Anzeige
EM 2024

EM 2024: England unverdient, Frankreich glücklich, DFB-Team tragisch: Deshalb lieben wir den Fußball

  • Aktualisiert: 07.07.2024
  • 10:38 Uhr
  • Andreas Reiners

England und Frankreich haben das Halbfinale ebenso wenig verdient wie Deutschland das Aus? Mag sein, doch deshalb lieben wir den Fußball. Ein Kommentar.

Aus Düsseldorf berichtet Andreas Reiners

Für einen kurzen Moment herrscht so etwas wie Stille.

Sie ist trotzdem irgendwie noch ohrenbetäubend, doch eine Zehntelsekunde ist es vielleicht, wenn es so wirkt, als halte das ganze Stadion inne. Kollektives Einatmen. Augen aufreißen. Große Erwartungen. Seltsames Verharren in dieser Position. Angst. Nervosität. Vorfreude.

Und dann folgt die emotionale Explosion: Laut, wild, heftig. Und alle liegen sich in den Armen, über- und auch untereinander. Ein dem Anlass entsprechender, kollektiver Jubel.

Das höchste der Fangefühle. Kurios, intensiv, schwer erklärbar. Muss man erlebt haben.

Anzeige
Anzeige

Das Wichtigste in Kürze

  • Alles zur EM

  • Der Spielplan

  • Alle DFB-News im EM-Ticker

  • Die Noten zum Spiel

Anzeige
Anzeige

DFB-Team: Fans mit Fragezeichen

So war es auch am Samstagabend in Düsseldorf, als Trent Alexander-Arnold zum entscheidenden Elfmeter für England anlief. Als er traf, verwandelte sich die Arena in ein Tollhaus. Wer solche Momente kennt, kann sich in die ausrastenden Engländer hineinversetzen.

Und verspürt auch ein wenig Neid. 

Und nicht wenige Fans in Deutschland werden sich zwei Fragen stellen: Wäre das beim DFB-Team am Vortag gegen Spanien in einem Elfmeterschießen auch so brachial emotional abgelaufen, und wie geil wäre das nur gewesen? Und warum stehen Teams wie England und Frankreich überhaupt im Halbfinale und Deutschland nicht?

Denn bei allem Respekt: Während Spanien und die DFB-Auswahl am Freitag ein vorgezogenes Finale auf den Rasen kämpften und zauberten, fragt man sich, wie es die "Three Lions" und die "Equipe Tricolore" überhaupt in die Runde der letzten Vier geschafft haben.

Etwa 30 gute Minuten hat England bei diesem Turnier hingelegt, hat sich gegen die Slowakei durch ein Fallrückzieher-Tor in der Nachspielzeit in die Verlängerung gerettet und gegen die Schweiz die Lotterie Elfmeterschießen benötigt, um das Halbfinale zu erreichen.

Externer Inhalt

Dieser Inhalt stammt von externen Anbietern wie Facebook, Instagram oder Youtube. Aktiviere bitte Personalisierte Anzeigen und Inhalte sowie Anbieter außerhalb des CMP Standards, um diese Inhalte anzuzeigen.

England und Frankreich: Wenig zu bieten

Spielerischer Glanz? Überzeugende Vorstellungen? Ein fußballerischer Plan? Davon hat England wenig bis gar nichts zu bieten, das ganze Turnier über. Immerhin da zeigen sie eine beeindruckende Konstanz.

Frankreich steht dem in nicht viel nach. Drei Treffer haben Kylian Mbappe und Co. bislang zustande gebracht, konkret zwei Eigentore und ein Elfmeter, also immer noch kein eigenes aus dem Spiel heraus. Gegen Portugal ging es auch in die Entscheidung vom Punkt.

Die "Grande Nation" backt offensiv sehr kleine Brötchen. Und quält sich ähnlich wie England in Richtung Titel.

England und Frankreich: Mehr Glück als Verstand?

Ungerecht? Mehr Glück als Verstand?

Ja, das mag sein, doch deshalb lieben wir den Fußball ja. Deshalb sorgt er für diese Art der Emotionen, für diese Bandbreite an Gefühlen, von Freude über Frust bis hin zu Trauer. Deshalb hat er für die Symbiose in Deutschland zwischen Anhängern und DFB-Team gesorgt. Deshalb konnte er eine verlorene Nation wieder einfangen, hinter einer Mannschaft versammeln und diese Reaktionen, die Tränen, die Trauer, die Fassungslosigkeit überhaupt erst auslösen.

Dabei stellte sich nach der Pressekonferenz am Samstagmittag sogar die Frage, ob Bundestrainer Julian Nagelsmann durch seine Größe in der Niederlage und den beeindruckenden Umgang damit nicht mehr gewonnen hat als mit einem EM-Pokal.

Fußball mag nur eine Nebensache sein, es ist aber nicht umsonst die schönste.

Deshalb ist es unterhaltsam, wie Englands Trainer Gareth Southgate mit dem Halbfinal-Einzug den Kritikern den nächsten imaginären Mittelfinger zeigt. Bewegend ist es, wie die Franzosen gegen den Rechtsruck im eigenen Land nicht nur verbale, sondern auch sportliche Statements setzen. So steht hinter jedem Sieg, hinter jeder Niederlage immer auch eine Geschichte, die der Fußball schreibt.

Dieser Sport ist nicht immer gerecht, zum Glück ist er nicht vorhersehbar und berechenbar, sondern eine Mischung aus Kampf, Können und eben auch Glück.

Was die Liebe zu diesem Spiel überhaupt erst möglich macht. Und emotionale Explosionen.

Mehr News und Videos
imago images 1047058611
News

Demiral-Sperre: CAS schmettert Türkei-Protest ab

  • 05.10.2024
  • 10:20 Uhr