Deutscher Football-Kicker im interview
Dominik Eberle über Morddrohungen, Krebs-Schock, Ex-Freundin-Drama und ein NFL-Comeback
- Veröffentlicht: 05.06.2024
- 14:28 Uhr
- Mike Stiefelhagen
Dominik Eberle hat ein ausführliches Interview über seine bisherige Football-Karriere gegeben. Dabei erzählt der ehemalige NFL-Kicker von dunklen Momenten, Morddrohungen, einer schlimmen Diagnose, Schicksalsschlägen und dem nicht aufgegebenen Traum eines Comebacks.
Dominik Eberle ist 27 Jahre alt.
Und doch bekommt man das Gefühl, dass der gebürtige Nürnberger fast doppelt so alt sein könnte, wenn er über sein Leben spricht.
Selbstreflektierend spricht der Football-Kicker in der Video-Reihe "Wer ist?" von ran-Moderator Mike Stiefelhagen über schlimme, aber auch prägende Momente in seinem Leben. Jedoch verliert er dabei nie sein Lächeln.
Wie er das geschafft hat und wo seine bewegende Reise hingeht, erzählt der einstige NFL-Spieler in dem Interview. Wir haben die wichtigsten Aussagen zusammengefasst.
Das Wichtigste in Kürze
Dominik Eberle über den Wechsel von Fußball zu Football
Dominik Eberle über ...
... den Anfang seiner Karriere: "Ich bin mit 14 Jahren nach Amerika gezogen. Meine Eltern wollten dorthin und ich sah es als Abenteuer. In Deutschland habe ich Fußball gespielt, aber in den USA wurde ich schnell von anderen Sportarten begeistert. Vor allem Eishockey hatte es mir angetan, ich war großer Fan der Pittsburgh Penguins. Aber auch Basketball und eben Football waren cool. Als ich dann bei einem Fußballspiel einen Freistoß weiter über das Tor schoss, meinte ein Kumpel von der High School zu mir: 'Ey! Probiere es doch mal als Kicker!". Was zunächst als Scherz verstanden wurde, blieb dann in meinem Kopf. Ich habe mich daran probiert und auch mit technischen Defiziten schnell gemerkt, dass ich da ein Talent für habe. Dann habe ich mich mehr mit Football auseinandergesetzt."
... seine erste schwere Verletzung: "Ich habe aber mehrere Positionen gespielt. Ich war auch Safety. Bei einem Kick Return wollte ich einen Run Block setzen und nach dem Spielzug hat mich dann nochmal jemand geschubst. Dabei habe ich mir unglücklich den Arm gebrochen. Ich habe bis heute eine Metallplatte darin. Im ersten Moment hatte ich das gar nicht realisiert und bin mit dem rausstehenden Knochen zu meinem Coach und meinte aus Spaß: 'Meinst du mit bisschen Tape geht das wieder?' Wir haben gelacht. Aber dann war ich eine Zeit lang raus. Als ich wieder fit war, habe ich mit ein paar Leuten ohne Pads gespielt und war dabei Outside Linebacker. Ich hatte mehrere Picks und dachte okay, vielleicht ist das meine Position. Als das Camp dann begann und wir uns bei einem Oklahoma Drill mit Pads messen mussten, habe ich von einem Running Back wieder volle Kanne eine abbekommen, lag am Boden und dachte: 'Okay. Ich werde Kicker'!"
... seinen Weg im College: "Ich war in der High School ganz gut und konnte mit den Top-Kickern mithalten. Dann haben sich die ersten Colleges interessiert. Ich hatte mal ein Gespräch mit einem Scout und der meinte zu mir, ich wäre maximal gut genug für ein Division II College. Währenddessen sind aber die anderen Kicker, mit denen ich mithalten konnte, alle in die bestmöglichen Division I Colleges gegangen. Das hat mich gewurmt. Ich dachte mir, wie kann der mich jetzt hier so bewerten, ohne mich richtig zu kennen. Daraufhin habe ich nochmal extra trainiert, 10-12 Kilogramm reine Muskelmasse aufgebaut und ein starkes Jahr gespielt, um dann auf das College in Utah gehen zu können."
Externer Inhalt
Dominik Eberle über Morddrohungen via Social Media
... über Morddrohungen: "Auf dem College hatte ich viele gute Spiele. Jedoch gab es ein wichtiges Spiel, da habe ich mir kurze Zeit vorher eine Lebensmittelvergiftung abgeholt und war nicht gut drauf. Ich wollte trotzdem spielen, ich wollte dem Team helfen. Also habe ich meinen Coach angefleht, mich aufzustellen. Im Nachhinein weiß ich, dass das ein Fehler war und ich dem Team mehr geschadet als geholfen habe. Ich habe nicht nur Field Goals und Extra-Punkte vergeben, ich habe sogar einen Kick so schlecht gesetzt, dass der Gegner einen direkten Touchdown erzielen konnte. Ich habe mich geschämt, ich war einfach nicht fit. Als ich dann in der Kabine war, habe ich mein Handy rausgeholt und bin auf Social Media gescrollt, ich wollte mich eigentlich einfach nur ablenken. Doch ich habe tausende Nachrichten bekommen. Negative Kommentare, Hassnachrichten. Es waren tausend Morddrohungen dabei. Solche Sachen wie, dass ich am besten doch Selbstmord begehen soll. Das hat mich sehr getroffen. Ich war physisch und mental am Ende, wusste selbst, wie schlecht ich an dem Tag war und habe mir das alles durchgelesen. Das hat mich sehr runtergezogen und das würde ich nie mehr so machen."
... über seine Ex-Freundin: "Dazu kommt, dass mir meine damalige Bekanntschaft nach dem Spiel gesagt hat, dass sie mich verlässt. So schlecht habe ich gespielt. Wir waren am Anfang einer Beziehung und sie ist dann direkt mit meinem Mitspieler zusammengekommen. Da bist du schon am Boden und kriegst nochmal so ein Messer in den Rücken. Daraus habe ich dann gelernt und mich für die Zukunft mit anderen Menschen umgeben. Heute weiß ich, sie hat mich vor ihr selbst beschützt."
... über seine Zeit bei den Carolina Panthers: "Wir hatten mal ein Spiel gegen die Tampa Bay Buccaneers. Mit Tom Brady und Rob Gronkowski. Man kann sich das wie Kinder bei einem Eiswagen vorstellen. Nach dem Abpfiff standen dort sämtliche Leute der Panthers-Organisation - egal, ob Trainer oder Spieler - und wollten ein Autogramm. Sowas habe ich noch nicht erlebt. Aber ich muss zugeben, auch ich bin hin und durfte Brady die Hand schütteln. Das war schon cool."
Dominik Eberle über den Verdacht auf Krebs
... über den missglückten Start bei den Green Bay Packers: "Das lief bitter. Mitten in der Anfangsphase, zur Camp-Zeit, in der ich mich echt gut fühlte und in Form war, kam eine gesundheitliche Sache dazwischen. Der erste Verdacht war sogar Krebs. Aber "zum Glück" war es nur eine heftige Entzündung der Speiseröhre. Ich habe mich nur übergeben. Und es kam nur Blut raus. Sie mussten mir so oft was wegnehmen, dass ich irgendwann nur noch ein Drittel meiner ursprünglichen Speiseröhre hatte. Das hat mich total aus der Bahn geworfen und ich wurde schnell wieder entlassen. Das war bitter."
... über das teuerste iPad der Welt bei den Raiders: "Ich sollte bei den Raiders spielen, da Starting Kicker Daniel Carlson an Covid erkrankt war. Ich habe dort hart trainiert, um diese Chance zu haben. Als es dann soweit war, war Carlson doch rechtzeitig wieder fit und hätte spielen können. Doch Carlson ging zum Trainerstab und setzte sich für mich ein. Er meinte: 'Komm, lass den Eberle spielen. Der hat sich hier den Arsch aufgerissen, der verdient es.' Und dann durfte ich tatsächlich spielen. Seitdem habe ich unfassbaren Respekt vor Carlson, aber auch den Raiders. Sie haben mir vertraut und ich war gut. Jedoch war klar, dass ich am nächsten Tag wieder gecuttet werden würde. Das war mir bereits vor dem Spiel bewusst, weil du brauchst nur einen Kicker. Die Raiders wollten mich erst sogar zu den New Orleans Saints traden, damit ich direkt wieder irgendwo unterkomme. Doch das hat sich zerschlagen, da die Saints wussten, die Raiders werden mich eh cutten. Warum also investieren? Aber allein den Versuch rechne ich ihnen hoch an. Am Morgen nach dem Spiel war ich früh wach, konnte kaum schlafen und bekam vom General Manager direkt die Nachricht: 'Komm bitte in Büro und bring dein iPad mit.' Da weißt du schon, was passiert. Auf dem iPad ist das komplette Playbook drauf. Wenn du das vergisst abzugeben, musst du eine Strafe von 40.000 Dollar zahlen. Quasi das teuerste iPad der Welt! Ich saß dann da mit Coach Rich Bisaccia und dem GM Mike Mayock. Beide lobten mich über alles und meinten bereits, ich soll morgen früh am besten am Flughafen sein oder dort in der Nähe, weil ein Anruf kommen wird. So kam es auch. Direkt danach riefen die Saints an und luden mich zum Probetraining ein. Kicker Wil Lutz hatte sich verletzt. Das geht so schnell."
... über das letzte Spiel bei den Detroit Lions: "Ich bekam einen Anruf und wurde in Woche vier direkt von den Lions ins Spiel geworfen, als offizieller Starter. Ich hatte endlich die Chance zu überzeugen und einen Starterjob zu gewinnen. Doch ich habe es vermasselt, ich hatte einfach einen schlechten Tag. Ich habe zwei Field Goals knapp verschossen. Es war wirklich knapp. Aber eben daneben. Danach wurde ich wieder entlassen. Da ist die NFL knallhart. Es ist natürlich schade, da ich mein Leben lang alles für diesen Moment gegeben habe und dann war es auf einmal vorbei. Ich bin mir sicher, hätte ich die beiden Versuche verwandelt, wäre ich heute noch Kicker der Lions. Aber ich ärgere mich nicht mehr, ich weiß, ich habe immer alles gegeben und so läuft es eben manchmal. Das ist der Sport."
... über ein NFL-Comeback: "Der Traum ist noch nicht vorbei. Ich spiele jetzt in der ELF bei den Berlin Thunder in bin sehr glücklich, mich auszeichnen zu können. Aber wer weiß, es kann immer sehr schnell gehen und man ist nur einen Anruf von einer Einladung entfernt, das zeigt mir meine Vergangenheit. Aber natürlich ist es schwer, aus dem College kommen junge Spieler nach und immer wieder sind auch paar erfahrene Veterans auf dem Markt. Ich halte mich trotzdem weiter bereit und gebe alles. Ich bin ja noch jung. Bis dahin voller Fokus auf Berlin."
ELF-Saison 2024 live: Free-TV-Übertragungen auf ProSieben MAXX