Handball-WM
Handball-WM 2025 - Deutschland - Schweiz: Die berechtige Angst vor dem möglichen Turnierkiller
- Veröffentlicht: 16.01.2025
- 17:49 Uhr
- Andreas Reiners
Die deutschen Handballer treffen am Freitag (20:30 live bei Joyn) im zweiten WM-Gruppenspiel auf die Schweiz. Erkenntnisse vom Auftaktsieg zeigen, dass die Zwischenrunde kein Selbstläufer ist. Ein Dauerproblem muss dringend abgestellt werden.
Das Knie der Nation scheint zu halten.
Keine Frage: Ein Sieg im zweiten Gruppenspiel bei der Handball-WM 2025 am Freitag (20:30 live bei Joyn) gegen die Schweiz ist auch ohne den angeschlagenen Juri Knorr Pflicht. Ein längerer Ausfall aber wäre ein empfindlicher Rückschlag gleich zu Beginn des Turniers gewesen.
"Es sieht positiv aus, dass er uns zur Verfügung steht", sagte Teammanager Benjamin Chatton. Komplette Entwarnung könne man aber nicht geben. Man sei "zuversichtlich, hundertprozentig wissen wir es noch nicht."
Dafür weiß Bundestrainer Alfred Gislason, dass der 35:28-Auftakterfolg gegen Polen souveräner aussah, als er es letztendlich war. Es waren einige positive Dinge dabei, aber auch wichtige Erkenntnisse für das Spiel gegen die Schweiz.
ran nennt sie.
Das Wichtigste in Kürze
DHB-Team: Auf die Torhüter ist Verlass
Andi Wolff und David Späth bleiben wie erwartet immens wichtige Faktoren für das deutsche Spiel.
"Ein Torhüter war schon immer elementar und ist über die Jahre sogar noch wichtiger geworden. Es gibt heute viel mehr Aktionen, die direkt auf den Torhüter gerichtet sind, und er ist oft der entscheidende Faktor, wenn es darum geht, etwas Großes zu erreichen", hatte Ex-Weltmeister Johannes Bitter im ran-Interview erklärt.
Späth sprang gegen Polen ein, als Wolff nicht ganz so dominant ins Spiel fand. Späth riss das Team mit seiner Leidenschaft und seinen Emotionen mit. Und Wolff entnervte die Polen mit gehaltenen Siebenmetern, für die er zeitweise extra aufs Feld kam.
Das Duo war schon immer ein Garant für starke Auftritte. Trotzdem ist es gut zu wissen, dass beide im Turnier sind und sich gegenseitig weiterhin verlässlich zu Höchstleistungen pushen.
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DHB-Team: Renars Uscins macht den Unterschied
Uscins verkörpert sowieso die Hoffnungen auf eine goldene Zukunft im sogenannten "Jahrzehnt des Handballs" mit unter anderem der Heim-WM 2027. Denn der 22-Jährige ist nicht nur ein Versprechen, sondern Anführer und Leistungsträger.
Einer, der den Unterschied machen kann. Machen soll. Einer, der mit seinem Tempo, seinem Blick für den Mitspieler und dem normalerweise präzisen Abschluss der X-Faktor ist.
Wie wichtig Uscins für das deutsche Spiel ist, zeigte die erste Halbzeit, in der auch er gegen unangenehme Polen nur schwer ins Spiel fand. Auch ihm fehlte der Schuss Leichtigkeit, die der gesamten Mannschaft abging.
Mit zehn Treffern war er am Ende zwar der beste Torschütze, allerdings leistete er sich auch sieben Fehlwürfe, vor allem in der ersten Halbzeit. Im zweiten Durchgang gelangen ihm dann aber sieben Tore.
Da zeigte er, was es für Auswirkungen hat, wenn er aufdreht, wie wichtig er dann für die Statik des deutschen Spiels ist, für das große Ganze. Wie er mitreißen und antreiben kann. Extrem wichtig: Er kann den Druck und die Erwartungshaltung schultern, die auf ihm lasten. Bringt er seine Unbekümmertheit kombiniert mit seiner Klasse auf die Platte, ist schon viel gewonnen. Dann macht er die Nebenleute automatisch besser.
DHB-Team: Mangelnde Chancenverwertung kann zum Turnierkiller werden
Es ist beeindruckend, in welcher unschönen Regelmäßigkeit das deutsche Team es schafft, den gegnerischen Torhüter erst warm und dann zu einer Top-Leistung zu werfen.
Wenn die eigenen leichten Tore nicht gelingen, es an Konzentration und Präzision in den offensiven Aktionen mangelt und zu wenig Tempo und stattdessen zu viel Hektik drin ist, wird es knifflig. Es kann gegen die stärkeren Teams böse schiefgehen, wenn es zu lange dauert, bis der DHB-Motor auf Touren kommt. Selbst wenn es dann wie geschmiert läuft.
Video - Handball-WM: Knorr erlebte letzten Titel auf Kindergeburtstag
Im zweiten Spiel gegen die Schweiz am Freitag müsse man sich an die letzten 15, 20 Minuten gegen Polen halten, "die uns die Leichtigkeit gegeben haben", so Uscins: "Wir müssen das positive Gefühl und das Selbstvertrauen mitnehmen. Wir dürfen uns nicht blenden lassen von den Fehlwürfen. Es war ein echt schwieriger Start ins Turnier, wir werden gegen die Schweiz unsere Lehren daraus ziehen."
DHB-Team: Selbstkritik im Überfluss
Diese Selbstkritik zeichnet das Team aus, manchmal geht es sogar etwas zu hart mit der eigenen Leistung ins Gericht. Doch nach dem Polen-Spiel ist klar, dass es Lösungen braucht. Dass Anpassungen schon während des Spiels griffen, ist eine Stärke, muss aber nicht immer automatisch gutgehen. Doch niemand im Team geht zur Tagesordnung über.
Unter Gislason haben sich Automatismen eingestellt, die auch die Aufarbeitung betreffen, die unaufgeregt-analytisch vorgenommen wird. Der Schlüssel wird sein, die Erkenntnisse auch auf den Platz zu bringen.
"Wir müssen an einigen Stellschrauben drehen", sagte Wolff. Man könne sich schließlich "nicht jedes Mal drauf verlassen, in der zweiten Hälfte so zuzulegen" wie gegen Polen: "Wir müssen eine ganze Schippe drauflegen."
"Jedes Spiel bei der Weltmeisterschaft ist ein Endspiel. Du nimmst die Punkte mit in die Hauptrunde", unterstrich Linksaußen Lukas Mertens: "Wir dürfen kein Spiel und keine Minute abschenken. So wie wir es bei Olympia getan haben."
DHB-Team: Alternativen für Juri Knorr sind da
Ein Ausfall Knorrs würde das deutsche Team fraglos treffen. Er war bis zu seiner Verletzung nach 40 Minuten einer der stabilsten Spieler und ist wie Uscins eigentlich unverzichtbar, in Topform sowieso. Doch eine Katastrophe wäre es auch wieder nicht.
Denn der inzwischen enorm breite Kader ist ein echtes Pfund und bietet Optionen, mit denen ein Ausfall aufgefangen werden kann. Luca Witzke und Nils Lichtlein stehen als Alternativen bereit. Witzke steuerte gegen Polen von der Bank kommend fünf Tore bei. Das DHB-Team ist also für den Fall der Fälle gewappnet.
Aber das Knie der Nation scheint ja zu halten.