Bundesliga
Keven Schlotterbeck über Bruder Nico, die Ziele beim FC Augsburg und die Rettung mit dem VfL Bochum
- Aktualisiert: 23.12.2024
- 16:52 Uhr
- Michal Swiderski
Keven Schlotterbeck spricht im ran-Interview über die Last-Minute-Rettung mit Bochum, die Aussichten in Augsburg und das Verhältnis zu seinem kleinen Bruder Nico.
Von Michal Swiderski
Es war ein emotionales Jahr für Keven Schlotterbeck.
Erst schaffte der Verteidiger mit dem VfL Bochum in einer dramatischen Relegation erst im Elfmeterschießen gegen Düsseldorf den Klassenerhalt.
Dann feuerte er als Fan seinen Bruder Nico beim Champions-League-Finale, das der BVB gegen Real Madrid verlor, und danach bei der Heim-Europameisterschaft an.
Und schließlich wechselte der vom SC Freiburg zuvor ausgeliehene 27-Jährige im Sommer zum FC Augsburg.
Das Wichtigste in Kürze
Welchen Wert Schlotterbeck dort nach wenigen Monaten bereits hat, zeigte die 1:5-Niederlage am Samstag bei Holstein Kiel.
Denn als er schon nach elf Minuten verletzt ausgewechselt werden musste, führte der FCA noch 1:0, brach danach auch wegen des Fehlens des zentralen Abwehrspielers aber auseinander.
Im Interview mit ran spricht Schlotterbeck unter anderem über die gemeinsame Bundesliga-Karriere mit seinem Bruder und den Weg dorthin.
ran: Keven Schlotterbeck, im Rückblick auf das Jahr dürfte die erfolgreiche Relegation mit Bochum zu Ihren Highlights gehören. Auffällig war nicht nur das Comeback des VfL, sondern auch Ihr Interview bei ran nach dem 0:3 im Hinspiel gegen Düsseldorf, als sie den Klassenerhalt noch nicht abschreiben wollten. Woher kam diese Zuversicht?
Keven Schlotterbeck: Ich sage immer: Ein Spiel ist erst verloren, wenn der Schiedsrichter abpfeift. Egal, ob du 0:1, 0:2 oder wie in der Relegation sogar 0:3 hinten liegst - du kannst mit einem Torschuss die Stimmung wieder aufleben lassen. Dieses Gefühl, gewinnen zu wollen, erweckt in mir ganz Großes. Man möchte immer gewinnen, weil man dann mit einem positiven Gefühl nach Hause gehen kann. Niemand will nach einer Niederlage zwei Tage schmollen, sondern am liebsten jubeln. Das hat sich in den vergangenen Jahren so entwickelt, dass der Sieg über allem steht.
Video: Schlotterbecks Kampfansage an Düsseldorf
ran: Sie sind dann nach der Rettung im Sommer zum FC Augsburg gewechselt, wo Sie von Anfang an Stammspieler waren und auch schon zwei Tore gemacht haben. Ihre Stärke ist aber nicht nur defensiv, sondern auch offensiv der Kopfball. Was ist Ihr Geheimnis?
Schlotterbeck: Es gibt kein Geheimnis. Ich glaube, wenn man einen richtigen Laufweg hat und der Ball gut kommt, dann ist es gar nicht so schwer, den Ball über die Linie zu drücken (lacht). Nein, bei Standardsituationen, wenn die Verteidiger nach vorne gehen, muss vieles passen. Ob ein Block richtig gesetzt wird, ob man den Gegenspieler zur richtigen Zeit abschüttelt und ob der Ball genau auf den Kopf fliegt. Meine Devise ist immer, den Ball aufs Tor zu bringen, weil nur dann kannst du ein Tor erzielen und so versuche ich es Woche für Woche, um der Mannschaft zu helfen.
ran: Ein guter Kopfballspieler ist auch Mats Hummels. Sie haben ihn mal als eines ihrer Vorbilder genannt. Was haben Sie sich denn noch so von ihm abgeguckt?
Schlotterbeck: Seine legendären Außenristpässe schaffe ich mit 27 Jahren noch nicht - die kommen auf den Punkt genau. Mats hat über die Jahre gezeigt, was für ein unfassbarer Spieler er ist. Er hat Weltklasse-Leistungen gezeigt, sodass man natürlich versucht, sich etwas abzuschauen. Wie verteidigt er? Wann kannst du stechen und den Ball attackieren? Lässt du dich lieber fallen? Das lernst du mit der Zeit.
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Jugendturniere statt Urlaub
ran: Sie haben auch einen guten Schuss, vor allem mit links. Ihr Vater soll sowohl Ihren Bruder Nico als auch Sie schon früh in die Richtung trainiert haben. Wie harmonisch ging es damals eigentlich zu?
Schlotterbeck: Es ist klar, dass du als Kind deinen Bruder immer schlagen möchtest. Das hat früh angefangen und hört irgendwie nie auf. Vor allem früher haben wir uns sehr oft darum duelliert, wer die meisten Tore macht - egal ob es zu Hause oder auf dem Sportplatz war.
ran: Als großer Bruder dürften Sie hier einen Vorteil gehabt haben. Wie haben Sie sich damals ihm gegenüber verhalten?
Schlotterbeck: So wie heute. Ich werde immer der Introvertiertere sein. Es ist ein Unterschied wie Tag und Nacht. Man freut sich zwar immer, hat den kleinen Bruder nichtsdestotrotz auch mal gewinnen lassen, damit er abends mit einem guten Gefühl ins Bett gehen konnte.
ran: Stimmt es, dass sie früher kein Taschengeld bekommen haben, weil ihre Eltern sie so viel hin und her fahren mussten? Mussten sie deswegen auf irgendwas verzichten, was sie sich als Kind gewünscht haben?
Schlotterbeck: Der ein oder andere Urlaub ist sicherlich darauf gegangen. Mama und Papa haben ganz viel investiert und uns zum Beispiel auf Jugendturniere nach Köln gefahren, als wir noch jünger waren. Wir waren aber auch zusammen in Portugal. Sie haben alles getan, damit wir glücklich sind und das machen können, was uns am meisten Spaß gemacht hat, nämlich Fußball. Dafür sind wir sehr dankbar und wollen es ihnen zurückgeben, wobei auch eine Portion Glück dazu gehört, dass wir es beide in die Bundesliga geschafft haben.
Video: Schlotterbeck: "Halbes Wohnzimmer zusammengeschrien"
Keven Schlotterbeck über Nicos Verletzung
ran: Zuletzt hat sich Ihr Bruder gegen den FC Barcelona verletzt. Was geht einem da durch den Kopf, wenn man eine solche Schrecksekunde miterlebt?
Schlotterbeck: Es ist umso unglücklicher, wenn es die letzte Situation im Spiel ist. Man zuckt auch zusammen, wenn man die Bilder sieht. Das tut einem weh, auch wenn ich der große Bruder bin. Nichtsdestotrotz hat er den Schmerz überwunden und danach gleich wieder über 90 Minuten gespielt. Das zeigt auch seinen Willen. Trotzdem muss man immer abwägen, wie schwer die Verletzung ist. Diesmal konnte er Gott sei Dank spielen. Es wäre umso schöner gewesen, wenn er in der Situation das Tor noch gemacht hätte. Das eine oder andere Mal darf er dann doch bei mir genauer hinschauen (lacht). Nach dem letzten Spiel in Wolfsburg kann er sich zwei Wochen hinlegen und sein Sprunggelenk ausheilen lassen.
ran: Ihre gemeinsame Bruder-WG mussten Sie wegen Ihres Abschieds aus Bochum aufgeben. War Nico denn, abgesehen vom Dortmund-Spiel Ende Oktober, schon mal bei Ihnen in Augsburg?
Schlotterbeck: Wir haben uns tatsächlich noch gar nicht besucht, weil es zeitlich nicht gepasst hat. Ich wäre gerne zu einem Spiel gefahren, aber wenn du samstags spielst und sonntags Regeneration hast, schafft man es einfach nicht. Jetzt schaue ich, dass es vielleicht in der nächsten Länderspielpause klappt, weil sie in Dortmund an einem Sonntag spielen (Deutschland - Italien, Viertelfinalrückspiel in der Nations League am 23. März, Anm. d. Red.).
ran: Zurück zum FCA: Nach dem 1:5 in Kiel stehen Sie zur Winterpause auf Rang 13. Welchen Tabellenplatz visieren Sie nach den ersten Monaten im Verein zum Saisonende an?
Schlotterbeck: Man muss immer noch wissen, welche Mittel der FC Augsburg zur Verfügung hat. Michael Ströll (Geschäftsführer, Anm. d. Red.) hat es ganz gut auf der Mitgliederversammlung gesagt. Es gibt große Differenzen in puncto Einnahmen. Trotzdem möchtest du jedes Spiel gewinnen. Dass wir dieses Jahr nicht Deutscher Meister werden, steht außer Frage. Ich bin dennoch davon überzeugt, dass sehr viel Talent in der Mannschaft schlummert und wir ein erfolgreiches Jahr gemeinsam spielen können. Wir möchten angreifen, sodass wir nicht nach hinten schauen müssen, sondern eher nach vorne.
ran: International war der FC Augsburg einmal vertreten, 2015/16 in der Europa League. Vergangene Saison holte der Klub als Elfter aber immerhin die beste Platzierung seit neun Jahren und verpasste nur knapp die Conference League. Wäre das ein Ziel?
Schlotterbeck: Ich habe mit ein paar Jungs gesprochen, die an der Anfield Road gespielt haben. Es wäre etwas Schönes, wenn man Liverpool bereisen dürfte, weil es einfach ein unfassbar geiles Stadion ist. Dazu müssen wir punkten, punkten, punkten und schauen am Ende der Saison, was dabei rauskommt.
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Tim Kleindienst als Zugpferd beim Fußball-Manager
ran: Viel wichtiger als das sportliche Abschneiden ist aber natürlich die Frage, wer aktuell in Ihrer Fußball-Manager-Liga führt.
Schlotterbeck: Das ist eine ganz einfache Frage. Da führe ich hinter unserem Physio Nikolaus Guschl, deswegen schaue ich Tag für Tag rein, damit ich die Jungs ein bisschen ärgern kann. Hoffentlich kann ich diesen ersten Platz bis zum Ende sauber verteidigen.
ran: Wer ist Ihr größter Verfolger?
Schlotterbeck: Finn Dahmen hat in den vergangenen Wochen sehr gut aufgeholt. Phillip Tietz ist immer nah dran. Du hast gewisse Differenzen, weil manche Spieler später eingestiegen sind, aber mit Phillip Tietz und unserem Physio habe ich zwei sehr gute Konkurrenten. Zwischen uns liegen auch nur 200 oder 300 Punkte, die man schon an einem Spieltag aufholen kann.
ran: Und welcher Spieler beschert Ihnen aktuell die meisten Punkte?
Schlotterbeck: Ich habe auf meinen Freund Tim Kleindienst (mit ihm hat er zusammen in Freiburg gespielt, Anm. d. Red.) als Zugpferd gesetzt und habe damit ein richtig gutes Pferd. Es ackert und macht Tore. Ich freue mich, wenn ich Woche für Woche lese, dass der Junge trifft.
Keven Schlotterbeck über Weihnachten
ran: Die Feiertage stehen vor der Tür. Wie feiert man Weihnachten im Hause Schlotterbeck?
Schlotterbeck: Wir werden, wie jedes Jahr, zu unserer Familie fahren und gemeinsam die Feiertage verbringen. Dann werden sich die Wege allerdings relativ schnell wieder trennen, weil Kurzurlaub auch mal guttut, um abzuschalten und Energie zu sammeln. Ich freue mich jedenfalls darauf, weil es nicht alltäglich ist, seine Cousins und Onkels zu treffen. Ich freue mich auch, meinen kleinen Bruder wieder persönlich und nicht nur per Facetime zu sehen.
ran: Haben Sie sich bereits auf ein Urlaubsziel für den Winter festgelegt?
Schlotterbeck: Ja, tatsächlich. Es wird nach Österreich gehen. Dort werde ich mir in aller Ruhe die Berge anschauen und freue mich, ein bisschen Wellness machen zu dürfen.