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VfB-Star im ran-Interview

DFB-Team gegen Bosnien - Deniz Undav vom VfB Stuttgart: "War immer klar, dass ich nur für Deutschland spielen will"

  • Aktualisiert: 11.10.2024
  • 21:59 Uhr
  • Martin Volkmar

Im Interview mit ran spricht DFB-Shootingstar Deniz Undav über seinen harten Weg aus der Regionalliga in die Champions League, seine Bodenständigkeit, seine Ziele und seine Entscheidung für die deutsche Nationalmannschaft.

Vom DFB-Team berichtet Martin Volkmar

Deniz Undav ist ein Phänomen.

Mit 19 Jahren dachte er ans frühe Karriereende und absolvierte eine kräftezehrende Ausbildung.

Doch stattdessen machte der in Ostfriesland geborene Deutsch-Türke weiter und stieg Jahr um Jahr eine Liga höher bis in die Premier League.

Vergangene Saison hatte de Stürmer dann maßgeblichen Anteil am Höhenflug des VfB Stuttgart, der ihn inzwischen fest verpflichtet hat, und schaffte so auch den Sprung in die DFB-Auswahl und zur Heim-EM.

Im Gespräch mit ran äußert sich der 28-Jährige ausführlich über die Lehren aus seiner höchst kurvenreichen Laufbahn.

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Deniz Undav: Darum kam er mit Müllbeutel zum DFB-Team

ran: Ihre Ankunft bei der Nationalmannschaft mitsamt blauem Müllbeutel ging komplett viral. Hätten Sie gedacht, dass das so viel Aufmerksamkeit nach sich zieht?

Deniz Undav: Nein, Nullkommanull. Ich habe den von unserem Betreuer in Stuttgart bekommen, weil ich die Fußballschuhe damit transportiert habe. Und meine Laufschuhe, weil die Schuhe stinken und deshalb habe ich die nicht so gerne in meiner Tasche. Deswegen habe ich den Müllbeutel mitgenommen und mir nichts dabei gedacht. Aber anscheinend war es sehr, sehr cool für viele Leute, dass ich so bodenständig geblieben bin.

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ran: Das ist Ihnen auch wichtig, oder?

Undav: Ja, zu 100 Prozent. Nur weil man jetzt Profi ist und nicht mehr in der dritten oder vierten Liga spielt, muss ich mir nicht 100 Markentaschen kaufen. Sondern ich mache es lieber wie auf dem Bolzplatz oder in der Kreisliga Ich glaube, deswegen mögen mich einige und ich versuche einfach, weiterhin so zu bleiben.

ran: Was ist denn Luxus für Sie?

Undav: Luxus für mich ist die Zeit, die man dann mal hat, natürlich mit der Familie zu verbringen, die Tochter groß werden zu sehen. Auch wenn das im Moment gerade schwer ist, wo man viel unterwegs ist. Und sonst ist einfach für mich das Wichtigste, dass man immer gesund bleibt und mehr braucht man im Leben nicht. Natürlich kann man sich im Urlaub dann mal hier und da mal was gönnen. Aber ich habe vielleicht eine Tasche und ein oder zwei Uhren und sonst habe ich seit sieben, acht Jahren die gleichen Klamotten. Ich gehe einfach nicht gerne einkaufen, und von so Louis-Vuitton-Sachen oder sowas bin ich gar nicht der Fan.

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Undavs große Genugtuung

ran: Also nicht so wie der Ex-Leipziger Ibrahima Konate, der bei der französischen Nationalmannschaft mit seinem Masken-Outfit für Aufsehen gesorgt hat?

Undav: Wenn ich das machen würde, würde ich von meinen Jungs und von meiner Familie fertig gemacht, glaube ich. Deswegen lasse ich so etwas lieber sein. Im Endeffekt ist eine Hose ja auch nur eine Hose, ob sie von H&M oder von einer Luxusmarke ist. Eigentlich sollte es keinen jucken, was man trägt, aber viele denken halt, sie müssen es tragen. Aber ich habe nie Wert daraufgelegt und tue es zum Glück immer noch nicht.

ran: Leisten könnten Sie sich es aber inzwischen, denn in den vergangenen Jahren haben Sie sich mit Ihren Toren von der vierten Liga bis in die Nationalmannschaft und die Champions League geschossen. Müssen Sie sich manchmal kneifen?

Undav: Diesen Moment, so darüber nachzudenken, hatte ich wirklich noch nicht. Ich hatte schon nach meinem ersten Tor für die Nationalmannschaft beim 2:2 in den Niederlanden das Gefühl, es wirklich geschafft zu haben. Und danach habe ich dann im Santiago Bernabeu gegen Real Madrid getroffen. Also habe ich jetzt in jeder Liga, in der ich gespielt habe, und in jedem Wettbewerb mindestens ein Tor gemacht. Und das gibt mir so eine Art Genugtuung. Aber ich möchte noch mehr Tore machen, deshalb ruhe ich mich jetzt nicht darauf aus. Denn wenn man beim DFB oder international trifft, schaut halt die ganze Welt drauf. Und das mich nochmal hungriger gemacht auf mehr.

ran: Bezieht sich diese Genugtuung auch auf die Tatsache, dass Sie als Jugendlicher von Werder Bremen aussortiert wurden, weil Sie angeblich zu klein und zu dick waren?

Undav: Ja, genau das ist die Genugtuung, die ich meine. Bei Werder hat es keiner von denen geschafft, die damals angeblich so viel besser waren. Dass ich es dagegen über viele Umwege geschafft habe, ist einfach ein überragendes Gefühl. Wobei es im Leben immer mal so ist, dass du auf die Schnauze fällst. Das Negative, das ich erlebt habe, hat mich dann später zu dem Spieler gemacht, der ich gerade bin. Das Sprichwort "Wenn man fünfmal hinfällt, muss man sechsmal aufstehen" stimmt wirklich.

Dieter Burdenski ist tot: Die Rekordspieler aller Bundesligisten

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<strong>Die Rekordspieler der Bundesligisten</strong><br>Was seit dieser Saison Thomas Müller für den FC Bayern ist, war Dieter Burdenski schon seit mehr als 35 Jahren für Werder Bremen: der Spieler mit den meisten Einsätzen. Jetzt ist der <a href="https://www.ran.de/sports/fussball/bundesliga/news/dieter-burdenski-verstorben-werder-bremen-trauert-um-rekordspieler-443091">langjährige Werder-Torwart, der insgesamt 581-mal für den SVW zwischen den Pfosten stand, mit 73 Jahren gestorben</a>. Ihm zu Ehren präsentiert <strong><em>ran</em></strong> die Rekordspieler aller aktuellen Bundesligisten. (Stand: 9. Oktober 2024 / Quelle: transfermarkt.de)
© Ferdi Hartung

Die Rekordspieler der Bundesligisten
Was seit dieser Saison Thomas Müller für den FC Bayern ist, war Dieter Burdenski schon seit mehr als 35 Jahren für Werder Bremen: der Spieler mit den meisten Einsätzen. Jetzt ist der langjährige Werder-Torwart, der insgesamt 581-mal für den SVW zwischen den Pfosten stand, mit 73 Jahren gestorben. Ihm zu Ehren präsentiert ran die Rekordspieler aller aktuellen Bundesligisten. (Stand: 9. Oktober 2024 / Quelle: transfermarkt.de)

<strong>Rekordspieler 1. FC Heidenheim</strong><br>Marc Schnatterer: 457 Pflichtspiele, 121 Tore
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<strong>Rekordspieler FC St. Pauli</strong><br>Jürgen Gronau: 476 Pflichtspiele, 42 Tore
© Rust

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<strong>Rekordspieler 1. FSV Mainz 05</strong><br>Dimo Wache: 406 Pflichtspiele, 0 Tore
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<strong>Rekordspieler VfL Bochum</strong><br>Michael Lameck: 595 Pflichtspiele, 45 Tore
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<strong>Rekordspieler VfL Wolfsburg</strong><br>Maximilian Arnold: 424 Pflichtspiele, 46 Tore
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<strong>Rekordspieler Borussia Mönchengladbach</strong><br>Berti Vogts: 538 Pflichtspiele, 45 Tore
© Sven Simon

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<strong>Rekordspieler 1. FC Union Berlin</strong><br>Christopher Trimmel: 338 Pflichtspiele, 6 Tore
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<strong>Rekordspieler Holstein Kiel</strong><br>Hans-Peter Ehlers: 358 Pflichtspiele, 46 Tore
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<strong>Rekordspieler SV Werder Bremen</strong><br>Dieter Burdenski: 581 Pflichtspiele, 1 Tor
© Sportfoto Rudel

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<strong>Rekordspieler TSG Hoffenheim</strong><br>Oliver Baumann: 374 Pflichtspiele, 0 Tore
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© WEREK

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© kolbert-press

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<strong>Rekordspieler Eintracht Frankfurt</strong><br>Karl-Heinz Körbel: 731 Pflichtspiele, 51 Tore
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© Sven Simon

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<strong>Rekordspieler Bayer 04 Leverkusen</strong><br>Rüdiger Vollborn: 487 Pflichtspiele, 0 Tore
© Claus Bergmann

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ran: War die Ausmusterung bei Ihrem Heimatverein Werder der sportliche Tiefpunkt der Karriere oder einige Jahre später, als Sie mangels Angeboten aus höheren Ligen komplett mit dem Fußball aufhören wollten?

Undav: Damals war das ein Tiefpunkt für mich, weil ich sehr, sehr jung war. Ich hatte das vorher nie erlebt, dass man nicht spielt, obwohl man besser ist als andere, und nicht mehr weiterkommt. Dagegen war es für mich kein Tiefpunkt, als ich aufhören wollte. Ich war immer noch ein super Spieler, aber ich wollte einfach nicht mehr. Ich habe mir gesagt: Ach, das wird eh nichts, es macht keinen Sinn. Denn ich hatte immer viele Tore gemacht und nie die Chance bekommen. Umso schöner, dass ich auch dank der klaren Ansagen von meinem Vater und meinem Onkel weitergemacht und es trotzdem geschafft habe. Hätte ich da aufgehört, dann weiß ich nicht, wo ich jetzt wäre, keine Ahnung. Wahrscheinlich hätte ich irgendwo in einer Firma gearbeitet, mein Leben so weitergelebt und wäre trotzdem glücklich geworden.

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DFB-Star: 40 Minuten zur Bushaltestelle, am Abend Döner

ran: Sie haben mit 19 eine Ausbildung als Maschinenführer gemacht und sich in dieser Zeit laut eigener Aussage aus Geldnot teilweise wochenlang von Toast mit Krautsalat ernährt…

Undav: Das war sogar noch davor, als ich noch auf die Schule gegangen bin. Da hatte ich immer nur so 100 Euro die Woche zum Leben, das waren viele schwere Momente. Deswegen wollte ich auch die Ausbildung machen.

ran: Was neben dem Fußball in der Regionalliga beim TSV Havelse sicher nicht einfach war, oder?

Undav: Ich musste jeden Tag um vier Uhr aufstehen und bin dann mit dem Bus zu einer Haltestelle gefahren, von der ich nochmal 40 Minuten zu Fuß zur Arbeit gehen musste – und das jeden Tag. Und dann bin ich nach der Arbeit wieder 40 Minuten zu Fuß zur Bushaltestelle zurück und von dort direkt zum Training gefahren. Danach habe ich mir einen Döner geholt oder was anderes schnelles und war dann um 21 Uhr zu Hause und eine Stunde später bin ich schlafen gegangen. Das habe ich zwei Jahre durchgezogen.

ran: Haben Sie noch irgendwelche besonderen Erinnerungen an die Zeit?

Undav: Viele Leute, die auf der gleichen Arbeit waren, sind jeden Tag an mir vorbeigefahren und mich hat nie einer mitgenommen. Vor allem im Winter habe ich gedacht: Halt doch einfach einer mal an. Aber es hat keiner gemacht. Ich habe immer gedacht: Wie kann man so sein? Also wenn ich wüsste, dass einer in derselben Firma arbeitet und ich würde im Auto an ihm vorbeifahren, dann würde ich immer anhalten. Ich bin gefühlt gezwungen, denjenigen mitzunehmen.

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Haaland nach Unsportlichkeit eiskalt: "Ich bereue im Leben wenig"

ran: Mit dieser Einstellung sind Sie in einem Mannschaftssport allerdings goldrichtig. Wie sehen Sie Ihre Rolle im Team? Angesichts der zahlreichen Absagen gehören Sie ja fast schon zu den erfahrenen Spielern und gelten nach dem Rücktritt von Thomas Müller als möglicher Nachfolger in dessen integrierender Rolle zwischen "Jodlern und Rappern"?

Undav: Also ich habe sicher nicht die gleiche Rolle wie Thomas. Aber ich bin auch einer. der offen ist und versucht, mit jedem zu reden. Gerade um den neuen Spieler ein gutes Gefühl zu geben. Das hat Thomas immer gemacht und natürlich merkt man, dass er weg ist. Weil jetzt reden nicht mehr zwei Leute ständig, sondern nur noch einer (lacht). Ich quatsche halt gerne und mache Blödsinn. Ich möchte einfach dazu beitragen, dass wir eine gute Stimmung haben, denn das ist wichtig fürs Team.

ran: Sie haben lange auf Social Media verzichtet. Warum?

Undav: Ich wollte es einfach nicht haben. Ich habe mich verletzt und da haben mich viele angeschrieben und teilweise auch beschimpft, was mich genervt hat. Also habe ich meine Accounts gelöscht und dann lief es gut. Daher habe ich mir gedacht, dann lasse ich es so, es fehlt mir nichts. Jetzt mache ich es wieder, aber ich habe wirklich sechs Monate überlegen müssen. Ich hätte es ja auch vor der EM wieder machen können, dann hätte ich vielleicht mehr Follower, aber das interessiert mich nicht.

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Deniz Undav beim Interview mit ran-Reporter Martin Volkmar
Deniz Undav beim Interview mit ran-Reporter Martin Volkmar© ran

ran: Stören Sie denn die negativen Nachrichten jetzt weniger?

Undav: Selbst wenn mich da jemand beleidigt und so, das interessiert mich nullkommanull. Und das muss eigentlich bei jedem Profisportler so sein, denn es gibt immer Leute, die einen nicht mögen, egal, was du machst. Wenn ich mit der Mülltüte zur Nationalmannschaft komme, denken ja auch manche, ich mache das, um aufzufallen. Deswegen sollen die mich beleidigen, das ist mir egal. Das sind ja eh alles Leute, die einem das niemals ins Gesicht sagen würden und sich hinter ihrem PC verstecken.

ran: Gab es auch negative Reaktionen aufgrund Ihrer Entscheidung für die deutsche Nationalmannschaft und gegen die Türkei?

Undav: Also für mich war es immer klar, dass ich nur für Deutschland spielen möchte. Man hat sich natürlich eine Hintertür offengelassen, falls es nicht klappen sollte, weil ich selber niemals gedacht hätte, dass ich gefragt werden würde. Aber ich wusste, dass ich bei zwei, drei schlechten Spielen für die Türkei komplett durchbeleidigt worden wäre. Für mich geht es nur um Fußball, das hat nichts mit Politik zu tun. Ich wollte einfach für Deutschland spielen, ich fühle mich hier wohl, ich bin hier aufgewachsen. Als der Bundestrainer mich dann angerufen hat, musste ich nicht mal zu einem Prozent überlegen.

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