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Christopher Ezeala im Interview vor dem ELF-Saisonstart: "In diesem Moment wurden Lamar Jackson und ich Freunde"
- Aktualisiert: 05.06.2024
- 18:45 Uhr
- Oliver Jensen
Christopher Ezeala war zwei Jahre bei den Baltimore Ravens in der NFL, spielte danach in der Canadian Football League und gehört nun Stuttgart Surge (Samstag, 1. Juni, 16:50 Uhr: Stuttgart Surge at Wroclaw Panthers - im Livestream auf Joyn, ran.de und in der ran-App) in der ELF an. Im exklusiven ran-Interview spricht der 28-Jährige über seine Freundschaft zu Lamar Jackson, die Schwierigkeit in der NFL und seinen Eindruck von der ELF.
Das Interview führte Oliver Jensen
ran: Herr Ezeala, warum sind Sie nach Ihren Stationen in Nordamerika wieder nach Deutschland zurückgekehrt und spielen nun für Stuttgart Surge in der ELF?
Christopher Ezeala: Ich möchte einfach wieder Spaß an dem Sport haben, in den ich mich verliebt habe. Ich möchte auch mein Wissen und Können weitergeben. Ich bin mit Stuttgart Surge glücklicherweise bei einem sehr starken Team mit einem sehr guten Coaching-Staff gelandet.
ran: Das erste Spiel wurde gegen die Munich Ravens souverän mit 27:5 gewonnen. Das lässt darauf schließen, dass die Saisonvorbereitung sehr gut verlief, oder?
Ezeala: Ich bin es aus der NFL oder der CFL gewohnt, jeden Tag hart zu trainieren. Das ist in der ELF anders. Aber als die Saisonvorbereitung begann, war ich positiv überrascht, wie gut organisiert die Franchise ist und wie flüssig die Trainingseinheiten ablaufen. Das ist nicht überall in Deutschland so. Außerdem gefällt mir die Kultur dieses Teams. Jakob (Johnson, Anm. d. Red.) engagiert sich für dieses Team. Ich habe einen guten Bezug zu ihm. Ich kenne auch unseren Head Coach Jordan Neumann. Das ist ein gutes Match.
Das Wichtigste in Kürze
ran: Im Jahre 2021 haben Sie bereits einige Spiele für die Cologne Centurions absolviert und gleich im ersten Spiel einen Touchdown erlaufen. Wie war ihr damaliger Eindruck von der European League of Football?
Ezeala: Puh (lacht). Die Liga steckte noch ganz am Anfang. Und aller Anfang ist schwer. Man hat aber gesehen, dass das Interesse für Football auch in Deutschland sehr groß ist. Und ich finde , dass sich die Liga seitdem noch einmal stark entwickelt hat.
ran: Wie wichtig könnte die ELF für die Entwicklung des europäischen American Football sein?
Ezeala: Die ELF ist die größte Liga in Europa. Die NFL blickt immer mehr in die internationalen Ligen. Es ist super, wenn europäische Spieler sich in der ELF zeigen können. Natürlich kann die ELF niemals mit der NFL konkurrieren. Aber wir können unser eigenes Ding machen. Die Football-Fans in Europa, von denen es mehr und mehr gibt, können ihre einheimischen Spieler unterstützen. Letztendlich lieben wir alle diesen Sport. Es wäre toll, wenn sich die Liga so gut entwickelt, dass die Spieler eines Tages von dem Sport leben können.
ran: Sie waren immer ein sehr vielseitiger Spieler. Auf welchen Positionen sind Sie aktuell einsetzbar?
Ezeala: Hauptsächlich in der Defense - als Defense End und Linebacker. Da kann ich meine Physis und meine Schnelligkeit gut einbringen. Es kann aber sein, dass ich auch in der Offense mal aushelfen werde.
ran: Lassen Sie uns über Ihren Werdegang sprechen. Sie gelangten im Jahre 2018 über das International Player Pathway Program in die NFL und somit zu den Baltimore Ravens. War die NFL immer ein konkretes Ziel von Ihnen?
Ezeala: Ja, die NFL war immer ein Ziel von mir. Als ich mit American Football anfing, hat das ein Feuer in mir entfacht. Ich wollte die größte Plattform erreichen, die dieser Sport bietet. Natürlich dachten alle, ich wäre ein Träumer. Aber ich habe immer mein Bestes gegeben. Ich gelangte dann über das IPPP zu den Baltimore Ravens und somit in die AFC North, die als die härteste Division gilt. Das war tough. Auch dort habe ich immer mein Bestes gegeben…
ran: Aber?
Ezeala: Aber man trifft in der NFL eben auf Spieler, die diesen Sport schon ihr ganz Leben ausüben. Ich kam dort als International Guy hin – ohne College-Erfahrung. Natürlich ist das hart, natürlich sind die überlegen. Aber ich bin trotzdem happy damit, wie es gelaufen ist. Es gab einfach Spieler, die besser waren als ich.
ran: Was ist die größte Herausforderung, wenn man in Deutschland Football gespielt hat und plötzlich ein Trainingscamp in der NFL absolviert?
Ezeala: Das Spielverständnis und der Game-Speed. Man hat keine Zeit, um das dort zu lernen. Es wird erwartet, dass du das bereits kannst. Das war sehr schwer, vor allem im ersten Jahr. Ich habe dennoch ein paar Preseason-Spiele gemacht, hatte das Hall of Fame Game und habe Ray Lewis getroffen. Das waren tolle Erlebnisse. Aber natürlich wäre es schön gewesen, ein reguläres Saisonspiel zu machen.
ran: Würden Sie sagen, dass Sie nie so richtig eine Chance dafür bekommen haben, weil Sie eben der Spieler aus Deutschland gewesen sind?
Ezeala: (überlegt) Nein, das würde ich nicht sagen. Jeder hat die gleiche Chance. Aber es ist natürlich so, dass die Trainer sich bereits im Vorfeld einen Eindruck von den Spielern bilden, indem sie sich Videos anschauen. Von mir gab es keine richtigen Game-Filme bzw. diese kamen aus Deutschland. Von den anderen Spielern gab es Videos vom College Football, wenn sie zum Beispiel gegen LSU spielten. Mich konnte man nicht so richtig evaluieren. Ich habe trotzdem bewiesen, dass ich etwas kann. Daher durfte ich bei den Ravens noch ein zweites Jahr verbringen. Aber die Konkurrenz war stark. Auf der Fullback-Position gab es mit Patrick Ricard einen Spieler, der mehrmals im Pro Bowl stand.
ran: Als Sie 2018 zu den Ravens kamen, war Lamar Jackson gerade ein frisch gedrafteter Rookie-Quarterback, ist dann aber sofort durchgestartet. Wie haben Sie ihn in Erinnerung behalten?
Ezeala: Lamar Jackson und ich sind gute Freunde. Er war erst kürzlich in München und wir hatten uns getroffen. Als er 2018 in die NFL kam, sagten viele, er sei ein Running Back und kein richtiger Quarterback. Aber ich sah das anders. Ich hatte ihn im Training oft beobachtet und auch mit oder gegen ihn gespielt. Mir war klar, dass er ein außergewöhnlicher Spieler ist. Am Ende seiner ersten Saison verloren wir im ersten Playoff-Spiel gegen die Los Angeles Chargers. Lamar hatte nicht so gut performt und wurde von den Fans gebasht – manchmal können Fans sehr gemein sein. Aber genau dabei merkte ich, was für ein krasser Typ Lamar ist.
ran: Inwiefern?
Ezeala: Am Tage nach der Niederlage gegen die Chargers war ich in der Facility. Es war fast niemand da – außer Lamar. Ich sah, wie sehr ihn das alles mitgenommen hat. Ich bin dann einfach zu ihm hingegangen und sagte: "Hey Bro, ich will nicht blöd rüberkommen. Aber ich denke, du bist einer der besten Spieler, die ich je gesehen habe. Du wirst das Spiel verändern." Er war überrascht davon, dass ich das so offen zu ihm gesagt habe. Das hatte ihn irgendwie berührt, und wir sprachen ein bisschen miteinander. In diesem Moment wurden wir Freunde – und sind es heute noch. Ich habe seine Handynummer, wir schreiben öfter miteinander, ich bin mittlerweile auch mit seiner Mutter gut befreundet, die seine Managerin ist. Wir haben einen Bruder-zu-Bruder-Draht. Aber es gibt auch andere Spieler aus der NFL, zum Beispiel Mark Ingram, mit denen ich noch immer gut befreundet bin.
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Wir haben einen Bruder-zu-Bruder-Draht. Aber es gibt auch andere Spieler aus der NFL, zum Beispiel Mark Ingram, mit denen ich noch immer gut befreundet bin.
Chris Ezeala über Lamar Jackson
ran: Zurück zu Ihrer Geschichte: Sie standen 2018 und 2019 im Practice Squad der Baltimore Ravens, bekamen aber 2020 keinen neuen Vertrag mehr. Gab es danach noch weitere Kontakte in die NFL?
Ezeala: Ich bekam ein Angebot von den Arizona Cardinals. Sie riefen meinen Agenten an und wollten mich in das 90-Mann-Trainingscamp aufnehmen. Aber dann kam Corona. Dadurch wurde das Roster auf 75 Spieler verkleinert. Daher bevorzugten sie Spieler, die sie besser einschätzen konnten und von denen sie bereits mehr gesehen haben. Das war sehr traurig und hat mich damals mental sehr mitgenommen. Ich bin dann nach Deutschland zurückgekehrt und habe weiter trainiert.
ran: Sie haben danach in der Canadian Football League für die Saskatchewan Roughriders gespielt. Wie blicken Sie auf diese Zeit zurück?
Ezeala: In Kanada gibt es viele Ex-NFL-Spieler. Ich wurde in den Special Teams und auch in der Defensive Line eingesetzt. Das war für mich eine schöne Zeit, denn ich habe jedes Spiel gespielt.
ran: Wie ist das spielerische Niveau in der CFL einzuschätzen?
Ezeala: Die CFL bewegt sich natürlich unterhalb der NFL, ist aber sehr professionell. Die Teams haben richtige Facilitys. Es wird jeden Tag trainiert. Das Niveau ist gut, die Spielgeschwindigkeit sehr hoch. Man wird ordentlich bezahlt und kann vom Football leben. Ich würde sagen, die CFL ist praktisch nach der NFL die 2. Bundesliga.
ran: Warum haben Sie Kanada dann wieder verlassen?
Ezeala: Ich habe in Kanada zwar Football gespielt, aber es nicht richtig gefühlt. Ich bin nach Deutschland zurückgekehrt und habe mich neu aufgestellt, habe eine eigene Firma gegründet und entwickle meinen eigenen Brand. Außerdem war es mir wichtig, wieder in der Nähe meiner Familie zu sein. Aber der Football hat mir in den vergangenen zwei Jahren sehr gefehlt. Daher bot es sich an, nun in der ELF für Stuttgart zu spielen.
ran: Ihr Bruder soll auch ein sehr talentierter Football-Spieler sein …
Ezeala: Absolut. Mein Bruder Terry spielt an der High School und hat bereits zehn bis 15 Angebote von Division-1-Colleges. Das ist der richtige Weg. Wäre ich jünger, würde ich das genauso machen. Ich würde jedem empfehlen, den Weg über die USA zu gehen, niemals aufzugeben und ordentlich zu ballern (lacht).