Bundesliga
FC Bayern München: Thomas Müller im dritten Frühling? Erkenntnisse zum Bundesliga-Auftakt
- Aktualisiert: 26.08.2024
- 14:32 Uhr
- Justin Kraft
Der FC Bayern München arbeitet sich zu einem knappen 3:2-Sieg in Wolfsburg. Der Auftakt in die neue Bundesliga-Saison ist damit auf dem Papier geglückt – aber auch abseits vom Ergebnis? Die Erkenntnisse zum ersten Auftritt.
Für den FC Bayern war der Bundesliga-Auftakt ein Wechselbad der Gefühle. Auf eine ordentliche und dominante erste Halbzeit folgte ein plötzlicher Einbruch in der zweiten Halbzeit.
Mit der ersten Aktion gab es Elfmeter für den VfL Wolfsburg. Ausgleich. Kurz darauf erzielten die Wölfe nach einer Einladung von Min-jae Kim auch noch das 2:1.
Es schien, als würden die Münchner dort anknüpfen, wo sie in der vergangenen Saison aufgehört hatten. Doch der FCB kam nochmal zurück, traf doppelt und erkämpfte sich so den wichtigen ersten Saisonsieg.
Was aber können Vincent Kompany und sein Trainerteam für die kommenden Wochen mitnehmen? Warum gab es Probleme? Und was lief schon sehr gut?
Das Wichtigste in Kürze
ran hat die Erkenntnisse zum Bundesliga-Debüt des Belgiers beim Rekordmeister.
FC Bayern mit mutigem Spielaufbau
Eine der auffälligsten Veränderungen im Vergleich zur vergangenen Saison ist die Torwartkette, die Kompany eingeführt hat. Bedeutet: Manuel Neuer nimmt nun deutlich aktiver am Spielaufbau teil.
Der 38-Jährige hatte laut "SofaScore" ganze 68 Ballkontakte, spielte 59 Pässe (50 erfolgreich). Zum Vergleich: Das sind nur acht Ballkontakte weniger als Aleksandar Pavlovic hatte – und der spielt immerhin auf der Sechs. Die Heatmap von Neuer zeigt auch, dass er sich viel außerhalb seines Strafraums bewegte. Immer wieder bildete er ein Aufbaudreieck mit Dayot Upamecano und Min-jae Kim, die etwas breiter und höher standen als er.
Das gibt den Bayern mehr Optionen, wenn sie einen Angriff starten. Gegen Wolfsburg lockten sie die Gegenspieler immer wieder ins Pressing, zogen die Mitte etwas auseinander und hatten gute Passwinkel, um sich vorn in die dadurch entstehenden Lücken zu kombinieren.
Allerdings gibt es auch ein großes Risiko: Pressten die Wölfe hoch und stellten sie die Räume dahinter etwas besser zu, kamen einige Bayern-Spieler im Passspiel an ihre Grenzen. Gerade beim zwischenzeitlichen 2:1 der Wolfsburger war zu sehen, was bei solchen Unaufmerksamkeiten passieren kann.
Neuer war in dem Fall in der Rückwärtsbewegung, konnte also nicht aktiv agieren. Ob er das Tor hätte sonst verhindern können, ist fraglich, optimal war das Rückwärtslaufen aber gewiss nicht. Hier wird Kompany in der Risikoabwägung weiter feilen müssen.
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Alphonso Davies und Min-jae Kim bereiten dem FCB Probleme
Zumal gerade Kim ganz offensichtlich nicht die Qualität im Spielaufbau hat, um die notwendige Sicherheit zu garantieren. Der Südkoreaner hatte eine sehr schwache Passquote von 79 Prozent, brachte also nur 60 von 76 Zuspielen an den Mann – darunter nur zwei lange Bälle.
Es war auch längst nicht der erste gebrauchte Tag des Innenverteidigers, der bei Kompany nun für Kopfzerbrechen sorgen dürfte. Das trifft auch auf Alphonso Davies zu, der einen extrem schwachen Start in die Saison erwischt hat und damit den Abwärtstrend der vergangenen Saison bestätigt.
Der Kanadier verlor mehrfach den Ball in der Vorwärtsbewegung und ließ sich defensiv zu oft überrumpeln. Offensiv konnte er seine Qualitäten kaum einbringen. Mit Raphaël Guerreiro gibt es eine erfahrene, mit Adam Aznou eine aus dem Jugendbereich nach oben drückende Alternative. Wenn sich Davies nicht bald fängt, wird es schwer für ihn in München.
Offensiv kann der FC Bayern immer nachlegen
Konkurrenzkampf gibt es auch in der Offensive. Denn mitentschieden wurde das Spiel durch die Wechsel von Kompany. Kingsley Coman und Thomas Müller kamen ins Spiel und beide belebten das Angriffsspiel des Rekordmeisters sofort.
Das zu Beginn der ersten Halbzeit etwas schläfrige Tempo wurde durch die Wechsel wieder erhöht. Bayern kam so wieder zu deutlich mehr gefährlichen Abschlüssen und arbeitete sich zurück in die Partie.
Eine starke Bank fehlte dem FCB in den vergangenen Jahren häufig. Bleiben alle fit, gibt es diesmal einige Luxusprobleme. Mit Leroy Sane kehrt sogar noch ein Hochkaräter zurück und auch Mathys Tel wird auf Einsätze pochen.
Thomas Müller erlebt seinen x-ten Frühling
Bei Müller kann man indes vom dritten Frühling sprechen – oder vom x-ten. Denn den zweiten, dritten, vierten gab es mit Sicherheit schon. Es ist nicht gänzlich neu, dass der Offensivmann alle überrascht, die ihn bereits abgeschrieben hatten.
Diesmal deutete sich seine gute Form schon in der Vorbereitung an. Es war fast schon eher überraschend, dass er nicht in der Startelf stand. Als er dann eingewechselt wurde, zeigte er seinem Trainer sofort, dass es schwer wird, auf ihn zu verzichten.
Beim Ausgleich hat Müller offiziell keine Aktien, doch klar ist, dass ohne sein Gewusel vor der Torlinie das Tor schwieriger geworden wäre. Es sind Aktionen wie diese, die beim 34-Jährigen heute wie damals unterschätzt werden.
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Serge Gnabrys Tor zum 3:2 trug dann noch deutlicher die Handschrift von Müller. "Dass Thommy da herumkommt, hätte ich nicht erwartet", sagte der Torschütze später selbst bei "DAZN": "Hat er aber top gemacht, manchmal macht er Sachen mit seinem Body, das ist schon Wahnsinn." Eine herausragende Ball-, eine noch bessere Körperkontrolle brachten den Ball zu Harry Kane und dann zu Gnabry.
Müller zeigte auch in seinem 475. Rekordauftritt in der Bundesliga, dass er nichts verlernt hat. Im Gegenteil: In dieser Form ist er unverzichtbar für Kompany.
Serge Gnabry will es allen zeigen
Und auch Gnabry, der sich nach dem Spiel gutgelaunt präsentierte, konnte seine Chance nutzen, die er sich in der Vorbereitung erarbeitet hatte. In der ersten Halbzeit fremdelte er auf dem linken Flügel noch ein wenig mit seiner Rolle – auch weil Davies ihn nicht so richtig unterstützt hat.
Als er dann auf die rechte Seite wechselte, nahm er immer aktiver am Spiel teil. Sechs Abschlüsse, gute Tiefenläufe und das entscheidende Tor – Gnabry deutete an, dass er wieder ein wichtiger Spieler für die Bayern sein kann.
Auch für ihn ist die Konkurrenzsituation natürlich riesig. Vielleicht hat der 29-Jährige aber genau das benötigt. In Wolfsburg empfahl er sich für weitere Einsätze.
FC Bayern: Die rechte Seite kann ein Schlüssel zum Erfolg werden
Ohnehin lief es auf dem rechten Flügel für den FC Bayern etwas besser als auf dem linken. Hier merkte man von Beginn an, dass das Team etwas eingespielter ist, während Kompany in der Vorbereitung auf der linken Seite etwas mehr rotierte.
Zwar war Olise neu in der Startelf, doch Sacha Boey und der Franzose hatten in der ersten Halbzeit eine gute Verbindung zueinander. Zumal das Flügelspiel unter Kompany deutlich mehr als zwei Spieler beinhaltet. Beim Führungstreffer zum 1:0 waren es deren fünf.
Kim sicherte defensiv ab, Boey warf in der gegnerischen Hälfte ein. Joshua Kimmich, Harry Kane und Olise komplettierten die Besetzung außen. Auch wenn es ein Einwurf war, war der folgende Spielzug charakteristisch für das, was man in der Vorbereitung und auch in Wolfsburg oftmals gesehen hat: Ein Spieler zieht den Flügel auf, ein anderer nutzt den Raum.
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Hier war es Olise, der erst auf Kane klatschen ließ, dann seinen Gegenspieler mit nach innen zog und so Boey den Lauf in die Tiefe ermöglichte. Die rechte Seite kann sich so zu einem wichtigen Schlüssel für Kompany entwickeln. Erst recht wenn Sane zurückkehrt und/oder Olise richtig angekommen ist.
Klar ist aber auch, dass der Trainer zumindest defensiv noch justieren muss. Hier wirkte Boey noch nicht sattelfest. Dabei geht es weniger um den verursachten Elfmeter als mehr um seine generellen Schwächen, wenn Wolfsburg mal mit Tempo über seinen Flügel kam.
FC Bayern: Mentalität und Einstellung stimmen
Es passte zum ambivalenten Auftritt des FC Bayern. Kompany selbst wollte nach dem Spiel eher über die positiven Aspekte als über die negativen sprechen. "Die Mentalität meiner Mannschaft war top. Ich will nicht über den Fehler von Min-jae sprechen", sagte er nach Abpfiff: "Ich will über die Reaktion reden. Und die war gut. Von Allen."
In der vergangenen Saison haben die Bayern solche Spiele häufig komplett aus der Hand gegeben. Insofern ist das Comeback eine sehr positive Erkenntnis für das Trainerteam. Bei allen noch vorhandenen Problemen war zu erkennen, dass dieses Team eine neue Energie mit in die Saison gebracht hat. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.