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Pavlovic beim FC Bayern München: Er beendet eine leidige Debatte
- Aktualisiert: 24.09.2024
- 19:36 Uhr
- Justin Kraft
Aleksandar Pavlovic ist seit seinem Debüt beim FC Bayern München durchgestartet. Die Rufe nach einer Holding Six sind interessanterweise nicht wegen Joao Palhinha, sondern wegen ihm leiser geworden.
In Zeiten von Instagram und TikTok hat Content zugenommen, der schnell zu verarbeiten ist. Darunter die klassischen Entweder-oder-Fragen. Solche hat Jamal Musiala jüngst von "DAZN" gestellt bekommen.
Auf zwei Fragen antwortete er sofort mit "Pavlo" – also Aleksandar Pavlovic. Die erste Frage war noch recht unspektakulär: Wer wird der Breakout-Star dieser Saison? Die zweite hatte es schon mehr in sich: Wer ist aktuell das größte Talent im Fußball?
Nun ist Musiala offensichtlich voreingenommen. Das Lob für seinen Teamkollegen ist dennoch bemerkenswert. Und im Moment bestätigt er das auch mit Leistungen auf dem Platz.
Es ist gar nicht lang her, da waren die Rufe an der Säbener Straße nach einer "Holding Six" noch sehr laut vernehmbar. Einer, der seine Position vor der Abwehr hält. Einer, der Zweikämpfe gewinnt und aufräumt. Einer, der die Spielgestalter des FC Bayern München entlastet.
Das Wichtigste in Kürze
Joao Palhinha hieß die Lösung. Eigentlich sollte der Portugiese schon 2023 kommen. Mit einem Jahr Versatz hat der Transfer dann geklappt. Seine Bilanz bisher: 139 Minuten. Palhinha spielt noch keine Rolle beim FCB. Grund dafür ist neben der starken Leistungen von Pavlovic, dass Joshua Kimmich unter Vincent Kompany wieder im Mittelfeld spielt.
FC Bayern München: Aleksandar Pavlovic ist ein Glücksfall
Für den FC Bayern ist Aleksandar Pavlovic ein absoluter Glücksfall. Und Glück trifft hier tatsächlich zu. Wer weiß, wie seine vergangene Saison ausgesehen hätte, wenn Palhinha schon 2023 gekommen wäre?
Schon bei der Asienreise in der damaligen Sommervorbereitung war Pavlovic ein später Nachrücker, ursprünglich sollte er noch nicht dabei sein. Schon damals profitierte er davon, dass sich jemand verletzte – wie auch im weiteren Saisonverlauf.
Am neunten Spieltag der Bundesliga feierte er sein Debüt gegen Darmstadt 98. Ein Faktor rund um diese Zeit: Verletzungen und Sperren. Gegen Darmstadt sah Joshua Kimmich die Rote Karte und Leon Goretzka fehlte verletzt.
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Damals hatte zudem noch Frans Krätzig die Nase etwas vor Pavlovic – Krätzig aber zeigte im darauffolgenden Spiel gegen Saarbrücken beim Pokalaus eine schwache Leistung.
Gegen den BVB wurde Pavlovic am Wochenende danach erneut eingewechselt – und bereitete das 4:0 von Harry Kane sehenswert vor. So glücklich manche Fügung auch war, so sehr nutzte das Toptalent die Situation für sich. Pavlovic spielte sich fest und war fortan gesetzt, wenn er fit war.
Aleksandar Pavlovic ist die Antwort auf viele Probleme
Der heute 20-Jährige ist für den FC Bayern München die Antwort auf das eigentliche Problem im Mittelfeld, das aber zumindest öffentlich nie richtig adressiert wurde: Seit dem Abgang von Thiago 2020 fehlte die Option, neben Kimmich einen weiteren spielstarken und pressingresistenten Sechser aufzustellen.
Die Bayern setzten stets auf athletisch starke Spieler, die ihre Stärken in der Dynamik nach vorn oder im Pressing haben. Leon Goretzka und Konrad Laimer sind Paradebeispiele. Leidtragender war unter anderem Kimmich – nicht, weil die beiden Kollegen nicht gut genug für einen Topklub wären, sondern weil er im Spielaufbau zu viel Verantwortung tragen musste.
Seine beste Phase in München hatte Kimmich, als Thiago ihm diese Arbeit abnahm und er entweder als leicht einrückender Rechtsverteidiger oder eben im Mittelfeld viele Aufgaben in der Offensive übernehmen konnte.
FC Bayern: Pavlovic erinnert an Kroos
Diese Entlastung ist durch Pavlovic jetzt erstmals wieder gegeben. Der Nationalspieler hat eine Ruhe am Ball, die ein wenig an Toni Kroos erinnert. Immer den Blick nach vorn, immer in den richtigen Räumen unterwegs und stets mit der richtigen Entscheidung.
Dabei agiert er etwas weiträumiger als Kroos. Wichtig für den FC Bayern ist die Handlungsschnelligkeit des Sechsers. Das betrifft nicht nur Situationen, in denen Gegner ihn unter Druck setzen, sondern auch sein Nachrückverhalten. Wird das Spiel auf den ihm nahen Flügel verlagert, bietet er seinen Mitspielern häufig sehr schnell eine Anspielstation im Halbraum an. Gerade unter Kompany, der wenige Kontakte von seinen Spielern am Ball verlangt, ist das eine sehr wichtige Eigenschaft.
Verlagerungen kann Pavlovic aber auch selbst hervorragend spielen. Er bringt alles mit, was von einem tiefen Spielmacher verlangt wird. Genau deshalb hat er aktuell auch Vorteile gegenüber Palhinha.
FC Bayern: Holding Six auf hold
Denn das Thema Holding Six ist unter Kompany erstmal auf hold. Der Belgier setzt bewusst auf zwei spielstarke Mittelfeldspieler, um dem Ballvortrag mehr Dominanz zu verleihen. Kimmich sichert dabei den hochschiebenden Rechtsverteidiger ab, Pavlovic kümmert sich um die halblinke Seite und das Zentrum.
Die Flexibilität, beide anspielen zu können und zu wissen, dass sie eine gute Idee für das eigene Ballbesitzspiel haben werden, tut dem Team und den Innenverteidigern sehr gut. Palhinha kann genau diese Fähigkeit nicht anbieten. Ob der Transfer deshalb überflüssig war?
Für eine derartige These ist die Saison noch nicht alt genug. Auch hier gilt aber, dass es besser für Kompany ist, einen solchen Spieler im Kader zu haben, als im Saisonverlauf die Erkenntnis zu haben, dass es vielleicht in mancher Partie doch gut wäre, einen Abräumer einzusetzen – und ihn dann nicht zu haben.
Palhinha muss sich erst noch an sein neues Umfeld gewöhnen. Das betrifft nicht nur die Stadt oder den neuen Klub, sondern auch die veränderte Spielweise. Im bestmöglichen Saisonverlauf werden die Bayern aber über 50 Partien absolvieren. Ein breiter Kader kann da kaum schaden.
FC Bayern: Zerreißprobe für das Mittelfeld
Zumal der erste Härtetest für den Rekordmeister jetzt erst kommt. Am Wochenende spielt der FC Bayern im Spitzenspiel gegen Leverkusen, danach spielt man auswärts bei Aston Villa, in Frankfurt, gegen Stuttgart und in Barcelona.
So gut das Zusammenspiel zwischen Kimmich und Pavlovic zuletzt also funktionierte, so sehr werden diese Wochen jetzt eine Zerreißprobe für den gesamten Defensivverbund. Gut möglich, dass Palhinha hier mehr Chancen bekommt.
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Taktisch gäbe es für Kompany auch die Möglichkeit, alle drei Spieler einzusetzen. Dafür müsste er zwar einen Offensivspieler opfern, könnte aber in einem klassischen 4-3-3 ein sehr balanciertes Mittelfeld aufstellen. Auch dafür wurde Palhinha verpflichtet: Taktische Optionen.
Eine Entweder-oder-Frage an Kompany wäre dennoch interessant: Pavlovic oder Palhinha? Vermutlich würde der Trainer eine diplomatische Antwort geben, in der er wertschätzend verpackt, dass beide wichtig sind. Doch auf das laut Musiala größte Talent im Weltfußball wird wohl kaum ein Trainer verzichten wollen.