Bundesliga
5 Thesen zum 9. Spieltag: BVB muss im Winter Geld in die Hand nehmen
- Veröffentlicht: 30.10.2023
- 19:12 Uhr
- Daniel Kugler
Der 9. Spieltag der Bundesliga-Saison 2023/24 ist in den Büchern. ran stellt fünf (teils steile) Thesen für den weiteren Saisonverlauf auf.
von Daniel Kugler
Die ersten neun Bundesliga-Spieltage der Saison 2023/24 sind gespielt. Es geht also langsam, aber sicher in Richtung Endspurt vor der Winterpause.
Einige Trends aus den Vorwochen haben sich bestätigt, andere Entwicklungen werden erst jetzt sichtbar.
ran stellt fünf (teils steile) Thesen für den weiteren Saisonverlauf auf.
Mit dabei: Die große Dortmunder Baustelle, Bayerns trügerische Offensivbilanz und die bedenkliche Unioner (Charakter)krise.
Das Wichtigste zur Bundesliga
1. Der BVB hat nach wie vor eine riesige Baustelle und MUSS im Winter tätig werden
Auch wenn die Dortmunder in der Bundesliga bisweilen ungeschlagen sind und auch in der Champions League unter der vergangenen Woche mit dem 1:0 bei Newcastle United ein Ausrufezeichen setzen konnten, drückt der Schuh auf einer bzw. zwei Kernpositionen derzeit bedenklich: Der Außenverteidigung.
Während Julian Ryerson, der sowohl rechts wie links eingesetzt werden kann und bisweilen den stärksten Eindruck auf der defensiven Außenbahn hinterlassen hat, seinen Stammplatz eigentlich so gut wie sicher haben dürfte, fallen seine Positionskonkurrenten im Vergleich deutlich ab.
Gegen die Engländer fehlte der Norweger zuletzt auch noch krankheitsbedingt. Beim Gastspiel bei Eintracht Frankfurt nahm der 25-Jährige dann zwar bereits wieder auf der Bank Platz, kam jedoch noch nicht zum Einsatz. Fehlt der wegen seines kämpferischen Spieltstils bei den Fans so beliebte Ryerson, werden die Schwachstellen des BVB schnell aufgedeckt. Denn auf beiden Seiten fehlt es in der Spitze und wie auch in der Breite im Kader an wirklich überzeugenden Alternativen.
Die SGE stellte dies eindrucksvoll unter Beweis. Dortmund fand über weite Strecken der ersten Halbzeit gegen die gut eingestellten Flügel- und Offensivspieler des Gegners keine adäquaten Mittel. Symbolisch dafür standen die Bilder des mehrfach überfordert wirkenden Sommerneuzugangs Ramy Bensebaini. Heillos überfordert mit Omar Marmoush hob der Algerier häufig hilflos die Hände.
Vom Linksverteidiger, der ablösefrei aus Mönchengladbach gekommen war, haben sich die Dortmunder wohl an beiden Enden des Spielfeldes deutlich mehr erwartet. Der eigentlich offensivstarke 28-Jährige kommt in dreizehn Saisonspielen auf gerade einmal einen mageren Assist - bezeichnenderweise erzielt im DFB-Pokal gegen den Regionalligisten Schott Mainz.
Und auch auf der rechten Seite drückt der Schuh. Marius Wolf, der ebenfalls erst einen Treffer in der Spielzeit vorbereiten konnte, ist ein gehöriges Stück von seiner Topform entfernt, die ihn in jüngerer Vergangenheit bis in die deutsche Nationalmannschaft führte.
Hinter den drei Genannten wird es dann ganz dünn. Der Spanier Mateu Morey arbeitet seit knapp zwei Jahren an seinem Comeback und wird immer wieder in seinen Comebackplänen zurückgeworfen. Auch Routinier Thomas Meunier war zuletzt immer wieder verletzt und sollte immer Sommer eigentlich bereits den Klub verlassen.
Entsprechend muss der BVB hier im Winter aktiv werden. Ein polyvalenter und spielstarker AV, wie der im Sommer zum FC Bayern gewechselte Raphael Guerreiro, soll es laut Sportdirektor Sebastian Kehl sein. Spieler dieser Gütekategorie sind aber rar und nicht gerade günstig. Die Borussia muss diesmal aber anders als im Sommer entsprechende Mittel zur Verfügung stellen, als die Bellingham-Millionen aufgrund der anderen Transfers schnell aufgebraucht waren.
Externer Inhalt
2. Bayerns Offensiv-Bilanz ist durch die Kantersiege gegen Kellerkinder verfälscht
Nach insgesamt drei Platzverweisen und einem torlosen 0:0 zur Halbzeit zerlegten die Münchner die Gäste vom SV Darmstadt 98 in der zweiten Halbzeit nach allen Regeln der Kunst und trugen sich gleich achtmal innerhalb von 38 Minuten in die Torschützenliste ein.
Leroy Sane, Jamal Musiala, Harry Kane und Co. spielten sich förmlich in einen Rausch und machten den Rekordmeister erst zum dritten Team der Bundesliga-Historie, das innerhalb einer Hälfte acht Treffer erzielen konnte.
Mit 34 Toren thronen die Bayern mit gehörigem Abstand sogar noch vor den so begeisternden Leverkusenern und Stuttgartern (jeweils 27 Tore) an der Tabellenspitze.
Ganz so weit, wie es die Tor-Bilanz vermuten lässt, sind die Münchner in der neuen Saison unter Thomas Tuchel in ihrer Entwicklung aber dennoch nicht. Denn über die Hälfte der erzielten Treffer stammt aus Duellen gegen "Kellerkinder der Liga". Vor dem Kantersieg gegen den Aufsteiger ging bereits der VfL Bochum in München komplett unter und fing sich sieben Buden ein. Zum Auftakt in Bremen glückten ebenfalls vier Treffer.
Während gegen die vermeintlich "kleinen Gegner" die Offensivmaschinerie beinahe nach Belieben läuft, stotterte der bayerische Motor gegen die bisherigen Top-Gegner doch noch deutlich mehr. Dies wurde bei beiden Duellen mit RB Leipzig und dem Aufeinandertreffen mit Leverkusen klar ersichtlich, als die pure individuelle Klasse der Einzelspieler nicht mehr allein erfolgsentscheidend war.
Entsprechend sollte man die bisher rekordverdächtig anmutende Statistik der Bayern mit knapp 3,8 erzielten Toren pro Liga-Partie nicht zu hoch hängen und die Gegner bei den jüngsten Schützenfesten, die sich dabei regelrecht in ihre Einzelteile auflösten, im Hinterkopf behalten.
3. Bei Union ist nach dem Erfolg der Vorsaison ein Charakterproblem entstanden
Der freie Fall von Union Berlin geht ungebremst weiter. Mit dem 0:2 in Bremen kassierten "die Eisernen" wettbewerbsübergreifend bereits die zehnte Niederlage am Stück. Nach zwei Siegen zum Saisonstart liegt die Mannschaft von Trainer Urs Fischer mittlerweile nur noch einen Punkt vor dem Relegationsplatz.
Während die Euphorie bei den Fans rund um die Teilnahme an der Königsklasse zwar noch ungebrochen ist, hinterlässt das Gesicht, welches die Mannschaft seit Wochen in der Liga an den Tag legt, große Sorgenfalten.
Esprit, Kampfeswille, Gedankenschnelligkeit. Es fehlt derzeit gefühlt an allem, was Union in der Vergangenheit ausgezeichnet hat.
Die Spieler wirken fahrig, leisten sich immer wieder haarsträubende Fehler. In der Abstimmung untereinander hapert es gewaltig. Von den hochgelobten Neuzugängen konnte bis auf Linksverteidiger Robin Gosens bisher kaum einer nachhaltig unter Beweis stellen, dass er eine große Bereicherung und besser als das vorhandene Personal für die Mannschaft ist.
Kane, Stoppelkamp & Co. - Die weitesten Tore der Bundesliga-Geschichte
Aber auch die Leistungsträger der Vorsaison leisten sich ungewohnte Aussetzer. Innenverteidiger Robin Knoche sollte nach Verletzungspause wieder für mehr Stabilität sorgen, traf gegen Werder per Kopf aber ins eigene Tor. Der lange Zeit ausgefallene Rani Khedira holte sich nach völlig ungestümem Einsteigen wenig später die Rote Karte ab. Und auch Offensivstar Sheraldo Becker ist derzeit mehr am Hadern, als dass er dem Spiel wie gewohnt seinen Stempel aufdrücken kann.
Es ist komplett der Wurm drin bei den Unionern, die auf dem Papier die Mannschaft ohne nennenswerten Abgang eigentlich deutlich aufwerten konnten. Ein Erfolgserlebnis muss her, dass die Mannschaft wieder an die eigene Stärke glauben lässt. Trainer Fischer wirkt von Woche zu Woche jedoch immer ratloser und kommt aus der Erklärungsnot nicht mehr heraus. Noch bekommt der Schweizer zumindest das Vertrauen ausgesprochen.
Abseits der aufmunternden Leistungen in der Champions League gegen Real Madrid und den SSC Neapel muss man mittlerweile aber unverblümt die Charakterfrage stellen. Es wirkt, als wäre einigen Spielern der eigentlich so unerschütterlich und fokussiert auftretenden Berliner der Erfolg aus der vergangenen Saison doch deutlich zu Kopf gestiegen.
4. Hoffenheim schwimmt völlig zu Unrecht total unter dem Radar
In der Vorsaison hing die TSG Hoffenheim noch bis zum Schluss im Abstiegskampf fest. Davon kann in der neuen Saison längst keine Rede mehr sein.
Die Sinsheimer spielen ansprechenden Fußball, zeichnen sich dabei äußerst effizient und auch nach Rückständen oder Gegentreffern geduldig wie seit Langem nicht mehr aus. Gerade auf fremden Platz ist die Mannschaft bisher eiskalt und konnte etwa gegen Aufsteiger Heidenheim ein 0:2 noch in einen Sieg umdrehen.
Die eigene Auswärtsstärke untermauerte auch das 3:2 bei den Höhenfliegern aus Stuttgart eindrucksvoll. Die TSG bleibt durch den fünften Sieg im fünften Spiel die beste Auswärtsmannschaft der Liga und klettert in der Tabelle weiter nach oben.
Pavlovic und Co. - die jüngsten Bundesliga-Debütanten der Saison 2023/24
Trainer Pellegrino Matarazzo hat es geschafft, eine starke Einheit zu formen, die derzeit völlig zu Recht auf dem sechsten Platz liegt und von der Teilnahme an der Europa League träumen darf.
Hinten zeigte Torhüter Oliver Baumann gegen den VfB einmal mehr eine bärenstarke Leistung und hielt einen Elfmeter. Vorne wirbelt weiterhin Offensiv-Überraschung Maximilian Beier.
Der 21-jährige Mittelstürmer ist nach seiner Rückkehr von der zweijährigen Leihe zu Zweitligist Hannover 96 bisher eine der großen Entdeckungen der Saison, erzielte bereits sechs Tore und bereitete zwei weitere in neun Spielen vor.
Es entsteht wieder etwas Großes in Hoffenheim. In dieser Verfassung ist mit der TSG zu rechnen.
5. Dino Toppmöller ist für die Eintracht ein absoluter Glücksgriff
Nach dem 3:3 gegen den BVB ärgerte sich die Eintracht wegen des verpassten Sieges und echauffierte sich über den nicht gegebenen Foulelfmeter in der ersten Halbzeit, der zum womöglich vorentscheidenden 3:0 geführt hätte.
Der überzeugende Auftritt der "Adler" bewies dabei einmal mehr, dass der eingeschlagene Weg unter dem neuen Übungsleiter Dino Toppmöller bei seiner ersten Trainerstation in der Bundesliga eine erstklassige Wahl war.
Nachdem die Amtszeit von Europa-League-Sieger-Trainer Oliver Glasner unschön zu Ende gegangen war, hat sich Frankfurt bereits nach wenigen Monaten neu erfunden und eindrucksvoll auf die empfindlichen Abgänge von Säulen wie den Mittelfeldspielern Jesper Lindström und Djibril Sow und Stürmer-Star Randal Kolo Muani reagiert.
Die Eintracht-Geduld hat zahlt sich jetzt schon aus, die zahlreichen Transfer fruchten eindrucksvoll. Offensiv-Neuzugang Marmoush, der gegen Dortmund doppelt traf, befindet sich in Top-Form. In der Innenverteidigung ist Willian Pacho gesetzt, im zentralen Mittelfeld zieht der langjährige Kölner Ellyes Skhiri eindrucksvoll die Fäden. Und auch sein Nebenmann Hugo Larsson deutete mit gerade einmal 19 Jahren gegen den BVB an, was für ein Rohdiamant der Eintracht da ins Netz gegangen ist.
Toppmöllers Konzept geht derzeit voll auf, auch wenn Routinier Mario Götze wie am Wochenende mal nur auf der Bank kommt. Der befürchtete Einbruch nach dem Abgang von Kolo Muani blieb aus. Ohne klaren Mittelstürmer-Ersatz hat die SGE den Verlust eindrucksvoll weggesteckt und ein System gebaut, das auch ohne den Franzosen gegen Top-Gegner bestehen kann.
Nach zwei Siegen und dem Punktgewinn gegen die Dortmunder rangiert die Eintracht mit 14 Punkten aussichtsreich auf Rang sieben der Tabelle und wahrt den Anschluss an das internationale Geschäft.