Jörg Schmadtke und die Trainer
Zoff mit Oliver Glasner: Jörg Schmadtke und die schwierige Trainer-Historie
- Aktualisiert: 10.11.2020
- 10:16 Uhr
- ran.de/ Tim Althoff
Nach der öffentlichen Kritik an Geschäftsführer Jörg Schmadtke steht Wolfsburg-Trainer Oliver Glasner vor dem Aus. Der Österreicher ist bei weitem nicht der erste Trainer, der sich öffentlich mit Schmadtke überwirft.
München - "Manchmal stimmt die Chemie einfach nicht."
Das sagte Jörg Schmadtke zur "Bild"-Zeitung als er auf sein Verhältnis mit Bruno Labbadia angesprochen wurde. Mehr habe sich zwischen dem Trainer und dem Geschäftsführer Sport "einfach nicht entwickelt."
Labbadia, der den VfL erst über die Relegation vom Abstieg bewahrte und kurz darauf in die Europa League führte, zog daraufhin die Reißleine. Er Vertragsverlängerung kam nicht mehr in Frage, stattdessen zog es ihn zu Hertha BSC.
"Eine weitere Zusammenarbeit wäre für den VfL nur zielführend und sinnvoll, wenn ein konsequenter fachlicher Austausch zwischen den sportlichen Verantwortlichen über die gesamte Saison gegeben wäre. Da unsere Vorstellungen nicht zu 100 Prozent übereinstimmen, habe ich für mich diesen Entschluss gefasst", so Labbadia in seinem Statement.
VfL Wolfsburg: Das Transferziel in der Offensive wurde nicht erreicht
Als Ersatz engagierte Schmadtke im Sommer 2019 Oliver Glasner. Der Österreicher, der mit dem Linzer ASK Erfolge verbuchen konnte, schaffte es umgehend, an den Erfolg Labbadias anzuknüpfen und ist nun der erste Wolfsburger Trainer, der eine Europa-League-Qualifikation verteidigen konnte.
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Jetzt steht allerdings auch Glasner vor dem Aus. Mit elf Punkten nach zwei Siegen und fünf Unentschieden ist der VfL in der Bundesliga zwar noch ungeschlagen, jedoch scheint es in der Kommunikation mit der Geschäftsführung mal wieder nicht zu stimmen.
Glasner offenbarte in einem Interview mit "Sky", er hätte einen Spieler mit "Tempo und Tiefgang" holen wollen. Das hätte man aber halt nicht geschafft. Eine Spitze gegen Schmadtke, die der Trainer nur kurz darauf wiederholte: "Ich habe nur gesagt, dass wir das Transferziel in der Offensive nicht erreichen konnten."
Der Geschäftsführer reagierte daraufhin vorerst recht ruhig. Er fände die Aussagen nicht gut. Der Zeitpunkt sei unglücklich. Ja, kann man so festhalten.
Jörg Schmadtke: "Das ist nicht das Phantasialand"
Dann wurde er allerdings doch noch deutlicher. "Die Vorstellungen, die von ihm kamen, waren nicht realisierbar", zitiert ihn der "Sportbuzzer". "Das ist ja nicht Phantasialand hier. Man kann nicht Dinge haben wollen, die unrealistisch sind."
Zwar ging eine Entlassung Glasners bereits halb durch die Medien, eine baldige Trennung stehe aber nicht im Raum. Dabei verweist Schmadtke darauf, in seiner gesamten Laufbahn erst zwei Trainer entlassen zu haben. Guido Buchwald in Aachen und Andreas Bergmann in Hannover.
Das mag soweit durchaus richtig sein, für ein gesundes Arbeitsverhältnis zu seinen vorherigen Trainern spricht das allerdings noch lange nicht.
Vor dem freiwilligen Abgang Labbadias, der nicht mehr unter Schmadtke arbeiten wollte, war es zwei Mal der Geschäftsführer selbst, der seinen Verein aufgrund einer schlechten Beziehung zu seinem Chefcoach verlassen musste.
Jörg Schmadtke und der plötzliche Erfolg beim 1. FC Köln
Dabei lief es von 2013 bis 2017 eigentlich so gut. Als Peter Stöger schon als Trainer beim 1. FC Köln feststand, wurde der gebürtige Düsseldorfer Schmadtke als Geschäftsführer Sport hinzugeholt. In der Domstadt schrieb das Duo dann Geschichte.
Nach dem Aufstieg und soliden Bundesliga-Saisons im Mittelfeld der Abschlusstabelle gelang in der Saison 2016/2017 die Sensation. Der 1. FC Köln wurde Fünfter und qualifizierte sich zum ersten Mal für den Europapokal.
Schmadtke, Stöger, der erweiterte Trainer-Stab und Co-Geschäftsführer Alex Wehrle pflegten ein freundschaftliches Verhältnis. Nach den Spielzeiten fuhren die Verantwortlichen sogar für ein paar Tage in den gemeinsamen Urlaub.
Bis es im Sommer 2017 plötzlich zum Bruch kam. "Irgendetwas hat sich im Sommer zwischen uns verändert", so Schmadtke im Interview mit "11 Freunde" über seine Beziehung zum Wiener Cheftrainer. "Die Kommunikation war nicht mehr so wie zuvor."
1. FC Köln: Modeste-Transfer wird zum Stolperstein
Top-Stürmer Anthony Modeste, der mit 25 Saisontoren die Lebensversicherung des FC war, wurde für satte 35 Millionen Euro nach China verkauft. Schmadtke ersetzte ihn mit 17-Millionen-Einkauf Jhon Cordoba, der eine ganze Saison brauchen sollte, um seinen Wert auch nur im Ansatz gerecht zu werden.
"Eine Transferperiode ist enorm belastend. Ein ständiges Abwägen. Sollen wir das viele Geld investieren oder nicht? In dieser Phase fehlte mir mitunter der Gegenpart. Ich hatte den Eindruck, ich ginge dem Coach mit diesen Dingen eher auf die Nerven."
Die Transfers rund um Cordoba, Jannes Horn und Jorge Mere schlugen nicht ein, der FC spielte die schlechteste Hinrunde der Vereinsgeschichte.
"Es mag sein, dass wir beide die Kommunikation untereinander in der komplizierten Transferperiode etwas haben schleifen lassen", räumte auch Stöger hinterher ein.
Der Wiener sollte dementsprechend Schmadtkes dritte Trainer-Entlassung werden - doch die Klubführung spielte nicht mit.
"Es bestand keine Einigkeit in den Gremien, wie wir in der Trainerfrage entscheiden. Deshalb empfand ich mich als handlungsunfähig." So löste der bis dato erfolgreiche Geschäftsführer seinen Vertrag für eine stattliche Abfindung von kolportierten 3,3 Millionen Euro auf. Peter Stöger mussten den Verein nur wenige Wochen später ebenfalls verlassen.
Jörg Schmadtke: Auch in Hannover scheitert es an Transfers
Ähnlich lief es in Hannover ab. Von 2009 bis 2013 leistete Schmadtke hervorragende Arbeit als Sportdirektor und Geschäftsführer. Unter anderem erreichte er mit 96 das Viertelfinale der Europa League. Für ein gutes Verhältnis zu seinem Trainer konnte jedoch auch der Erfolg nicht sorgen.
So soll er sich mit Mirko Slomka teilweise nur per E-Mail ausgetauscht haben. Erneut soll es am Thema Transfers gescheitert sein.
"Er wollte, dass ich seine Vorschläge umsetze, und da waren Personalien dabei, die nach meiner Ansicht völlig deplatziert waren", erklärte Schmadtke gegenüber "11 Freunde".
"Die Situation eskalierte, nachdem wir uns vor dem Abstieg gerettet hatten. Es war relativ klar, dass er bei einem Abstieg nicht in Hannover bleiben würde. Ich hatte schon ohne sein Wissen zwei Spieler geholt: Lars Stindl und Moritz Stoppelkamp. Als es dann doch weiterging, fühlte er sich hintergangen und sagte: Was soll ich mit Zweitligaspielern? Ab da wurde die Zusammenarbeit schwierig."
Während einer Krisensitzung mit Klub-Boss Martin Kind soll Schmadtke schließlich um die Auflösung seines Arbeitsvertrags gebeten haben. Im Zuge dessen wurde in den Medien immer wieder von einem verlorenen Machtkampf geredet.
Schmadtke und Slomka "mieten sich kein Wohnmobil"
"Es ist Fakt, dass Mirko und ich nicht zusammen ein Wohnmobil mieten, durch Kanada fahren und Grizzlies jagen - das weiß jeder", sagte er noch während seiner Amtszeit. Ein Satz, der nur zu gut zu Schmadtke passt.
So watschte er Glasner kürzlich mit seiner Phantasialand-Aussage ab und 2019 stellte er fest, er werde mit Labbadia "keine Kochrezepte austauschen oder einen gemeinsamen Urlaub planen."
Die gegenwärtigen Schwierigkeiten mit den Trainern werden gerne mit blumiger Wortwahl runtergespielt. Am Ende muss trotzdem immer einer gehen.
Zwar soll Glasner nicht auf die Schnelle entlassen werden, es ist aber eher unwahrscheinlich, dass der Salzburger seinen Vertrag bis 2022 erfüllt.
Die Chemie scheint - mal wieder - einfach nicht zu stimmen.
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