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EM 2024

EM 2024: Englands Abhängigkeit von Jude Bellingham ist gefährlich – ein Kommentar

  • Aktualisiert: 17.06.2024
  • 07:04 Uhr
  • Andreas Reiners

Jude Bellingham wird seiner Rolle als Leader Englands eine Halbzeit lang gerecht. Die Abhängigkeit vom Superstar kann für England aber gefährlich werden. Ein Kommentar.

Aus Gelsenkirchen berichtet Andreas Reiners

Jude Bellingham hatte keine Lust. Keine Chance. Nicht an diesem Abend. Nicht zum Auftakt der EM. Und dann noch nach einem Sieg.

Nicht wieder der übliche negative Unterton rund um die "Three Lions".

Deshalb betonte der Superstar von Real Madrid das Positive, als er auf die zweite Hälfte beim 1:0-Sieg gegen Serbien angesprochen wurde.

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Jude Bellingham: Mit allen Freiheiten ausgestattet

"Ich denke, die erste Halbzeit hat gezeigt, warum wir gegen jede Mannschaft Tore schießen können, und die zweite Halbzeit hat gezeigt, warum wir gegen jede Mannschaft eine weiße Weste behalten können", sagte Bellingham: "Es gibt rund um alle unsere Spiele in der Regel ein negatives Thema - manchmal zu Recht - aber in diesem Fall kann man das Positive aus der Tatsache ziehen, dass wir vielleicht ein bisschen leiden mussten, aber wir haben eine weiße Weste behalten."

Und wenn man dann ein Tor schieße, reiche das, um zu gewinnen, sagte der Schütze des goldenen Tores und "Man of the Match".

Das ist eine simple Rechnung, die korrekt ist. Und Bellinghams Tor zeigt, wie wichtig er für diese Mannschaft schon jetzt ist. Als Leader, als Kopf, als Strippenzieher, von Nationaltrainer Gareth Southgate mit allen Freiheiten auf der Zehn ausgestattet, damit die "Three Lions" von der Technik und vom Spielverständnis des 20-Jährigen bestmöglich profitieren können. Von seiner Dominanz, mit der er den Unterschied machen kann.

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Er setzte dann auch früh die Akzente, zog die Fäden, verkörperte Präsenz, Intensität und Mentalität. Und wuchtete angetrieben davon den Ball zum Siegtreffer ins Tor. Ein Moment, der Bellinghams Stärken ebenso perfekt porträtiert wie seine Bedeutung für das Team. Er bestätigte zu einem nicht unbeträchtlichen Teil den Real-Hype auch im Nationaltrikot. Es kann sein Turnier werden.

Theoretisch.

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Jude Bellingham: Das Dilemma um den Spielmacher

Denn er ist zwar der Kopf dieser Mannschaft, das Pfund des Titelfavoriten im Kampf um den EM-Pokal. Doch das zeigt auch das Dilemma: Die von Southgate umgebaute und verjüngte Mannschaft ist stark abhängig von ihrem Lenker und Denker. Aber alleine schultern kann er weder die traditionell exponentiell hohen englischen Erwartungen, noch die talentierte, aber in dieser Verfassung noch nicht titelreife Truppe.

Das Spiel gegen Serbien offenbarte das Problem recht deutlich, dass die Engländer neben Bellingham im Moment noch nicht viel mehr im Repertoire haben. Der Rest war bieder, einfallslos und harmlos, dazu in wichtigen Phasen auch zu passiv. Enttäuschend für einen angeblichen Topfavoriten. Defensiv war das zwar mehr als ordentlich, da die Null eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg ist. Doch offensiv blieb Phil Foden blass, Bukayo Saka war zu unbeständig und Harry Kane im Grunde gar nicht anwesend.

Niemand von ihnen sprang in die Bresche, als sich Bellingham in der zweiten Halbzeit Pausen gönnte, niemand übernahm die Verantwortung, gab die Richtung vor. Da wurde es nicht nur noch trister im Spiel der Engländer, es wurde sogar gefährlich, weil Ordnung und Struktur verloren gingen. Gegen Serbien reichte das am Ende, vermutlich wird es auch gegen Dänemark und Slowenien und damit auch für das Achtelfinale reichen.

Jude Bellingham alleine wird nicht reichen

Doch für knifflige Aufgaben, für anspruchsvolle Gegner, für die großen Ziele ist das nicht genug. Bellingham muss sein Spiel über die gesamten 90 Minuten aufziehen, während seine Mitspieler deutlich kreativer, aggressiver und zielstrebiger agieren müssen. Das englische Kollektiv kann in Form eine sehr gute Rolle spielen. Aber dann muss auch alles passen. Im Moment ist offensiv nur Bellingham im Turnier angekommen.

"Natürlich gibt es Negatives, das wir ausmerzen wollen", gab Bellingham zu, "aber insgesamt bin ich mit dieser Leistung zufrieden", sagte er. Und betonte: "Die Mannschaft ist noch sehr jung und wächst mit jedem Spiel zusammen."

Viel Zeit dafür bleibt bei diesem Turnier nicht. Solange ist sie vor allem von ihm abhängig. Was bei der Titelmission gefährlich werden kann. Auch wenn Bellingham das an diesem Abend nicht hören wollte.

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