Bundesliga
FC Bayern: Verkauf von Top-Star wäre ein Fehler - ein Kommentar
- Aktualisiert: 14.07.2024
- 18:00 Uhr
- Justin Kraft
Mit Hiroki Ito ist ein neuer Innenverteidiger bereits da, mit Jonathan Tah könnte ein weiterer hinzukommen. Matthijs de Ligt ist dagegen auf der Transferliste gelandet. Macht der FC Bayern München denselben Fehler wie in den vergangenen Jahren? Ein Kommentar.
94 Tore hat der FC Bayern München in der abgelaufenen Bundesliga geschossen - Bestwert.
45 Treffer hat der Rekordmeister kassiert - nur Platz fünf, sechs weniger als der FSV Mainz 05, die am Ende 13. wurden. Letztmals kassierten die Bayern in der Saison 1995/96 so viele Tore. Damals waren es 46.
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Von der defensiven Stabilität, die den FCB über weite Strecken der 2010er Jahre so stark gemacht hat, ist seit der Saison 2018/19 nichts mehr zu sehen. Seitdem wird es von Jahr zu Jahr eher schlechter als besser.
Die Schlussfolgerung scheint eindeutig: Neue Spieler für die Abwehr müssen her.
Seit 2017 haben die Münchner für sieben Innenverteidiger 318 Millionen Euro ausgegeben - im Schnitt also etwas mehr als 45 Millionen Euro pro Spieler. Hinzu kommen die ablösefreien Verpflichtungen von Eric Dier und Tanguy Nianzou.
Das Wichtigste in Kürze
Gebracht hat es nichts. Vor diesem Hintergrund ist es nochmal absurder, dass die Bayern von Saison zu Saison mehr Gegentore kassieren. 28, 32, 32, dann ein Ausreißer mit 44, 37, 38 und nun eben 45 - gebessert hat sich nichts.
FC Bayern macht seit Jahren denselben Fehler
Und doch begehen die Bayern wieder denselben Fehler: Neue Spieler einkaufen, erst kürzlich gekauften Spielern keine echte Chance geben und Geld binden, das auf anderen Positionen viel wichtiger wäre.
Matthijs de Ligt könnte das jüngste Opfer dieser schwer nachzuvollziehenden Transferpolitik sein. Der Niederländer spielte eine überragende Debütsaison für den FC Bayern, entwickelte sich mit starken Defensivaktionen zu einem Fanliebling in München. Es folgten Verletzungen, der Transfer von Minjae Kim und eine Hinrunde zum Vergessen unter Thomas Tuchel.
Doch in der Rückrunde arbeitete sich de Ligt zurück in die Startelf, zeigte, wozu er fähig ist. Zudem ist der Nationalspieler erst 24 Jahre jung. Sein Entwicklungspotenzial ist riesig, seine Einstellung zum Verteidigen ist genau das, was die Bayern gesucht haben.
Niederlande-Trainer Ronald Koeman setzte bei der EM in Deutschland allerdings nicht auf den 24-Jährigen. Auch das bittere Halbfinal-Aus erlebte de Ligt nur von der Bank, im gesamten Turnier spielte er nicht eine Minute.
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Sportliche Gründe für einen Abgang gibt es kaum. Vielleicht, dass er sich im Spielaufbau zu wenig eingebracht hat. Nur ist das angesichts seiner Defensivqualitäten ein ziemlich schwaches Argument.
Finanziell sieht die Situation etwas anders aus. 67 Millionen Euro Ablöse hat man für den Innenverteidiger bezahlt. Laut "FBref" verdient er zudem 16 Millionen Euro an Gehalt pro Saison.
Christoph Freund und Max Eberl wollen die üppige Gehaltsstruktur der Bayern verschlanken, die sie von Hasan Salihamidzic geerbt haben.
Nur: Warum dann bei einem Spieler ansetzen, der bewiesen hat, dass er dieses Gehalt wert sein kann? Warum wieder umstrukturieren, obwohl de Ligt genau der Spieler sein kann, den die Bayern in der Abwehr suchen?
FC Bayern: Ito und Tah sind nicht besser
Stattdessen verpflichtet man Hiroki Ito vom VfB Stuttgart. Ein Spieler, der dem Kader ganz sicher eine neue Note gibt, trotz guter Leistungen bei den Schwaben aber noch nicht nachweisen konnte, auf höchstem Niveau den Anforderungen des FC Bayern gerecht werden zu können.
Und dann ist da das Interesse an Jonathan Tah. Ein Spieler, der jahrelang für seine Inkonstanz kritisiert wurde und im perfekt ausgeklügelten System von Xabi Alonso seine erste Saison auf Top-Niveau absolvieren konnte - und auch das "nur" in der Arbeit gegen den Ball.
Im Spielaufbau nimmt sich Tah heraus, bringt kaum Vertikalität oder Tempo ins Spiel. Bei der EM ist aktuell gut zu sehen, was ihm zur Weltspitze fehlt.
Tah ist solide, sogar gut - aber er ist niemand, für den es sich lohnen würde, jemanden wie de Ligt abzugeben.
FC Bayern: Die Probleme liegen nicht bei den Innenverteidigern
Die Bayern werkeln mal wieder an Baustellen, die sie gar nicht erst hätten aufmachen müssen. Statt de Ligt zu verkaufen, sollte man in München gemeinsam mit Vincent Kompany eher daran arbeiten, die Defensive als gesamte Mannschaft zu stabilisieren.
Denn das Problem waren nicht Niklas Süle, Lucas Hernandez, Benjamin Pavard, Dayot Upamecano oder zuletzt Minjae Kim - das Problem ist, dass die Bayern fußballerisch seit vielen Jahren umherirren und es keine klare Identität auf dem Platz gibt.
Aber vielleicht hat man ja dieses Jahr beim Innenverteidiger-Roulette etwas mehr Glück.