Fußball-WM
WM 2030 auf drei Kontinenten: Wie ignorant kann man sein? Ein Kommentar
- Aktualisiert: 05.10.2023
- 01:05 Uhr
- Chris Lugert
Die FIFA vergibt die WM 2030 an gleich sechs Länder auf drei Kontinenten, die die halbe Welt abdecken. In Zeiten des Klimawandels sendet der Weltverband ein bedauernswertes Zeichen der Ignoranz. Ein Kommentar.
Von Chris Lugert
Eigentlich dürften die Entscheidungen der FIFA niemanden mehr überraschen und in gewisser Weise hat man sich mit dem Treiben von Präsident Gianni Infantino schon abgefunden. Aber der Schweizer schafft es immer wieder, seinen abstrusen Ideen noch eine gewaltigere Krone aufzusetzen.
Nächster Höhepunkt aus Absurdistan: Das FIFA-Council hat entschieden, die WM 2030 gleich in sechs Ländern stattfinden zu lassen. Spanien, Portugal, Marokko, Paraguay, Uruguay und Argentinien sollen Schauplatz des Turniers werden. Offiziell wird die WM erst im kommenden Jahr vom FIFA-Kongress vergeben, aber das ist nur eine Formalität.
Ursprünglich gab es zwei getrennte Bewerbungen für das Turnier: Spanien, Portugal und Marokko auf der einen sowie Argentinien, Uruguay, Paraguay und Chile auf der anderen Seite. Geografisch trennen beide Regionen Welten, doch das stört Infantino nicht.
Südamerika bekommt - wenn auch ohne Chile - sein 100-jähriges Jubiläum der ersten WM 1930 in Uruguay, Europa und Afrika erhalten den Löwenanteil des Turniers. Denn: Nur die ersten drei (!) Spiele finden in Südamerika statt, jeweils eines pro Land. Danach reisen die beteiligten Mannschaften um den halben Erdball und setzen das Turnier in den drei anderen Ländern fort.
In Zeiten des Klimawandels, in denen jedes Land und jeder einzelne Mensch nach Wegen suchen muss, seinen ökologischen Fußabdruck möglichst klein zu halten, sendet die FIFA ein groteskes wie bedauernswertes Zeichen der Ignoranz.
Das Wichtigste in Kürze
Während viele Menschen versuchen, ihr Verhalten und ihre Lebensweise zu verändern, signalisiert der Verband einmal mehr, dass es ihm nur um sich geht. Vorbildfunktion als Dachverband der wichtigsten Sportart der Welt? Fehlanzeige. Hauptsache, das Geld fließt.
Infantino selbst verkauft die Idee als Zeichen der Völkerverständigung. "In einer geteilten Welt sind die FIFA und der Fußball vereint", sagte der 53-Jährige. Er sei davon überzeugt, dass die WM "die Welt in einer einzigartigen globalen Feier vereinen" werde.
Fußball-WM verändert sich immer stärker
Was er wirklich meint: Je mehr Länder die WM austragen, desto größer fällt der finanzielle Kuchen aus, der beim Verband auf dem Tisch landet. Um den Sport und auch die sozialen Themen dahinter geht es ihm schon lange nicht mehr - falls es überhaupt jemals der Fall war.
Schon 2026 wird sich die WM auf erhebliche Art verändern. Beim Turnier in den USA, in Kanada und Mexiko nehmen erstmals 48 Mannschaften teil, die Zahl der Spiele steigt von bislang 64 auf dann 104 Partien. Schon dieser Umstand macht es für die meisten Länder fast unmöglich, das Turnier alleine auszurichten.
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Mehr Austragungsländer bedeuten jedoch mehr Reisebewegungen, der CO₂-Ausstoß steigt weiter, statt zu sinken. Dieser Umstand wird im Jahr 2030 mit zusätzlichen und völlig unnötigen Interkontinentalflügen fast schon hämisch auf die Spitze getrieben.
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Aber wer weiß, vielleicht sehen wir dann auch schon wieder die nächste Winter-WM. Denn im Juni und Juli könnte es in Südeuropa und Nordafrika zu diesem Zeitpunkt bereits zu heiß sein, um Spitzensport zu betreiben.
Infantino wird es egal sein, wenn er nach dem Eröffnungsspiel in der uruguayischen Hauptstadt Montevideo nach Madrid, Rabat oder Lissabon fliegt. Getreu dem Motto: Nach mir die Sintflut. In diesem Fall ist das aber leider kein bloßer Spruch.