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Taktik der Nationalmannschaft

DFB-Team im Taktik-Check: Warum Nagelsmann seinem Spielsystem treu bleibt

  • Aktualisiert: 28.06.2024
  • 08:29 Uhr
  • Tobias Escher

Ständige Taktikwechsel? Das war einmal! Bei der EM setzt Julian Nagelsmann auf eine Kontinuität. Haben die Schweizer die deutsche Taktik entschlüsselt? Können auch andere Gegner die DFB-Elf ärgern? Das deutsche Team im Taktik-Check!

Von Tobias Escher

Im Achtelfinale wartet auf die deutschen Fans eine echte Premiere. Gegen Dänemark wird Julian Nagelsmann erstmals seine Startelf verändern – erzwungenermaßen. Innenverteidiger Jonathan Tah fehlt gesperrt, auch Antonio Rüdiger könnte die Partie verletzt verpassen.

Dass es einer besonderen Erwähnung bedarf, wenn Trainer Nagelsmann seine Startelf auf zwei Positionen verändert, ist eine unerwartete Wendung. Als Klubtrainer war der 36-Jährige bekannt dafür, ständig zu rotieren. Beim DFB-Team taktiert er anders. Der neue Nagelsmann setzt auf Kontinuität – mit allen Vor- und Nachteilen.

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Das deutsche Spielsystem: Alle gruppieren sich um Kroos

Der Bundestrainer hat sein Spielsystem komplett an die Stärken und Schwächen seiner Akteure angepasst. Jeder Spieler weiß genau, welche Aufgabe ihm auf dem Platz zufällt.

Nominell agiert die deutsche Mannschaft in einer 4-2-3-1-Formation. Diese besteht jedoch nur auf dem Papier. Eine Schlüsselrolle fällt Rückkehrer Toni Kroos zu. Er lässt sich in die Verteidigung fallen, um von hier aus das Spiel zu gestalten.

Sobald Kroos zurückfällt, gruppiert sich die restliche Abwehr um ihn herum. Geht Kroos etwa auf seine geliebte halblinke Seite, besetzt Tah das Zentrum und Rüdiger die rechte Abwehrseite. Sechser Robert Andrich bietet sich vor der Abwehr an. So entsteht eine 3-1-Formation im Aufbau. Mit dieser Formation möchte die deutsche Elf das Spiel kontrollieren. Keine andere Nation sammelte in der Vorrunde so viel Ballbesitz wie die Deutschen (70%).

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"Wusiala" in den Halbräumen

Aus dem Spielaufbau kennt die DFB-Elf verschiedene Wege, um ins letzte Drittel zu gelangen. Die wichtigste Angriffsroute führt durch das Zentrum. Jamal Musiala und Florian Wirtz lassen sich immer wieder fallen. Sie bieten sich in den Halbräumen vor Andrich an. Sie wollen hier den Ball erhalten und im Anschluss in Richtung Tor aufdrehen.

Stürmer Kai Havertz solll für Tiefe sorgen. Ilkay Gündogan erledigt als Zehner die undankbare Aufgabe, die Räume zu füllen, die seine jungen Kollegen offenlassen.

Die deutsche Elf spielt jedoch nicht nur Klein-Klein durch das Zentrum. Immer wieder versucht die Abwehr, lange Bälle einzustreuen. Gegen Schottland spielte Kroos häufig den langen Diagonalball hinaus zum freien Rechtsverteidiger Joshua Kimmich. Gegen Ungarn wählte Rüdiger den direkten Ball hinter die Abwehr zu Havertz. Beide Varianten halfen, den jeweils tiefstehenden Gegner zu knacken.

Die Schweiz findet die richtigen Lösungen

In den ersten beiden Gruppenspielen funktionierte das deutsche Maschinenwerk. Die deutsche Mannschaft kontrollierte Ball und Gegner. Gegenstöße stoppte sie mit einem wuchtigen Gegenpressing.

Gegen die Schweiz kam das deutsche System an seine Grenzen. Anders als die ersten beiden Gruppengegner verbarrikadierte sich die Schweiz nicht am eigenen Strafraum, sondern wagte sich im Pressing weit nach vorne. Im Mittelfeld und Sturm praktizierte sie eine enge Manndeckung.

Die deutsche Elf fand nie in den Spielfluss. Gerade das Duo "Wusiala" war angesichts der Schweizer Manndeckung abgemeldet. Wenn der Gegner das deutsche Spiel durch das Mittelfeld blockiert, geht dem DFB-Team viel Wucht verloren.

Die Schweizer Nati hatte auch die deutsche Defensive dechiffriert. Die deutsche Taktik sieht ein aggressives Herausrücken der Außenverteidiger vor. Die Schweizer versuchten, die Lücken hinter den deutschen Außen zu bespielen. Das zwang die deutsche Elf stärker in die Defensive, als dies in den ersten Spielen der Fall war.

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Hat die Schweiz Deutschland entschlüsselt?

Gegen die Schweiz kam Deutschland nicht so reibungslos ins letzte Angriffsdrittel wie an den ersten beiden Spieltagen. Hat SVF-Coach Murat Yakin die deutsche Elf entschlüsselt? Können andere Gegner seine Taktik kopieren?

Ja und nein. Die zwei drängendsten Probleme - der Spielaufbau gegen eine Manndeckung sowie die Flügelverteidigung - hatten sich bereits vor der EM gezeigt. Nagelsmann hatte gegen die Schweiz jedoch Lösungen parat. Diese lösten die Probleme nicht gänzlich, schufen aber immerhin Linderung.

Nach nicht einmal zehn Minuten ließ sich Andrich als dritter Innenverteidiger in die Abwehr fallen. Die Deutschen verteidigten fortan mit einer Fünferkette. Das entlastete die Außen. Später verlagerte der Bundestrainer mit seinen Auswechslungen das Spiel vom dichten Zentrum auf die Flügel. Der Ausgleich fiel nach einer Flanke.

Dänemark ist nicht die Schweiz

Hoffnung vor dem Achtelfinale macht eher ein anderer Faktor: Nicht jeder Gegner kann die Taktik der Schweizer kopieren. So zerschellten Wirtz und Musiala an der Manndeckung durch Remo Freuler und Granit Xhaka. Letzterer gehört zu den stärksten Zweikämpfern der Welt. Eine Manndeckung des Leverkusener Kapitäns überwindet kaum ein Spieler.

Achtelfinal-Gegner Dänemark fehlt die Wucht und Spritzigkeit, um das Schweizer Pressing zu adaptieren. Sie haben in der Gruppenphase im 5-4-1 passiver verteidigt. Zudem verfügen die Dänen über weit weniger Tempo, um Deutschland auf den Flügeln zu überspielen.

Gegen Dänemark wartet auf die deutsche Elf eine gänzlich andere Aufgabe. Sie wird konzentriert auftreten müssen, um die massierten Abwehrketten der Dänen zu knacken. Dass Nagelsmann mehr als nur zwei Spieler austauscht, darf indes bezweifelt werden. Er ist überzeugt von seinem System – und wird es auch gegen Dänemark umsetzen.

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