Champions league
BVB: Risiko steht Borussia Dortmund immer noch am besten
- Aktualisiert: 14.12.2023
- 10:00 Uhr
- Justin Kraft
Borussia Dortmund schließt die Gruppenphase der Champions League mit einem 1:1 im Heimspiel gegen Paris Saint-Germain ab. Altbekannte Probleme zeigen sich auch gegen PSG, doch die veränderte Ausrichtung mit mehr Risiko tat dem BVB gut. Ein Kommentar.
"Man kann sich ganz viele Pläne ausmalen vor einem Spiel", sagte Edin Terzic nach dem Remis gegen Paris Saint-Germain bei "DAZN": "Aber das allerwichtigste ist die Aktivität." Im Finden von richtigen Worten, das ist weit über die Grenzen Dortmunds bekannt, ist der 41-Jährige einer der Besten.
Das Problem mit Terzic in den vergangenen Wochen und eigentlich auch Monaten ist eher, dass Worte wie "Aktivität" oder auch "Mut" nicht von seinen Spielern auf den Platz transferiert wurden. Gegen die besten Teams der Bundesliga – Leverkusen, Stuttgart und die Bayern – ergab sich der BVB meist zu schnell seinem Schicksal.
Passiv, tief verteidigend, mit viel zu langen Wegen im Umschaltspiel – das ist nicht der Stil, mit dem Borussia Dortmund erfolgreich sein wird. Es ist nicht der Stil, der diesen Klub einst erfolgreich gemacht und so viele Menschen begeistert hat.
Das Wichtigste zur Champions League
Kein Trainer wird den Vergleich mit Jürgen Klopp jemals gewinnen, doch es wird auch keinen Trainer geben, der die Herzen der BVB-Fans mit schläfrigem, halbherzigem Defensivfußball erobert.
BVB: Edin Terzic trifft die richtige Entscheidung
Deshalb war es die richtige Entscheidung von Terzic, den Ansatz zu verändern. Nach eigenen Angaben habe er das bereits vor dem Leipzig-Spiel entschieden. Mit der frühen roten Karte gegen Mats Hummels war die Leistung nur schwer einzuordnen, doch auch da hatte der BVB gute, weil sehr aktive Phasen mit hohem Pressing.
Im Umfeld der Dortmunder war deutlich weniger Unzufriedenheit zu spüren. Gegen Paris Saint-Germain war es ähnlich. Dortmund presste hoch, setzte einen individuell überlegenen Gegner unter Druck und erarbeitete sich in einer starken Anfangsphase mit Marius Wolf den ersten gefährlichen Abschluss des Spiels (14.).
"Ich glaube, dass wir heute ganz gut die Räume gefunden haben, dass wir immer rotiert sind, dass wir Gegenspieler weggezogen haben", analysierte Marco Reus hinterher. Terzic wählte mit ihm, Julian Brandt, Jamie Bynoe-Gittens, Karim Adeyemi und Niclas Füllkrug eine sehr offensive Aufstellung. Salih Özcan war der einzige defensivorientierte Mittelfeldspieler.
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BVB vs. PSG: Die Stars von Borussia Dortmund in der Einzelkritik
Man habe dadurch, so Reus weiter, Füllkrug "mehr ins Spiel bekommen". Der DFB-Stürmer war ein Fixpunkt für die insgesamt ziemlich dynamische und sehr bewegliche Offensivreihe. Aktivität, Mut, Lust darauf Fußball zu spielen, statt zu zerstören – Borussia Dortmund muss wegkommen von der ewigen Mentalitätsdebatte und der damit verbundenen Assoziation von Arbeiterfußball.
BVB: Passivität als falsche Reaktion
Denn dass sie genau das nicht sind und auch nicht gut können, zeigte sich in den schwächeren Phasen gegen PSG. Direkt nach der Wolf-Chance kam PSG ins Rollen, erspielte sich drei, vier richtig gute Torchancen. "Ärgerlich waren die Ballverluste im Mittelfeld, das wird auf dem Niveau normalerweise bestraft", sagte Reus: "Heute hatten wir ein bisschen Glück."
Auch hierfür hatte Terzic passende Worte: Es werde immer Phasen geben, in denen "mal Dinge nicht funktionieren". Die Frage sei, wie man damit umgehe: "Bleiben wir dann weiter auf dem Vorderfuß? Oder werden wir dann passiv?"
Gegen PSG wurde der BVB nach der aktiven und starken Anfangsphase erneut zu passiv, ließ sich den Schneid abkaufen und zog sich verunsichert zurück. Wenn es noch einen Beweis dafür gebrauch hat, wie schlecht diese Spielweise der Borussia steht, dann war dieser dadurch endgültig erbracht.
BVB: Risiko statt Mauerfußball!
Dortmund raffte sich auf. In der zweiten Halbzeit startete man wieder "auf dem Vorderfuß", setzte Paris unter Druck und erzielte das 1:0 nach einer starken Pressing-Situation von Ramy Bensebaini, der als Linksverteidiger im Angriffsdrittel anlief.
Mit diesem Kader wird Terzic keinen Weg zu konstanter Stabilität finden. Dafür fehlt auf entscheidenden Positionen zu viel Qualität. Ob er versucht ein Defensivbollwerk zu errichten oder ob er alles nach vorn schickt, macht hinsichtlich der Fehlerquote keinen signifikanten Unterschied.
Auch gegen Paris Saint-Germain war der BVB in Sachen Chancenqualität unterlegen. Die Gäste kamen auf 2,73 Expected Goals, Dortmund lediglich auf 1,08. Es wäre nicht angebracht, die Leistung des BVB zu euphorisch zu bewerten.
Doch psychologisch macht der aktive und tatsächlich mutige Ansatz einen gewaltigen Unterschied. Für die Schwarzgelben lief es in den letzten Monaten häufig besser, wenn Terzic sich für mehr Spieler auf dem Platz entschied, die nach spielerischen Lösungen suchen und offensiv denken.
Spieler wie Adeyemi oder auch Füllkrug zeigten durch den Offensivmut der Mitspieler deutlich bessere Leistungen als zuletzt. Auch das Westfalenstadion lässt sich eher von einem Team mitreißen, das sein Herz beim Versuch Tore zu erzielen, auf dem Platz lässt.
Der Weg, um dem eigenen Anspruch gerecht zu werden, ist für alle Beteiligten in Dortmund nach wie vor sehr weit. Doch eine Erkenntnis sollte nach den letzten Tagen und Wochen ganz oben stehen: Risiko steht diesem BVB deutlich besser als Mauerfußball.