigte von Lothar Matthäus." Thomas Helmer ging einen Schritt weiter und betonte: "Kranken sollten man helfen."
© imago images/Camera 4

Die "geheimen Tagebücher" nehmen Klinsmann in die Mangel
Das Verhältnis zu Klinsmann war nie das Beste, dazu trug Matthäus auch mit dem 1997 veröffentlichten "geheimen Tagebuch" bei, das in der "Bild" vorab in Auszügen veröffentlicht wurde. Darin schrieb er: "Klinsmann und ich - wir werden keine Freunde." Bereits im Sommer zuvor hatte er Klinsmann in einem Interview als "egoistisch, feige und vor allem aufs Geld aus" bezeichnet. Nach der Veröffentlichung seiner "Tagebücher" bekam Matthäus jedoch die Quittung und wurde als Kapitän abgesetzt. Denn auch andere Teamkollegen hatten wenig Verständnis für seine öffentlich ausgetragene Privatfehde. So ließ Kahn damals tief blicken mit der Aussage: "Ich bin nicht der Erziehungsberechtigte von Lothar Matthäus." Thomas Helmer ging einen Schritt weiter und betonte: "Kranken sollten man helfen."


                <strong>Das angespannte Verhältnis zu Bundestrainer Vogts </strong><br>
                Sein schwieriges Verhältnis zu Klinsmann machte ihm auch bei Nationaltrainer Berti Vogts (r.) das Leben schwer. So verpasste Matthäus die EM 1996, weil er sich mit Vogts überworfen hatte, aber möglicherweise auch, weil Klinsmann der engste Vertraute von Vogts war. Bei der WM 1998 war Matthäus zunächst auch außen vor, doch eine Verletzung von Matthias Sammer und Unterstützung aus den Medien brachten ihn dann doch noch in den Turnierkader zurück. 
© imago sportfotodienst

Das angespannte Verhältnis zu Bundestrainer Vogts
Sein schwieriges Verhältnis zu Klinsmann machte ihm auch bei Nationaltrainer Berti Vogts (r.) das Leben schwer. So verpasste Matthäus die EM 1996, weil er sich mit Vogts überworfen hatte, aber möglicherweise auch, weil Klinsmann der engste Vertraute von Vogts war. Bei der WM 1998 war Matthäus zunächst auch außen vor, doch eine Verletzung von Matthias Sammer und Unterstützung aus den Medien brachten ihn dann doch noch in den Turnierkader zurück. 


                <strong>Die Greenkeeper-Aussage von Hoeneß </strong><br>
                Eine der wohl bekanntesten Aussagen im Bezug auf die Dauerfehde zwischen Matthäus und den Bayern stammt aus dem Jahr 2002. "Solange Karl-Heinz Rummenigge und ich etwas beim FC Bayern zu sagen haben, wird Lothar Matthäus bei diesem Verein nicht einmal Greenkeeper im neuen Stadion", polterte Hoeneß (l.) damals im "Doppelpass" von "Sport1"-Vorgänger "DSF" in Richtung von Jung-Trainer Matthäus. Dieser hatte zuvor seinen Ex-Klub kritisiert. Laut eigener Aussage hat Matthäus diese Verbal-Attacke von Hoeneß tief getroffen, inzwischen haben sich die beiden aber wieder versöhnt.
© imago

Die Greenkeeper-Aussage von Hoeneß
Eine der wohl bekanntesten Aussagen im Bezug auf die Dauerfehde zwischen Matthäus und den Bayern stammt aus dem Jahr 2002. "Solange Karl-Heinz Rummenigge und ich etwas beim FC Bayern zu sagen haben, wird Lothar Matthäus bei diesem Verein nicht einmal Greenkeeper im neuen Stadion", polterte Hoeneß (l.) damals im "Doppelpass" von "Sport1"-Vorgänger "DSF" in Richtung von Jung-Trainer Matthäus. Dieser hatte zuvor seinen Ex-Klub kritisiert. Laut eigener Aussage hat Matthäus diese Verbal-Attacke von Hoeneß tief getroffen, inzwischen haben sich die beiden aber wieder versöhnt.


                <strong>Matthäus klagt wegen Einnahmen aus Abschiedsspiel</strong><br>
                Streit gab es aber auch nach dem Abschiedsspiel von Matthäus im Olympiastadion am 26. Mai 2000. Es ging um die Einnahmen aus dem Event, die sich nach Angaben des Klubs auf umgerechnet etwa 4,7 Millionen Euro beliefen, von denen rund zwei Millionen Euro dem Star des Spiels zugute gekommen sein sollen. Wie der FC Bayern München nach einem Schlichtungstermin im Februar 2003 mitteilte, wollte der Ex-Profi eine weitere halbe Million Euro vom Kuchen abbekommen. Dieser dementierte jedoch via "Bild", Geldforderungen gestellt zu haben. Letztlich einigten sich beide Seiten rund ein halbes Jahr später gütlich, Matthäus bekam weitere 7500 Euro für Versand und Telefonkosten überwiesen und zog die aufsehenerregende Klage zurück. Wenige Tage später betonte er dann in der "Sport Bild", diesen Streit zu bereuen: "Dieses Gefeilsche war Kinderkram. Beobachtet von 100 Journalisten, war ich vor Gericht aufgeregt, nicht bei Sinnen."
© imago

Matthäus klagt wegen Einnahmen aus Abschiedsspiel
Streit gab es aber auch nach dem Abschiedsspiel von Matthäus im Olympiastadion am 26. Mai 2000. Es ging um die Einnahmen aus dem Event, die sich nach Angaben des Klubs auf umgerechnet etwa 4,7 Millionen Euro beliefen, von denen rund zwei Millionen Euro dem Star des Spiels zugute gekommen sein sollen. Wie der FC Bayern München nach einem Schlichtungstermin im Februar 2003 mitteilte, wollte der Ex-Profi eine weitere halbe Million Euro vom Kuchen abbekommen. Dieser dementierte jedoch via "Bild", Geldforderungen gestellt zu haben. Letztlich einigten sich beide Seiten rund ein halbes Jahr später gütlich, Matthäus bekam weitere 7500 Euro für Versand und Telefonkosten überwiesen und zog die aufsehenerregende Klage zurück. Wenige Tage später betonte er dann in der "Sport Bild", diesen Streit zu bereuen: "Dieses Gefeilsche war Kinderkram. Beobachtet von 100 Journalisten, war ich vor Gericht aufgeregt, nicht bei Sinnen."


                <strong>Zoff mit Salihamdzic wegen Personalplanungen</strong><br>
                Auch nach Hoeneß' Abschied von der Kommandobücke des FCB sparte Matthäus nicht mit Kritik an den Bayern. Bevorzugtes Ziel seiner Verbal-Attacken ist dabei Sportvorstand Salihamidzic (l.), der regelmäßig von Matthäus seine angeblichen Fehler in der Transferpolitik vorgehalten bekommt. Dabei wehrte sich der Bosnier aber auch und teilte in Richtung Matthäus aus: "Wir stehen zu unseren Spielern, was Lothar sagt, das ist mir vollkommen wurscht."
© imago/Lackovic

Zoff mit Salihamdzic wegen Personalplanungen
Auch nach Hoeneß' Abschied von der Kommandobücke des FCB sparte Matthäus nicht mit Kritik an den Bayern. Bevorzugtes Ziel seiner Verbal-Attacken ist dabei Sportvorstand Salihamidzic (l.), der regelmäßig von Matthäus seine angeblichen Fehler in der Transferpolitik vorgehalten bekommt. Dabei wehrte sich der Bosnier aber auch und teilte in Richtung Matthäus aus: "Wir stehen zu unseren Spielern, was Lothar sagt, das ist mir vollkommen wurscht."


                <strong>Heftige Kritik an Spielern</strong><br>
                Bei einem Pressetermin teilte Matthäus gegen einige von Salihamidzic geholte Stars aus: "Einige Spieler sind noch nicht in München angekommen. Bei Hernandez und Upamecano (Foto) stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis nicht." Besonders Dayot Upamecano bekam sein Fett weg. "Wie viel Zeit soll man ihm denn noch geben? Für die Zeit, die er da ist, hat er zu wenig geliefert. Er hat ja auch schon Erfahrung in der Bundesliga", polterte Matthäus über den in seiner Anfangszeit wackeligen Franzosen.
© IMAGO/Lackovic

Heftige Kritik an Spielern
Bei einem Pressetermin teilte Matthäus gegen einige von Salihamidzic geholte Stars aus: "Einige Spieler sind noch nicht in München angekommen. Bei Hernandez und Upamecano (Foto) stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis nicht." Besonders Dayot Upamecano bekam sein Fett weg. "Wie viel Zeit soll man ihm denn noch geben? Für die Zeit, die er da ist, hat er zu wenig geliefert. Er hat ja auch schon Erfahrung in der Bundesliga", polterte Matthäus über den in seiner Anfangszeit wackeligen Franzosen.


                <strong>Kahn watscht Matthäus ab </strong><br>
                Zudem wunderte sich der frühere Libero und Mittelfeldstratege öffentlich über das Verhalten der Bayern-Führung bei der Vertragsverlängerung von Robert Lewandowski, die letztlich nie zustande kam, weil der Pole vor Vertragsablauf das Weite suchte. Insbesondere Kahn und Salihamidzic bekamen ordentlich Gegenwind. Daraufhin konterte Kahn in der "tz" die Aussagen seines früheren Teamkollegen: "Leider interpretiert er seine Rolle als guter Fußballexperte zuletzt immer mehr als Schlagzeilenlieferant."
© 2012 Getty Images

Kahn watscht Matthäus ab
Zudem wunderte sich der frühere Libero und Mittelfeldstratege öffentlich über das Verhalten der Bayern-Führung bei der Vertragsverlängerung von Robert Lewandowski, die letztlich nie zustande kam, weil der Pole vor Vertragsablauf das Weite suchte. Insbesondere Kahn und Salihamidzic bekamen ordentlich Gegenwind. Daraufhin konterte Kahn in der "tz" die Aussagen seines früheren Teamkollegen: "Leider interpretiert er seine Rolle als guter Fußballexperte zuletzt immer mehr als Schlagzeilenlieferant."


                <strong>Hoeneß teilt wieder gegen Matthäus aus</strong><br>
                Diese Meinung hat Kahn im Klub nicht exklusiv. Denn auch der langjährige Klub-Patron Hoeneß, mittlerweile nur noch als Aufsichtsrat tätig, knöpfte sich den Chef-Kritiker vor. Dieser überschreite bei seinen Experten-Urteilen über den FC Bayern München "oft die Grenzen", schimpfte der mächtige Mann vom Tegernsee in der "Abendzeitung": "Manchmal vergisst er, dass er mal für diesen Verein gespielt hat." Matthäus reagierte darauf mit Unverständnis, hinterfragte bei "Sky90" auch, warum der Streit oft in aller Öffentlichkeit ausgetragen wird: "Wenn diese Sätze wieder über die Medien gespielt werden: Warum ruft er mich dann nicht selbst an?" Zugleich stellte er klar: "Ich habe keine Ambitionen, beim FC Bayern irgendeinen Job anzunehmen."
© imago

Hoeneß teilt wieder gegen Matthäus aus
Diese Meinung hat Kahn im Klub nicht exklusiv. Denn auch der langjährige Klub-Patron Hoeneß, mittlerweile nur noch als Aufsichtsrat tätig, knöpfte sich den Chef-Kritiker vor. Dieser überschreite bei seinen Experten-Urteilen über den FC Bayern München "oft die Grenzen", schimpfte der mächtige Mann vom Tegernsee in der "Abendzeitung": "Manchmal vergisst er, dass er mal für diesen Verein gespielt hat." Matthäus reagierte darauf mit Unverständnis, hinterfragte bei "Sky90" auch, warum der Streit oft in aller Öffentlichkeit ausgetragen wird: "Wenn diese Sätze wieder über die Medien gespielt werden: Warum ruft er mich dann nicht selbst an?" Zugleich stellte er klar: "Ich habe keine Ambitionen, beim FC Bayern irgendeinen Job anzunehmen."


                <strong>Matthäus-Zoff mit Kahn wegen "Mia san mia"</strong><br>
                Hinsichtlich der Kritik am Umgang mit Nagelsmann warf Matthäus Kahn auch vor, das vielbeschworene "Mia san mia"-Gefühl an der Säbener Straße mit Füßen zu treten. Darauf konterte der einstige Weltklasse-Keeper im Vorlauf zum 4:2 gegen Borussia Dortmund bei "Sky": "Was meinst du denn eigentlich mit 'Mia san mia', wenn du immer unterstellst, es gibt kein 'Mia san mia' mehr?" Bereits nach der wegen des Streits um das "Qatar Airways"-Sponsoring schon legendären Jahreshauptversammlung im November 2021 hatte Matthäus festgestellt: "Das Miteinander, das Bayern immer ausgezeichnet hat, ist mit Füßen getreten worden." Er vermisse die Gemeinsamkeit: "Das passt mir als ehemaliger Bayern-Spieler nicht." Beim Aufeinandertreffen am "Sky"-Tisch auf dem Rasen der Allianz Arena bügelte Kahn den Vorwurf jedoch weg, indem er feststellte: "Auch zu unserer Zeit, als wir noch gespielt haben, du kannst dich wahrscheinlich noch erinnern, gab es immer wieder Entscheidungen, die nicht einfach waren." So lässt sich feststellen: Als Experte ist es Matthäus' Glück, diese nicht treffen zu müssen, aber sehr wohl bewerten zu können.
© imago

Matthäus-Zoff mit Kahn wegen "Mia san mia"
Hinsichtlich der Kritik am Umgang mit Nagelsmann warf Matthäus Kahn auch vor, das vielbeschworene "Mia san mia"-Gefühl an der Säbener Straße mit Füßen zu treten. Darauf konterte der einstige Weltklasse-Keeper im Vorlauf zum 4:2 gegen Borussia Dortmund bei "Sky": "Was meinst du denn eigentlich mit 'Mia san mia', wenn du immer unterstellst, es gibt kein 'Mia san mia' mehr?" Bereits nach der wegen des Streits um das "Qatar Airways"-Sponsoring schon legendären Jahreshauptversammlung im November 2021 hatte Matthäus festgestellt: "Das Miteinander, das Bayern immer ausgezeichnet hat, ist mit Füßen getreten worden." Er vermisse die Gemeinsamkeit: "Das passt mir als ehemaliger Bayern-Spieler nicht." Beim Aufeinandertreffen am "Sky"-Tisch auf dem Rasen der Allianz Arena bügelte Kahn den Vorwurf jedoch weg, indem er feststellte: "Auch zu unserer Zeit, als wir noch gespielt haben, du kannst dich wahrscheinlich noch erinnern, gab es immer wieder Entscheidungen, die nicht einfach waren." So lässt sich feststellen: Als Experte ist es Matthäus' Glück, diese nicht treffen zu müssen, aber sehr wohl bewerten zu können.

Matthäus, von der Schärfe der Attacke sichtlich irritiert, verbittet sich einen Privatkrieg, nur um dann später gegenüber "t-online" Kahn der Lüge zu bezichtigen. Der Bayern-Boss hätte sehr wohl die Gelegenheit gehabt, Nagelsmann trotz dessen Urlaubsreise persönlich vorzuwarnen.

Womit die Bayern-Legende vermutlich nicht unrecht hat. Das Zillertal liegt nur zwei Autostunden von München entfernt. Kahn, schon während seiner Zeit als aktiver Spieler als Freund des Gaspedals bekannt, hätte die Strecke vermutlich noch schneller geschafft.

Die berühmte "Bayern-Familie" ist zerrüttet.

Zoff zwischen Kahn und Matthäus - Hainer: "Geht zu weit"

Im Visier

Der Ehrenpräsident weilt üblicherweise einmal in der Woche an der Säbener Straße. Jetzt – nach dem Trainer-Chaos – taucht er deutlich häufiger in der Geschäftsstelle auf. Hoeneß will die Stimmung im Klub aufsaugen. Zu viele Beschwerden über Kahn machen die Runde. Der Patriarch nimmt ihn ins Visier.

Dass diverse Schlipsträger, Unternehmensberater und sonstige Einflüsterer den CEO wie ein Bienenschwarm umgeben, macht schon länger die Runde und hatte Hoeneß immer irritiert – besonders Kahns Bruder Axel macht ihn stutzig.

Auch dass der Vorstandsboss in Anlehnung an die Berater-Firma McKinsey als "Mc Kahnley" verspottet wird, wusste der Patriarch schon lange. Doch mittlerweile ist es die Masse an Kahns zwischenmenschlichen Fehlern, die Hoeneß ernsthaft Sorgen bereiten.

Wo einst so gut wie jeder normale Mitarbeiter den direkten Draht zu Rummenigge und Hoeneß suchen konnten, sind die Büroflure nun mit Türen versperrt und können nur per Transponder geöffnet werden. Selbst die Tatsache, dass er sich – anders als einst Karl-Heinz Rummenigge – nie in der klubeigenen Kantine blicken lässt, wird Kahn zum Vorwurf gemacht.

Der Ruf des Ex-Titans liegt mittlerweile irgendwo zwischen Despot und Amateur.

Kahn spiele zu oft Golf und habe den Job als CEO vollkommen unterschätzt, heißt es. UEFA, ECA, DFB, DFL – überall habe der FC Bayern an Einfluss verloren. Dass Kahn zum wiederholten Male seinen Führerschein verloren hat und sich von seiner Gattin ins Büro fahren lassen muss, lässt die Autorität des Vorstandsvorsitzenden weiter schwinden.

Obendrein scheint Kahn beratungsresistent. Seine Anrufe bei Hoeneß, der sich immer noch als eigentlicher Macher beim FC Bayern sieht, sind selten. Zu selten, findet der Mann vom Tegernsee.

Dass ihn immer mehr Briefe von besorgten Fans erreichen und sogar die mächtige Ultra-Gruppe "Schickeria" den direkten Draht zu ihm sucht, macht Hoeneß endgültig sicher: Kahn muss weg.

Kahns Kampf

Der Vorstands-Boss spürt das wachsende Misstrauen. Er versucht, das Klima im Klub zu seinen Gunsten zu drehen. Auch in der Öffentlichkeit ist er häufiger zu sehen, gibt mehr Interviews. Doch Fans und Mitarbeiter haben ihr Urteil längst gefällt.

Zudem hilft die sportliche Situation Kahn auch nicht weiter. Durchwachsene Leistungen in der Bundesliga, das Aus im DFB-Pokal beim Heimspiel gegen den SC Freiburg und obendrein die 0:3-Pleite im Hinspiel des Champions-League-Viertelfinals bei Manchester City – Kahn gerät immer mehr in den Fokus, obwohl er selbst nicht auf dem Platz steht.

Der CEO ist genauso ratlos wie seine Spieler. Bei der wiedereingeführten Bankett-Rede vermeidet Kahn eine echte Analyse und versucht, sich mit Allgemeinplätzen zu retten. Er wirkt weder überzeugt noch überzeugend.

Während der zu diesem Zeitpunkt 53-Jährige den Abend an einem Tisch mit Klub-Ikone Stefan Effenberg ausklingen lässt und um 2:20 Uhr Ortszeit in sein Hotelzimmer verschwindet, ist einer noch da: Jan-Christian Dreesen.

Der Noch-Finanzvorstand fällt erneut als gut gelaunter Freund der Fans auf. Der Saal im Hotel "Kimpton" ist zu dieser späten Stunde nur noch spärlich gefüllt. Umso auffälliger ist es also, dass Dreesen bei den Anhängern des FC Bayern äußerst beliebt ist. Er klatscht mit einigen ab, umarmt sie. Der Ostfriese, seit zehn Jahren im Vorstand, wirkt in solchen Momenten wie der Anti-Kahn.

Kabinen-Krach

Als die Mannschaft am darauffolgenden Tag den Münchner Flughafen verlässt, presst Leroy Sane seine Lippen fest aneinander. Niemand soll die Wunde am Mund sehen, die er aus Manchester mitgebracht hat.

Doch zu diesem Zeitpunkt leuchten bereits die ersten Eilmeldungen auf den Handys von Fans und Journalisten auf. Sadio Mane hat seinem Kollegen in der Kabine nach einer Auseinandersetzung ins Gesicht geschlagen. Einigen Mitarbeitern des FC Bayern entfährt noch am Kofferband ein genervtes Stöhnen. Die Saison hat ihren nächsten Skandal.

Mane wird mit einer Geldstrafe über 350.000 Euro belegt – ein Rekord in der an Geldstrafen reichen Klubgeschichte. Zudem muss er im anstehenden Spiel gegen Hoffenheim auf die Tribüne.

Götterdämmerung

Es sind Szenen, die Oliver Kahn schmerzen dürften. Als er einst als Aktiver mit Bananen beworfen wurde, konnte ihm das egal sein – es waren schließlich die gegnerischen Fans. Jetzt sind es die eigenen Anhänger, die den Daumen senken.

Beim Rückspiel gegen Manchester City (1:1) hissen einige von ihnen ein Transparent: "Brazzo + Kahn: Helden von einst, Pfeifen von heute."

"Brazzo + Kahn: Helden von einst, Pfeifen von heute"

Transparent einiger Bayern-Fans, im Heimspiel gegen Manchester City

Kurz vor dem Schlusspfiff dann der Großangriff der Südkurve auf die Bayern-Bosse: "Ziele dürfen verfehlt werden – Werte des Vereins nicht! Führungspolitik hinterfragen", heißt es auf einem Banner, das sich über die gesamte Länge des Fanblocks erstreckt.

Uli Hoeneß muss sich als Adressat der Nachricht verstehen und reagiert. Er schlurft nach dem Spiel durch die Mixed Zone in Richtung Kabine. Dort gratuliert er den Spielern zu ihrer guten Leistung, doch beim Verlassen wirkt er desillusioniert. "Nein, leider nicht", antwortet er, als er vom ran-Reporter um ein Interview gebeten wird.

Externer Inhalt

Dieser Inhalt stammt von externen Anbietern wie Facebook, Instagram oder Youtube. Aktiviere bitte Personalisierte Anzeigen und Inhalte sowie Anbieter außerhalb des CMP Standards, um diese Inhalte anzuzeigen.

Kurze Zeit später kommt auch Kahn aus dem Kabinentrakt. Kurz zögert er, ob er mit den Journalisten sprechen soll. Dann tut er es doch und gibt sich auf ran-Nachfrage trotzig: "Das macht mit mir nicht viel", sagt er über die Kritik an seiner Person.

Wie ein Titan wirkt er jetzt überhaupt nicht mehr.

Kahn bleibt ruhig: Keine Zeit für Kritik

Doch am nächsten Morgen verkündet Ex-Profi Jan-Aage Fjörtoft, dass man sich beim FC Bayern ernsthaft mit einer Ablösung Kahns beschäftige.

Der Norweger ist der erste, der die Entlassung des CEO als quasi fix beschreibt. Dass Präsident Herbert Hainer die Aussagen zurückweist, stört Fjörtoft nicht. Gegenüber ran bleibt er bei seiner Darstellung.

Auch andere Quellen erklären im vertraulichen Gespräch, dass die Zukunft des Vorstandsbosses höchst fraglich sei.

Demnach gibt es im Verein schon seit längerem eine große Unzufriedenheit über Kahns Arbeit und Auftreten, die durch die sportlichen Misserfolge seit dem Trainerwechsel eine für den Bayern-Boss gefährliche Eigendynamik entwickelt hat.

Am Tiefpunkt

Thomas Tuchel macht im Schlussspurt der Saison eine Wandlung durch. Vom Spieler-Freund ("Ich habe mich schockverliebt in diese Mannschaft") zum strafenden Vater war es nur ein kurzer Weg.

Die Heimniederlage gegen Leipzig am 33. Spieltag drückt den FC Bayern fast komplett auf den Boden. Tuchel attackiert mit markigen Worten seine Spieler und zischt einen Reporter an: "Falsche Frage!"

Auch Thomas Müller und Joshua Kimmich sparen nicht mit Kritik und suchen in Interviews die Konfrontation mit den Fragestellern. Die Nerven liegen blank.

Borussia Dortmund gewinnt am nächsten Tag in Augsburg , so dass nur noch ein Sieg zur Meisterschaft fehlt. Die Bayern haben es nicht mehr in der eigenen Hand.

Kimmich: "Soll ich jetzt vor der Kamera ausrasten?"

Neuaufstellung

Uli Hoeneß hat genug. In den vergangenen Wochen hat der Ehrenpräsident viel telefoniert - mit Jan-Christian Dreesen, mit Herbert Hainer und auch Karl-Heinz Rummenigge.

Zu diesem Zeitpunkt sind die Männer ran-Informationen zufolge sogar bereit, kreative Wege zu gehen. Axel Hellmann, Vorstandssprecher von Eintracht Frankfurt, spielt in den Überlegungen eine ernsthafte Rolle.

Externer Inhalt

Dieser Inhalt stammt von externen Anbietern wie Facebook, Instagram oder Youtube. Aktiviere bitte Personalisierte Anzeigen und Inhalte sowie Anbieter außerhalb des CMP Standards, um diese Inhalte anzuzeigen.

Und Rummenigge geht sogar einen Schritt weiter: Er will sich wieder beim FC Bayern engagieren, aber nur, wenn neben Kahn auch Salihamidzic den Klub verlässt.

Doch ganz in die erste Reihe will Rummenigge nicht, neuer Vorstandsboss soll Dreesen werden, der ran-Informationen zufolge eigentlich DFL-Boss werden sollte. Als der 55-Jährige jedoch seinen Traumjob beim FC Bayern in Aussicht hat, sagt er dem Ligaverband ab.

Externer Inhalt

Dieser Inhalt stammt von externen Anbietern wie Facebook, Instagram oder Youtube. Aktiviere bitte Personalisierte Anzeigen und Inhalte sowie Anbieter außerhalb des CMP Standards, um diese Inhalte anzuzeigen.

Als diese Personalie durchsickert, ist Kahn erzürnt. Ausgerechnet sein großer Gegenspieler soll sein Erbe werden. Finanzvorstand Dreesen hatte sich in den letzten Monaten immer wieder gegen den Ex-Titan gestellt, am Ende aber den Machtkampf verloren und seinen Abschied vom Rekordmeister zum Saisonende angekündigt.

Ein Kritikpunkt: Die Transfererlöse seien angesichts der hohen Ausgaben für Neuverpflichtungen zu niedrig.

Kahn hält Dreesens Verhalten für einen Affront. Er findet, sein Kollege sei ein Wichtigtuer. Zudem wirft er seinem Konkurrenten nicht nur hinter vorgehaltener Hand vor, kein Teamplayer zu sein.

Der Konflikt wird mit allen erdenklichen Methoden geführt. Schließlich macht das Gerücht die Runde, dass es Kahn gewesen sei, der Dreesen einen großen Abschied beim letzten Heimspiel der Saison verwehrt habe.

Dreesen war, nachdem er seinen Nachfolger Michael Diederich monatelang eingearbeitet hatte, eigentlich schon auf dem Sprung an die vakante DFL-Spitze.

Doch es kommt anders - vor allem. weil Hoeneß seine Bedenken gegen Dreesen beiseitelegt. Einst hatte er den Ostfriesen für zu leicht befunden, jetzt soll der den Karren aus dem Dreck ziehen.

Das Ende

Die Zeit drängt, noch vor der ohnehin schon um eine Woche auf den 30. Mai verschobenen Aufsichtsratssitzung sollen Kahn und Salihamidzic über ihre Entlassung informiert werden.

Hoeneß lädt am Donnerstag vor dem 34. Spieltag beide in seine Wohnung im Münchner Stadtteil Maxvorstadt ein. Salihamidzic reagiert gefasst, Kahn erbost. Es wird laut, der Noch-CEO will seinen Rauswurf auf diese Weise nicht akzeptieren. Er ledert gegen Dreesen, später behauptet ein Journalist sogar, Kahn habe dem Finanzvorstand Schläge angedroht.

Zwar ist auch ihm eine einvernehmliche Trennung lieber, doch Kahn versteht die Eile von Hainer und Hoeneß nicht.

Als der Noch-Vorstandschef am Freitag nicht zu erreichen ist, macht der Aufsichtsrat kurzen Prozess. In einer Videokonferenz wird einstimmig beschlossen, dass der 53-Jährige von seinen Aufgaben entbunden wird, eine Reise mit nach Köln sei so ebenfalls nicht möglich.

Kahn ist fassungslos und einigt sich mit dem Verein auf eine pikante Notlüge: Eine "Sommergrippe" soll als Begründung für sein Fehlen im Stadion herhalten.

Hainer verkündet Aus für Kahn und Brazzo

Kurz vor dem Schlusspfiff in Müngersdorf macht Jamal Musiala mit seinem Treffer den FC Bayern völlig unerwartet zum Meister, weil Dortnund zeitgleich zu Hause nicht gegen Mainz gewinen kann.

Doch der Last-Minute-Titel gerät zur Nebensache. Noch während des Spiels folgen die ersten Eilmeldungen. Verschiedene Medien berichten: Kahn und Salihamidzic müssen gehen.

Die Ereignisse überschlagen sich. Thomas Tuchel war vorab informiert worden, doch er fühlt sich wie die gesamten Mannschaft um den Moment des Triumphs betrogen.

Hainer unterrichtet derweil die Presse über die Richtigkeit der Meldungen. Hasan Salihamidzic ringt mit den Tränen, als er zum letzten Mal als Sportvorstand vor die Mikrofone tritt.

Den Tränen nah! Brazzo reagiert auf Entlassung

Und Kahn? Kahn wird zum Twitter-Vulkan. Wo sonst eher belanglose Botschaften von ihm auf Englisch und Deutsch zu lesen sind, lässt er seinen Emotionen freien Lauf.

An die Vereinbarung, er habe eine Sommergrippe, fühlt er sich mittlerweile nicht mehr gebunden. Es sei ihm vom Klub verboten worden, mit nach Köln zu reisen, verkündet Kahn.

Externer Inhalt

Dieser Inhalt stammt von externen Anbietern wie Facebook, Instagram oder Youtube. Aktiviere bitte Personalisierte Anzeigen und Inhalte sowie Anbieter außerhalb des CMP Standards, um diese Inhalte anzuzeigen.

Wieder kursieren mehrere Wahrheiten rund um den FCB. Der Rekordmeister ist endgültig wieder zum FC Hollywood geworden.

Am Samstag, dem 27. Mai 2023 um 18:28 Uhr ist die Zeit von Hasan Salihamidzic und Oliver Kahn beim FC Bayern offiziell beendet.

Der strahlende Sieger

Ein Hauch von Wagner-Oper in der Allianz Arena. Jan-Christian Dreesen wird am Tag danach als neuer starker Mann vorgestellt und tritt munter gegen seinen Vorgänger als CEO nach.

"Mir ist Kommunikation wichtig und ich möchte wieder mehr zu einem Füreinander kommen", sagte Dreesen. Nur eine von vielen klaren Attacken gegen seinen Vorgänger Kahn. Man spürt: Der neue Vorstandsboss ist lieber populistisch als unpopulär.

Dreesen teilt gegen Kahn aus: "Wieder zu mehr Füreinander kommen"

Dreesen ist am Ziel und entgegen seinem Ruf an der Säbener Straße tritt er an jenem Tag als großer Kommunikator auf. Seine einfachen Botschaften verfangen nicht nur bei den Mitarbeitern des Klubs und den Fans, auch das Presseecho ist positiv.

Überhaupt ist dieser 28. Mai 2023 ein einziger Triumph für den Klub: Noch am selben Tag feiern das Herren- und das Frauen-Team auf dem Münchner Rathausbalkon vor rund 20.000 Fans gemeinsam ihre Meistertitel.

Während Kahn schmollt, ist der gefeuerte Salihamidzic bei der Party auf dem Marienplatz mittendrin und verabschiedet sich danach beim ran-Reporter und anderen Journalisten per Handschlag.

Bierdusche für alle von Feierbiest Thomas Müller

Schlussakkord

Der Meistertitel ist eingefahren, das lästig gewordene Führungspersonal ist vom Hof gejagt. Eigentlich könnte Uli Hoeneß also zufrieden sein. Doch eines will der Patriarch noch sicherstellen: Der FC Bayern soll die Deutungshoheit über die abgelaufene Saison gewinnen.

Genauer: Hoeneß' Version soll in die Geschichtsbücher des deutschen Fußballs eingehen. In einem ausführlichen Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" wenige Tage später drückt er allen Beteiligten seinen Stempel auf.

Hoeneß übernimmt im Prozess gegen die Schuldigen alle Rollen selbst: Ankläger, Kronzeuge und Richter in einer Person.

Nagelsmann konnte den Fitness-Rückstand der Spieler nach der WM in Katar nicht beseitigen – obwohl der Ehrenpräsident darauf hingewiesen habe, dass man nicht allzu lange Urlaub machen sollte.

"Ich bin überzeugt davon, dass Thomas Tuchel in der Rückrunde darunter leiden musste, dass es einigen Spielern an der Grundlagenausdauer gefehlt hat", sagt Hoeneß.

Salihamidzic entfernte sich zu sehr von seinem Ziehvater. Hoeneß hatte seinen Schützling lange beschützt, jetzt lautet sein knallhartes Urteil: "Am Ende geht es um den FC Bayern"

Oliver hat mich in der ganzen Zeit vielleicht fünf Mal angerufen.

Uli Hoeneß im Juni 2023, im Interview mit der "Süddeutschen Zeitung"

Kahn war beratungsresistent und menschlich schwierig. Hoeneß: "Ich denke, Oliver ist generell kein Typ, der laufend den Kontakt sucht" - ein scheinbar unverzeihlicher Fehler aus Sicht des Patrons.

Er, Hoeneß, habe es wieder richten müssen – so seine Botschaft nach dieser selbst für bayerische Verhältnisse bemerkenswerten Saison, in der der FC Bayern wieder zum FC Hollywood geworden war.

Kurz darauf nimmt erstmals der "Ausschuss Sport" mit Hoeneß, Rummenigge, Dreesen und Tuchel seine Arbeit auf. Es soll ausgemistet werden im Kader und es sollen Millionen investiert werden, allen voran für einen Weltstar namens Hary Kane. 

Damit sich die Achterbahn-Saison 2022/23 beim "FC Hollywood" nicht nochmal wiederholt.

Mehr News und Videos
Borussia Dortmund v Sport-Club Freiburg - Bundesliga
News

BVB vs. FC Bayern live im Free-TV, Stream und Ticker

  • 28.11.2024
  • 08:19 Uhr