Ex-Bundesliga-Star im ran-Interview
Alexander Hleb exklusiv über den FC Arsenal, den FC Barcelona, den VfB Stuttgart und die Champions League
- Veröffentlicht: 16.04.2024
- 08:50 Uhr
- Philipp Kessler
Im Interview mit ran spricht der frühere Weltklasse-Profi Alexander Hleb über seine Ex-Klubs FC Arsenal, FC Barcelona und VfB Stuttgart sowie das Champions-League-Viertelfinale.
Von Philipp Kessler
Platz drei, punktgleich mit dem FC Bayern München - der VfB Stuttgart wirbelt wieder durch die Bundesliga.
Wie einst mit Alex Hleb (42). Als Teil der "jungen Wilden" wurde der ehemalige Offensiv-Star 2003 Vizemeister, in der darauffolgenden Saison erreichte er mit den Schwaben das Achtelfinale der Champions League.
"Ich hatte eine super Zeit, bin stolz, Teil eines so tollen Vereins gewesen zu sein", sagt der Belarusse heute.
Im Interview mit ran spricht Hleb über den VfB Stuttgart, seine Zeiten beim FC Arsenal und beim FC Barcelona, die Viertelfinal-Rückspiele der Champions League und seine aktuelle Situation.
ran: Herr Hleb, die Europa-League-Qualifikation hat Stuttgart seit dem 3:0 am vergangenen Samstag gegen Eintracht Frankfurt bereits in der Tasche. Aber Ihr Ex-Klub will natürlich mehr. Warum spielt der VfB in der nächsten Saison erstmals seit 2009/2010 wieder in der Champions League?
Hleb: Stuttgart spielt eine überragende Saison. Sie zeigen schönen und starken Fußball. Auf stabile Art und Weise. Meiner Meinung nach dürfen sie jetzt noch nicht an die Champions League denken. Auch wenn es abgedroschen klingt: Aber sie müssen von Spiel zu Spiel denken. Und wenn das klappt, gehört der 2. Platz zu 100 Prozent dem VfB Stuttgart.
ran: Was macht Sie da so zuversichtlich, dass der VfB den FC Bayern hinter sich lässt?
Hleb: Stuttgart hat eine sehr hungrige Mannschaft mit hochmotivierten Spielern. Das gibt noch mehr Kraft. Für die Bayern ist es nach der verpassten Meisterschaft emotional schwierig in der Liga. Das Momentum könnte sich nur zu ihren Gunsten wenden, wenn sie in der Champions League weiterkommen.
Das Wichtigste in Kürze
Hleb über VfB Stuttgart: "Möchte, dass diese Mannschaft zusammenbleibt"
ran: Zudem hat Stuttgart mit Serhou Guirassy wieder einen Torjäger. 25 Treffer – so oft traf kein anderer VfB-Star vor ihm in einer Saison.
Hleb: Das ist geil. Er ist ein Topstürmer. Ich möchte, dass Stuttgart diese Mannschaft zusammenhalten kann. Wenn man jede Saison vorne mitspielen will, braucht man ein gutes Team.
ran: 2000 sind Sie von BATE Borissow nach Stuttgart gewechselt. Wie kam der Transfer zustande?
Hleb: Mein Manager Uli Ferber und der damalige VfB-Trainer Ralf Rangnick haben den Deal über die Bühne gebracht. Es war der Hammer. Das war für mich damals ein sehr großer Schritt nach vorne. Ich habe ja bis dahin nur in Belarus gespielt, ich war erst 19 Jahre alt. Mittlerweile ist es ganz normal, dass man so jung ins Ausland wechselt. Aber zu dieser Zeit war es etwas Besonderes.
ran: Inwiefern?
Hleb: Die Adaption, die neue Sprache – alles zusammen war schwierig. Wenn es in der Heimat nicht gelaufen ist, bin ich einfach nach Hause gekommen und die Welt war wieder halbwegs in Ordnung. Die familiäre Atmosphäre hat mir immer geholfen. Im Ausland musst du kämpfen, dich jeden Tag im Training zeigen und auf deine Chance warten. Ich bin dankbar, dass ich in dieser Zeit Krassimir Balakow und Zvonimir Soldo in Stuttgart an meiner Seite hatte. Sie haben mir sehr viel geholfen. Ich durfte viel von ihnen lernen.
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Hleb über Felix Magaths Vorbereitung: "Wir haben wie die Pferde gearbeitet"
ran: Am Anfang Ihrer Zeit beim VfB kamen Sie unter Rangnick zu mehreren Kurz-Einsätzen. Als Felix Magath dann das Traineramt mitten im Abstiegskampf in der Saison 2000/2001 übernommen hatte, waren Sie komplett außen vor. Warum?
Hleb: Ich bin mit einem Tag Verspätung von der belarussischen U21-Nationalmannschaft zurückgekommen. Danach hat mich Felix Magath für vier Monate zur zweiten Mannschaft geschickt…
ran: Nachdem Stuttgart den Klassenerhalt geschafft hat, kämpften Sie sich zur neuen Saison unter Magath zurück und waren fortan unverzichtbarer Stammspieler.
Hleb: Die Saisonvorbereitung war hart. Wir haben wie die Pferde gearbeitet. Es war verrückt. Ich habe für meine Träume und Ziele 100 Prozent gegeben. Wenn man zurückblickt, muss man zugeben: Die harte Arbeit hat sich gelohnt. 2003 wurden wir mit Stuttgart Vizemeister, 2004 sind wir bis ins Achtelfinale der Champions League gekommen.
ran: Und 2005 wechselten Sie für 18 Millionen Euro Ablöse zum FC Arsenal.
Hleb: Von so einem Weg habe ich als junger Spieler geträumt: Man beginnt bei einem kleineren Klub in der Heimat, dann geht es nach Mitteleuropa, man wird durch harte Arbeit zu einem Führungsspieler und wechselt dann zu einem großen Verein. Arsenal ist ein Top-Klub, hatte zu dieser Zeit viele Top-Spieler und mit Arsene Wenger einen Top-Trainer. Natürlich war es schwierig, den VfB zu verlassen, Stuttgart war wie meine Heimat. Ich habe aber gemerkt, dass es Zeit für eine neue Herausforderung wird. Es war einfach ein Mega-Gefühl, als ich gespürt habe, dass Arsène Wenger mich bei Arsenal haben möchte und mir vertraut.
ran: War der englische Fußball eine große Umstellung für Sie?
Hleb: Alles war viel schneller. Es wurde nur mit ein, zwei Kontakten gespielt. Man hatte weniger Platz, es braucht viel Instinkt. Die ersten sechs Monate bei Arsenal waren nicht einfach für mich. In Stuttgart war ich quasi immer am Ball, meine Mitspieler haben mich immer gesucht. Hier bei Arsenal waren da plötzlich Stars wie Thierry Henry, Robert Pires, Antonio Reyes oder auch der damals noch junge Cesc Fabregas. Ich musste mein Spiel ein wenig ändern. Ich musste schneller spielen. Und ich merkte, dass in diesem Verein jeder Spieler für besondere Momente sorgen konnte.
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Hleb über Zeit beim FC Arsenal: "Wenger war der beste Trainer meiner Karriere"
ran: Wie wichtig war Wenger für Sie?
Hleb: Ich konnte von jedem Trainer etwas lernen. Aber Arsène Wenger war sehr speziell. Er ist einfach ein Top-Trainer, er war der beste in meiner Karriere. Ab und an sind wir noch in Kontakt, zum Beispiel gratulieren wir uns an Geburtstagen.
ran: Mit Arsenal standen Sie 2006 im Champions-League-Finale, verloren gegen den FC Barcelona mit 1:2. 2008 folgte dann Ihr Wechsel zu den Katalanen für 20 Millionen Euro Ablöse.
Hleb: Bei Arsenal war ich absolut glücklich. Der Trainer hat mir vertraut, der englische Fußball hat zu mir gepasst. Alles war super. Es war nicht einfach, von Arsenal wegzugehen. Bis jetzt kann ich nicht sagen, warum ich gewechselt bin.
ran: Vielleicht, weil der FC Barcelona damals das Maß aller Dinge war?
Hleb: Rein sportlich gesehen, war es schon ein Schritt nach vorne. Barça war die beste Mannschaft der Welt. Die Atmosphäre war sehr gut. Alle waren nett zu mir, alle Spieler waren super.
ran: Wie war Lionel Messi?
Hleb: Wenn ich ihn zuvor im Fernsehen gesehen habe, habe ich mir gedacht: "Okay, er ist gut. Aber ich bin auch gut." Im gemeinsamen Training habe ich allerdings sofort gemerkt, dass er der Beste ist. Er war richtig top.
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Hleb über Thierry Henry: "Er hat in Barcelona ein Zimmer für mich frei gemacht"
ran: In Barcelona trafen Sie auch auf Ihren ehemaligen Arsenal-Kollegen Henry. Stimmt es, dass er Sie bei sich aufgenommen hat?
Hleb: Ja, er hat ein Zimmer frei gemacht, damit ich mir eine Wohnung suchen konnte. Er hat mir wirklich viel geholfen. Aber nicht nur er.
ran: Wer noch?
Hleb: Uli Ferber war sehr wichtig. Er ist Freund und Manager. Ganz ehrlich: Er ist mir eine große Ehre, von ihm fürs Leben gelernt zu haben. Er war immer an meiner Seite – egal, ob in guten oder wenig glücklicheren Zeite. Ich habe keine Worte für ihn.
ran: Und Trainer Pep Guardiola? Es heißt, Ihr Verhältnis sei schwierig gewesen.
Hleb: Er war nicht schwierig. Damals war ich aufgrund von Dingen, die in meinem Privatleben passiert sind, emotional. Ich war emotional nervös. Ich war sauer auf Pep, weil ich nicht so oft gespielt habe. Dabei war es meine Schuld, dass ich mich bei Barcelona nie wirklich durchsetzen konnte.
ran: Trotzdem hatten Sie Anteil daran, dass Barcelona 2009 Champions-League-Sieger wurde. Wie hat sich der Triumph angefühlt?
Hleb: Ich war nicht zu 100 Prozent glücklich, weil ich im Finale beim 2:0 gegen Manchester United nicht gespielt habe – obwohl ich vorher fast in jeder Partie zum Einsatz gekommen bin. Trotzdem fühle ich mich aber als Champions-League-Sieger.
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Hleb über seine Ex-Klubs: "Hoffe, nächste Saison Champions League live in Stuttgart zu sehen"
ran: Apropos: Im Viertelfinal-Rückspiel trifft Arsenal am Mittwoch in München auf den FC Bayern, der FC Barcelona zuhause auf Paris Saint-Germain. Trauen Sie Ihren Ex-Klubs den Königsklassen-Titel in dieser Saison zu?
Hleb: Trainer Xavi hat angekündigt, Barcelona nach dieser Saison zu verlassen. Die Mannschaft und auch er werden alles geben, um den Titel zu holen. Arsenal hat letzte Saison die Meisterschaft etwas unglücklich verspielt. Aber in dieser Saison hat die Mannschaft sehr große Chancen, sowohl die Premier League als auch die Champions League zu gewinnen. Meine Sympathien sind im Viertelfinale also klar verteilt. Ich bin einfach stolz, für Arsenal und Barça gespielt zu haben. Das trifft natürlich auch auf den VfB zu. Ich hoffe, dass ich nächste Saison bei Champions-League-Spielen live im Stadion in Stuttgart sein kann.
ran: Wie sieht Ihr Leben eigentlich aktuell aus?
Hleb: Ich mache ein bisschen Sport, relaxe mit meiner Familie. Meine Frau und ich haben drei Mädchen. Die halten mich auf Trab. Und für die ist Papa natürlich der Beste. (lacht)
ran: Welche Rolle spielt Fußball in Ihrem Leben?
Hleb: Wenn es um belarusssichen Fußball geht, bin ich manchmal noch als Experte im Fernsehen zu Gast. Und aktuell mache ich meine A-Lizenz als Fußballtrainer. Mal schauen, was in Zukunft passiert …