Champions League
FC Bayern, BVB und Co.: Das sind die Bundesliga-Erkenntnisse zum ersten Spieltag in der Champions League
- Veröffentlicht: 19.09.2024
- 23:49 Uhr
- Justin Kraft
Der erste Spieltag in der Champions League ist vorbei – und für die deutschen Teams lief es überwiegend gut. Die Erkenntnisse aus der Perspektive der Bundesliga.
Deutliche Siege, spektakuläre Tore und fast ein Achtungserfolg gegen Real Madrid – die Bundesliga hat das eine oder andere Ausrufezeichen in der neuen Champions League setzen können. Nur RB Leipzig fiel etwas ab.
Und doch gab es bei allen fünf deutschen Teilnehmern neben den Dingen, die richtig gut liefen, auch solche, die für die kommenden Spieltage ausbaufähig sind. ran hat die wichtigsten Erkenntnisse zum Auftakt in der Königsklasse.
VfB Stuttgart: An der Sensation geschnuppert
Gegen den amtierenden Champions-League-Sieger zu spielen und dann auch noch auswärts, war sicher nicht die dankbarste Aufgabe am ersten Spieltag für den VfB Stuttgart. Die Schwaben nahmen diese Herausforderung aber an und zeigten eine sehr ansprechende Leistung.
Im ersten Durchgang gab es gleich mehrere Chancen für den Bundesligisten, in Führung zu gehen. Enzo Millot (8.) und Angelo Stiller (16.) vergaben große Möglichkeiten, auch weitere Angriffe waren vielversprechend. Selbst als man direkt nach der Halbzeit die kalte Dusche nehmen musste und mit 0:1 zurücklag, ließ sich der VfB nicht hängen.
Das Wichtigste in Kürze
Deniz Undav glich aus und brachte Stuttgart auf Kurs für ein hochverdientes Unentschieden. Erst in der 83. Minute wurde die Partie durch einen Standard entschieden. Ein Konter in der Nachspielzeit stellte für Real auf 3:1 – zu hoch. Alle relevanten Statistiken unterstreichen, dass es ein ausgeglichenes Spiel war. Eines, das den Stuttgartern zeigt, dass sie mit den Besten mithalten können.
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VfB Stuttgart: Die Reife fehlt noch
Am Ende lässt sich der Unterschied zu den Königlichen auf den Faktor Reife herunterbrechen. Während Madrid erfahrungsgemäß aus einer halben Chance zwei Tore macht, hat der VfB zu viel Aufwand für zu wenig Ertrag betrieben.
Angesichts der fehlenden Erfahrung auf diesem Niveau überrascht das kaum. Doch wenn die Stuttgarter nicht abgezockter werden, droht eine Vorrunde mit vielen tollen Erlebnissen, guten Auftritten, aber zu wenig Punkten. Hier müssen die Schwaben schnell dazulernen.
FC Bayern München: Spektakulärer Rekordsieg und erste Ansage
Mit Blick auf ein mögliches Finale dahoam 2.0 hat der FC Bayern München in der Champions League viel vor. Diese Ambitionen haben sie am ersten Spieltag gleich unterstrichen. Mit 9:2 gewannen sie gegen Dinamo Zagreb. Neun Tore sind in diesem Wettbewerb seit Umstrukturierung Anfang der Neunziger noch keinem Team in einer Partie gelungen.
Die Bayern sind offensiv ins Rollen gekommen. Hohe Dynamik, viel Spielfreude und entsprechend großer Druck auf die gegnerische Abwehr – im Moment ist der FCB kaum zu stoppen. Zumindest nicht von den Gegnern, die dem Rekordmeister bisher vor die Flinte gelaufen sind.
Trotzdem wird die in den letzten Jahren etwas schmaler gewordene Brust des FC Bayern wieder breiter. Die positive Energie und die viel offensivere Herangehensweise scheinen dem Team Auftrieb zu geben.
FC Bayern München: Plötzlicher Kontrollverlust sorgt für Zweifel
Zu sehr euphorisieren lassen sollten sich die Bayern aber nicht. Einerseits war der Gegner dafür zu schwach. Zagreb öffnete Räume für Jamal Musiala und Co., die auf diesem Niveau sofort bestraft werden. Mitunter sah das aus wie ein Trainingsspiel des FCB.
Andererseits gab es da diese Minuten nach dem Seitenwechsel, in denen die Bayern fast schon überheblich und leichtfertig agierten. Plötzlich war die Kontrolle weg. Plötzlich stand es statt 3:0 fast 3:3. Immer wieder gab es solche Phasen in der vergangenen Saison. Auch in dieser können es die Bayern bisher nicht gänzlich abstellen.
Die Defensive wackelt mitunter bedenklich. Solange man vorn die Tore macht, lässt sich das Thema herunterspielen. Nur sollte man sich nicht darauf verlassen, dass das immer gelingt. Die ersten echten Gradmesser kommen in den nächsten Spielen.
Borussia Dortmund: Abgezockt und mit starker Bank
Für den BVB gilt das mit den Gradmessern ebenso. Wobei der FC Brügge gerade in der ersten Halbzeit eine zähe Angelegenheit für Borussia Dortmund war. Am Ende der Partie aber zogen die Schwarzgelben das Spiel auf ihre Seite – und das bleibt schließlich positiv hängen.
Dortmund hat auch in der hochgelobten vergangenen Saison viele Spiele in der Champions League gehabt, in denen sie viele hochkarätige Chancen zugelassen haben, mit dem Quäntchen Glück und dem richtigen Riecher in entscheidenden Situationen aber dennoch gewannen.
Diskussion beendet - Musiala soll einfach zocken
Hier scheint der BVB erneut anzusetzen. Über einen Rückstand hätte man sich kaum beschweren können. Doch Brügge traf nicht, lief sich müde und bezahlte gegen eine starke Dortmunder Bank die Rechnung. Jamie Gittens und Serhou Guirassy besorgten ein in der Schlussphase ungefährdetes 3:0.
Wie weit einen allein das Selbstvertrauen durch Siege tragen kann, hat man letzte Saison gesehen.
BVB darf sich nicht aufs Glück verlassen
Und doch sollte sich der Finalist der Vorsaison nicht darauf verlassen, dass die Gegner ihre Chancen weiterhin so liegen lassen, wie sie es in der abgelaufenen Spielzeit getan haben.
Bisher schaffen es die Dortmunder nicht, einen Rhythmus über ein gesamtes Spiel zu halten. Immer wieder gibt es Phasen, in denen einfache Fehler im Pass- oder Stellungsspiel den Gegner unnötig in die Partie holen.
Mit Celtic und Real Madrid warten jetzt zwei schwere Aufgaben auf den BVB. Es wird eine Leistungssteigerung brauchen. Und es muss der Anspruch sein, häufiger die Kontrolle über ein Spiel zu übernehmen.
Bayer Leverkusen: Gefestigt wie eh und je – in Ballbesitz
Für Bayer Leverkusen ist die neue Champions-League-Saison fast makellos gestartet. Mit 4:0 haben sie Feyenoord besiegt. Dabei haben sie alle Qualitäten gezeigt, die sie in der historischen letzten Saison ausgezeichnet haben: Eine gute Kontrolle im Spiel mit dem Ball, schnelle und technisch starke Offensivspieler und eine Effizienz im Angriffsspiel, von der viele träumen.
Viele Chancen hat Leverkusen deshalb nicht gebraucht. Die Werkself führte bereits zur Pause mit 4:0, konnte danach einen Gang herausnehmen. Für Xabi Alonso war dieses Spiel die Bestätigung, dass man sich auch in dieser Saison auf die Strukturen im Ballbesitzspiel verlassen kann, um Spiele zu kontrollieren und schließlich auch zu dominieren.
Defensiv wackelt Leverkusen ungewohnt stark
Und doch muss der Spanier etwas genauer hinsehen, wenn er dieses 4:0 im Nachgang analysiert. Zwei knappe Abseitsgegentore, einige weitere gute Chancen für die Niederländer – Leverkusen hätte das eine oder andere Tor kassieren können.
Das Problem ist nicht neu. Auch in der Bundesliga wackelt Bayer defensiv, hat bereits sechs Gegentore nach drei Partien kassiert. Sowohl im zentralen Mittelfeld, wo Robert Andrich seiner Form etwas hinterherläuft, als auch in der Viererkette passieren zu viele individuelle Fehler.
Bei Umschaltsituationen des Gegners gibt es zudem große Lücken. Es gibt noch einiges an Arbeit, um die Erfolgsgeschichte in der Königsklasse weiterschreiben zu können.
RB Leipzig kann hohe individuelle Qualität andeuten
Wie der VfB Stuttgart musste auch RB Leipzig zum ersten Spieltag nach Madrid reisen – allerdings ging es gegen Atletico. Leipzig verlor gegen die Spanier mit 1:2. Zu Beginn des Spiels und auch in Phasen der zweiten Halbzeit zeigte das Team von Marco Rose dabei, dass es über herausragende Fußballer verfügt.
Wenn Xavi Simons, Benjamin Sesko, Lois Openda und Co. ihr Tempo und ihre technischen Fähigkeiten ausspielen können, hat auch eine gut organisierte Defensive wie die von Atletico Madrid ihre Schwierigkeiten.
Aber auch defensiv zeigten mit Castello Lukeba und Peter Gulacsi zwei Spieler, dass sie Champions-League-Niveau haben. Die beiden verhinderten einen Rückstand gleich mehrfach mit Klärungs- und Rettungsaktionen. Leipzig kann mit Mannschaften wie Atletico mithalten und hat im Kader die Qualität dafür. Diese positive Erkenntnis bleibt.
RB Leipzig: Als Mannschaft Luft nach oben
So gut die individuelle Qualität auch ist, so sehr muss aber auch die Frage aufkommen, warum diese nur in wenigen Phasen aufblitzen konnte. Mit Atletico hatte man zwar einen sehr schweren Gegner und es ist kaum möglich, dessen Stärken über 90 Minuten zu verhindern.
Nur zeigte sich gegen die häufig sehr clever gegen den Ball agierenden Spanier, dass Leipzig mannschaftstaktisch auf diesem Niveau Probleme bekommt. So gab es vor allem zwei Aspekte, die dem Gegner in die Karten gespielt haben.
Der Spielaufbau war behäbig, vorhersehbar und zu unpräzise. Immer wieder liefen die Leipziger in die Pressingfallen von Atletico und mussten so unangenehme Umschaltsituationen hinnehmen. Und der zweite Aspekt betraf das eigene Umschaltspiel. Obwohl der Gegner durchaus Räume angeboten hat, brachte RB kaum Angriffe zum Abschluss. So war die Niederlage dann auch verdient.
Champions League: Und der Modus?
Der erste Spieltag der neuen Champions League steht damit in den Büchern. Bleibt noch eine Frage: Hat der Modus grundlegend etwas verändert?
Bisher eher nicht. Die Champions League bleibt – und das lässt sich nach nur einem Spieltag bereits feststellen – das Spektakulärste, was der europäische Klubfußball zu bieten hat. Volle Stadien, große Emotionen und packende Spiele – alles war dabei.
Was sich aber definitiv verändert hat: Die Bedeutung eines einzelnen dieser acht Vorrundenspiele ist ein bisschen gesunken. Zwar wird häufig darüber gesprochen, dass jedes Tor und jeder Punkt von großer Wichtigkeit sind, doch eigentlich ist es durch die neue Zwischenrunde sogar einfacher geworden, in die K.-o.-Phase einzuziehen.
FC Bayern dominiert Dinamo Zagreb: Die höchsten Siege der Champions-League-Geschichte
Insgesamt werden nur zwölf von 36 Mannschaften ausscheiden. Zwar entfällt auch die Möglichkeit, in die Europa League abzusteigen, doch nach dem achten Spieltag werden 24 Mannschaften eine positive Deutungsmöglichkeit ihres Abschneidens finden können.
Schaut man auf die Ergebnisse des ersten Spieltags, deutet sich aber ohnehin an, dass es keine Überraschungen riesigen Ausmaßes geben wird. Die Reformen der UEFA in den letzten Jahrzehnten haben allesamt eine Zwei- oder Mehrklassengesellschaft in Europas Fußballelite begünstigt. Das ist allen klar.
Ob der neue Modus sportlich jetzt irgendetwas besser oder schlechter macht, bleibt abzuwarten. Die erste Tendenz ist, dass sich weniger verändert, als es der durchaus einschneidende Eingriff nahelegen würde.