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FIFA

WM 2034 in Saudi-Arabien: Das ohrenbetäubende Schweigen ist peinlich – ein Kommentar

  • Aktualisiert: 11.12.2024
  • 20:31 Uhr
  • Justin Kraft

Die WM 2034 findet in Saudi-Arabien statt. Das hat die FIFA am Mittwoch offiziell verkündet. Echten Widerstand gab es nicht, aber dafür zahlreiche Feigenblätter. Ein Kommentar.

Von Justin Kraft

Nun ist also offiziell, was ohnehin schon absehbar war: Die Fußball-Weltmeisterschaft der Männer findet 2034 in Saudi-Arabien statt. Es ist ein Turnier, das laut der Menschenrechtsorganisation Amnesty International Leben gefährden wird – und auch sonst scharf in der Kritik steht. Applaus gab es dafür unter anderem vom DFB trotzdem. Der einzige Verband, der bereits vorher ankündigte, nicht zu klatschen, war Norwegen.

"Die FIFA hat in jeder Phase des Bewerbungsverfahrens gezeigt, dass ihr Einsatz für die Menschenrechte eine Farce ist", erklärte Steve Cockburn, Experte für Sport und Menschenrechte bei Amnesty, laut einer Mitteilung: "Die rücksichtslose Entscheidung der FIFA, die Weltmeisterschaft 2034 an Saudi-Arabien zu vergeben, ohne dass der Menschenrechtsschutz gewährleistet ist, wird viele Menschenleben gefährden."

Die Ziele des Königreichs sind hinlänglich bekannt. Mit Großevents wie der WM und weiteren Investments in der Welt des Sports will man Sportswashing betreiben, den eigenen Ruf verbessern und Argumente in die Welt setzen, warum das alles doch gar nicht so schlimm ist, wie es dargestellt wird.

Einerseits wird massiv investiert, um Gäste in das Land zu holen. Dafür gab es bereits gesellschaftliche Reformen und eine Abkehr von der erzkonservativen Vergangenheit. Eine Strategie, die die autoritäre Herrschaft sichern soll. Gleichzeitig regiert Kronprinz Mohammed bin Salman mit harter Hand.

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Aktivisten und Aktivistinnen, Gegner und Gegnerinnen des Regimes müssen die Todesstrafe fürchten, werden mindestens weggesperrt. Erst im vergangenen Jahr wurde ein ehemaliger Lehrer wegen kritischer Posts auf Social Media zum Tode verurteilt. Expertinnen und Experten beobachteten, dass Saudi-Arabien nicht etwa demokratischer, sondern gar noch autoritärer geworden ist.

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DFB: So schön politisch unpolitisch

Und in all diese Entwicklungen hinein lässt sich die FIFA abermals für viel Geld als Spielball missbrauchen. Inklusive eines in aller Öffentlichkeit dreist grinsenden Gianni Infantino, der bereits für Katar rund um die WM 2022 die perfekte Marionette war. Es verwundert vor diesem Hintergrund und mit dem Wissen darüber, wie viel Korruption es im Weltverband gab und gibt, nicht wirklich, dass das Turnier nach Saudi-Arabien vergeben wird.

Erschreckend aber ist, wie viel müder und bequemer alle drumherum geworden sind. Das betrifft allen voran die Verbände, die das Armutszeugnis größtenteils abgesegnet haben. Darunter auch der DFB.

Gerade an ihnen lässt sich die traurige Entwicklung seit der WM 2022 in Katar besonders gut ablesen. Weil es sportlich nicht lief, suchte man nach politischen Gründen und beteuerte, daraus gelernt zu haben. "Ich verstehe zwar, dass man ab und zu ein Zeichen setzen muss. Aber jetzt geht es wieder um Fußball", kündigte der damals neu berufene Sportdirektor Rudi Völler bereits zum Start seiner Amtszeit den neuen Kurs an.

Oder, um es anders zu formulieren: Uns ist egal, was in Saudi-Arabien passiert. Wir wollen dort einfach nur eine gute Zeit haben und ein bisschen kicken. Eine Nicht-Haltung, die für den größten nationalen Fußball-Verband schlicht peinlich ist. Lieber Teil des saudi-arabischen Sportswashing als den unbequemen Weg des Widerstands gehen. Da hilft es auch nicht, dass man sich auf Gespräche mit Expertinnen und Experten stützt, wenn diese in aller Öffentlichkeit immer wieder betonen, dass die WM eine falsche Entscheidung ist.

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WM 2034: Katar zeigte, dass Sportswashing funktioniert

"Unser Ziel ist es, in den kommenden Jahren gemeinsam mit der FIFA auf eine Verbesserung der Situation hinzuwirken", wurde Präsident Bernd Neuendorf jüngst in einem Statement zitiert. Es ist der übliche PR-Unsinn. Schon nach der WM in Katar wurde deutlich, dass das Gerede nicht viel bringt – außer Erfolge beim Sportswashing. Amnesty berichtete ein Jahr nach dem Turnier von einem Stillstand der wenigen Fortschritte. Und was wird passieren, wenn der DFB merkt, dass sich auch in Saudi-Arabien wenig bis nichts verändert? Vermutlich nichts.

Die Alternative hätte gar keine konkret ablehnende Haltung sein müssen, die Neuendorf als "Symbolpolitik" abtat. Möglich wäre es ja auch gewesen, vorab Forderungen zu formulieren, sich auf die Entscheidung inhaltlich vorzubereiten und die FIFA damit als einer der wichtigsten Verbände unter Druck zu setzen, feste Versprechungen abzugeben. Aber das hätte mehr Aufwand und Widerstand erfordert, als mit ein paar Feigenblättern an die Öffentlichkeit zu gehen und so zu tun, als hätte man als größter Verband allein keinen besonderen Einfluss.

Nun ist es halt so wie es ist. Während der DFB mit seinen Entscheidungen Politik für Saudi-Arabien betreibt, freuen sich hierzulande zahlreiche Fans darüber, wie vermeintlich unpolitisch der Verband doch geworden ist. Es ist und bleibt ein Trauerspiel, dass die Notwendigkeit von Protest auch dann nicht erkannt wird, wenn Organisationen und Kräfte vor Ort über Jahre hinweg vor einer Unterstützung warnen.

Und am Ende will wieder niemand von irgendetwas gewusst haben. Das wirklich Schlimme ist, dass der Spitzen-Fußball immer wieder damit durchkommt, möglichst wenig Verantwortung zu übernehmen, um maximal abzukassieren. Wenn das Turnier in rund zehn Jahren stattfindet, erinnern sich hoffentlich alle an das peinliche Schweigen nahezu aller Verbände.

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