Champions League
FC Bayern - Gegner Benfica Lissabon im Check: (Fast) perfekt seit Schmidts Entlassung
- Veröffentlicht: 06.11.2024
- 12:50 Uhr
- Chris Lugert
Für den FC Bayern steht in der Champions League das Heimspiel gegen Benfica Lissabon auf dem Programm. Die Portugiesen trennten sich kurz nach Saisonstart von Roger Schmidt - und drehten danach mächtig auf. Was können die "Adler" in München ausrichten?
Von Chris Lugert
Eine 0:4-Klatsche in der Champions League? Für Diego Simeone eigentlich ein seltenes Gefühl. Nur zweimal war ihm das als Trainer von Atletico Madrid passiert: 2020 beim FC Bayern und zwei Jahre zuvor in Dortmund, beide Male in der Gruppenphase.
Ohnehin hat sich der Argentinier längst den Ruf erarbeitet, seine Mannschaften vor allem defensiv in Bollwerke zu verwandeln, die für den Gegner nur schwer zu überwinden sind. Soll heißen: Wenn jemand vier Tore gegen Atletico erzielt, ist das ein Zeichen von Qualität.
Vor wenigen Wochen war es dann wieder so weit, nach allen Regeln der Kunst wurde Atletico auseinandergenommen. Auch an jenem 2. Oktober 2024 stand am Ende ein 4:0 auf der Anzeigetafel. Schauplatz dieses Mal: das Estadio da Luz in Lissabon. Der übermächtige Gegner an diesem Abend? Benfica Lissabon.
Simeone kam nicht umher, nach dieser Packung den Gegner zu loben. "Sie haben aus jedem unserer Fehler Kapital geschlagen. Sie waren entscheidungsfreudig und haben den Sieg zweifellos verdient", sagte der Atletico-Coach.
Jene Offensivgala von Benfica dürfte inzwischen auch in München ein Thema sein. Am Mittwochabend (ab 21:00 Uhr im Liveticker) hat der FC Bayern die "Aguias", zu Deutsch die "Adler", zu Gast in der Allianz Arena. Es kommt ein Team, das zuletzt (fast) unschlagbar war.
Das Wichtigste in Kürze
Großen Anteil daran hat ein Mann, der vor der Saison gar kein Thema bei Benfica gewesen ist. Seit Anfang September ist Bruno Lage zum zweiten Mal Trainer des portugiesischen Rekordmeisters, er trat die Nachfolge von Roger Schmidt an.
Bruno Lage beerbte Roger Schmidt
Der Deutsche war einer der zahlreichen Namen, die genannt wurden, als die Bayern ihrerseits nach dem feststehenden Abschied von Thomas Tuchel einen neuen Coach suchten. Schmidt selbst sagte schließlich ab, er wollte seinen Vertrag bei Benfica bis 2026 erfüllen.
Dazu kam es nicht mehr. Ein vor allem spielerisch durchwachsener Saisonstart inklusive einer Niederlage bei Famalicao und einem Remis bei Moreirense kostete Schmidt den Job. Lage wurde geholt und hat seither eine nahezu weiße Weste.
Von zehn Pflichtspielen wurden neun gewonnen, darunter das 4:0 gegen Atletico. Zur Wahrheit gehört aber auch: Die einzige Niederlage war vor zwei Wochen ein 1:3 in der Champions League zu Hause gegen Feyenoord Rotterdam. Eine Pleite, die aus dem Nichts kam - und die Anschauungsunterricht bot, wo Benficas Schwächen liegen.
In der Abwehr verfügt Routinier Nicolas Otamendi über viel Erfahrung, aber wenig Tempo. Neben dem Argentinier spielt seit dieser Saison Tomas Araujo, der Antonio Silva verdrängt hat und jüngst sogar selbst mit einem Wechsel zum FC Bayern in Verbindung gebracht wurde. Wenn die beiden tatsächlich mal gefordert werden, bekommen sie schnell Probleme.
Die Qualität in der portugiesischen Liga ist dafür kein Gradmesser, zumal die Spiele gegen den Erzrivalen FC Porto, gegen den amtierenden Meister und Stadtrivalen Sporting sowie das Duell mit Sporting Braga erst noch kommen. Auch die Außenverteidiger Alexander Bah und Alvaro Carreras haben im Alltag nur selten mit der Klasse eines Michael Olise, Leroy Sane oder Kingsley Coman zu tun.
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Ex-Heidenheimer Beste meist nur Joker
Nur eine Nebenrolle unter Lage spielt der im Sommer vom 1. FC Heidenheim gekommene Jan-Niklas Beste. In der Champions League kam der 25-Jährige dreimal von der Bank, auch in der Liga blieb ihm meist nur die Jokerrolle. Immerhin: Gegen Atletico bereitete er nach seiner Einwechslung ein Tor vor.
Setzt Lage auf sein bevorzugtes 4-3-3-System, kommt Beste auf dem linken Flügel dennoch nicht am türkischen Neuzugang Kerem Aktürkoglu vorbei. Ohnehin ist Aktürkoglu der Spieler der bisherigen Saison bei Benfica. Elf Torbeteiligungen in neun Pflichtspielen für die Portugiesen sind eine Hausnummer, in allen drei bisherigen Champions-League-Spielen traf er.
Gemeinsam mit Mittelstürmer Vangelis Pavlidis, einst beim VfL Bochum aktiv, und Altstar Angel Di Maria bildet er die Sturmreihe bei Benfica. Die ganz große Dynamik und Spritzigkeit von einst hat Di Maria nicht mehr, dennoch ist er mit seiner Qualität jederzeit in der Lage, ein Spiel zu entscheiden. Zumal er mit der Erfahrung von 110 Champions-League-Spielen aufwarten kann.
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Eine weitere wichtige Personalie ist Orkun Kökcü, der als Spielmacher die Fäden im Mittelfeld zieht. Dabei wechselt der Türke situativ zwischen der Achter- und der Zehnerposition hin und her und versteht es mit seiner Kreativität, Chancen herauszuspielen. Unter Schmidt war Kökcü in der Vorsaison lange nur Mitläufer, inzwischen ist er gesetzt.
Bilanz spricht klar für Bayern
Dennoch gehen die Bayern als haushoher Favorit ins Spiel. Die individuelle Qualität der Münchner ist nicht nur deutlich höher als beim kommenden Gegner. Die Anfälligkeit, die die Bayern in Barcelona oder auch bei Aston Villa an den Tag legten, dürfte gegen Benfica kein großes Thema werden. Den Portugiesen fehlt das Tempo, um diese Lücken zu bespielen.
Zumal auch die Bilanz klar für die Gastgeber spricht. Zwölfmal standen sich Bayern und Benfica in ihrer Geschichte bislang gegenüber, noch nie konnten die Portugiesen gewinnen. Vor fast genau drei Jahren fegten die Münchner Benfica mit 5:2 aus dem Stadion. Eine besonders beeindruckende Statistik: In bislang sechs Heimspielen gegen die Adler schoss Bayern fünfmal mindestens vier Tore.
Auf die leichte Schulter nehmen sollten die Bayern-Spieler die Aufgabe am Mittwoch aber nicht. Sonst kann es schnell ungemütlich werden. Wie wenig relevant Historie am Ende sein kann, musste auch Diego Simeone auf schmerzvolle Art lernen.