Nach Topspiel-Pleite in Leverkusen
Bayer Leverkusen vs. FC Bayern - die Stimmen: Wütender Thomas Müller vermisst "Eier"
- Aktualisiert: 10.02.2024
- 22:12 Uhr
- ran.de
Thomas Müller macht sich nach der Niederlage bei Bayer Leverkusen im Interview richtig Luft und bekommt Rückendeckung von Bayern-Trainer Thomas Tuchel.
Bayer Leverkusen gilt nach dem 3:0-Erfolg im Topspiel gegen den FC Bayern endgültig als Favorit auf die Deutsche Meisterschaft. Fünf Punkte Vorsprung hat das Team von Trainer Xabi Alonso jetzt bereits vor den Münchnern.
Thomas Müller war nach Abpfiff richtig angefressen und beklagte im Stile eines Oliver Kahn fehlende "Eier". Die wichtigsten Stimmen im Überblick.
Thomas Müller (FC Bayern München)
... über die Niederlage: "Man muss natürlich erstmal Bayer Leverkusen gratulieren, absolut verdienter Sieg. Bei der Analyse können wir uns kurz halten. Ich bin dementsprechend angefressen. Was mir fehlt, und deshalb sage ich es auch öffentlich, ist: Im Training zeigen wir deutliche bessere Ansätze, weil wir da mutig sind, weil wir da frei Fußball spielen. Und da können wir unseren Oliver Kahn zitieren: Im Spiel fehlen mir teilweise die Eier und diese Freiheit. Wir haben eine Verkopftheit in unserem Spiel, vor allem mit Ball. Wenn du Leverkusen siehst, da ist auch nicht jeder Schachzug geplant. Wenn der Grimaldo rechts außen auftaucht, obwohl er eigentlich Linksverteidiger ist. Die spielen Fußball, die suchen Lösungen, da bietet sich einer an. Wenn er merkt, der Raum ist zu, dann zieht er sich zwei Meter rauf. Das machen wir auch, aber nicht in dem Spiel, wenn der Druck da ist. Und das erwarte ich von unserer Mannschaft und vom FC Bayern immer, dass wir Spieler zwar den Druck spüren. Aber es muss einem auch Energie geben."
... über die Ideenlosigkeit der Bayern: "Ich verstehe auch nicht, wenn es mal zäh ist und ein abwartendes Spiel ist, dann bring den Ball öfter in die gegnerische Hälfte, spiel mal einen langen Ball! Von mir aus auch hinten einfach ins Aus. Dann gibt's Einwurf, da können wir zustellen und den Druck in der gegnerischen Hälfte haben. Da spielen wir von A nach B, von B nach C und keiner hat die Freiheit, einfach zu zocken."
... auf die Frage, welche Schuld der Trainer trägt: "Es gibt nicht immer ein warum. Ich versuche gerade zu erklären, was mir in unserem Spiel fehlt. Und wenn es im Training da ist und der Trainer diese Dinge anspricht, dann müssen wir auch mal die Spieler anpacken. Und heute waren wir nicht da. Wir haben 3:0 verloren. Es waren genügend Spieler auf dem Platz von internationalem Format. Und deswegen brauchst du gar nicht in Richtung Trainer gehen."
Das Wichtigste in Kürze
... über die ungewohnte Taktik und Aufstellung: "Auf mich zu verzichten ist es kein neuer taktischer Ansatz. Wir haben sehr viele Spieler fit. Aber der Ansatz, dieses Leverkusener System zu spiegeln und aggressiver zu sein, hat in den ersten zehn Minuten ja ganz gut funktioniert. Wovon ich spreche, ist das Verhalten mit Ball. Und da hat der taktische Ansatz nichts damit zu tun. Es hat mit einer gewissen Spielintelligenz zu tun, mit einer gewissen Selbstständigkeit auf dem Platz, Entscheidungen zu treffen: Welche Laufwege mache ich. Und in der Defensive hat es wenn damit zu tun, wie aggressiv gehe ich raus, wie erkenne ich Situation. Da müssen wir uns dringend steigern. Das werden wir auch tun.
Tuchel würde wieder so aufstellen
Thomas Tuchel (FC Bayern München) über die schwache Leistung: "Wir haben sehr früh das Spiel dominiert, ohne gefährlich zu werden. Dann haben wir durch eigene Fehler im Grunde das Momentum kippen lassen. Das 0:1 kannst du eigentlich in einer Fünferkette nicht kassieren. Das geht nicht, dass der Ball in der Kette flach an fünf Spielern vorbeigeht. Aber es hat sich nicht wie ein 0:3 angefühlt. In der zweiten Hälfte kriegen wir mit einem Doppelpass, was auf diesem Niveau zu billig ist. Es hat auf jeden Fall vorne die Durchschlagskraft gefehlt."
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Einzelkritik: Bayer Leverkusen meisterlich, FC Bayern München unterirdisch
... über das ungewöhnliche System und dass Boey noch nie links gespielt hat: "Das nehmen wir natürlich auf unsere Kappe. Wir haben uns natürlich was dabei gedacht. Wir wussten um den Speed und dass sie auf der Seite überladen. Wir haben Sacha mit dem Speed gegen Frimpong und Tella da gebraucht. Aber in dem Moment hat das mit der Position nicht so viel zu tun. Er ist gelernter Außenverteidiger. Es schlafen einfach alle, sowohl beim Einwurf als auch nachher. Und das tut dann weh. Ein sehr billiges Tor.
... auf die Frage, ob er die Aufstellung bereut: "Nö, die Entscheidung ist reiflich überlegt. Und das ist das der Plan. Ich übernehme dafür die Verantwortung. Ich würde es wieder so machen."
... über Müllers Kritik: "Er hat nicht unrecht. Es ist ja nicht so, dass ich mir im stillen Kämmerlein was ausdenke und am Spieltag dann etwas Neues präsentiere. Wir hatten eine ganze Woche Zeit, um uns darauf vorzubereiten. Wir hatten komplett den Rückhalt auch von Thomas, der etwas unter der Grundordnung gelitten hat, weil er erst von der Bank kam. Aber wir wollten sehr offensiv verteidigen, das haben wir auch gemacht. Wir wollten gar nicht erst den Spielfluss bei Leverkusen aufkommen lassen. Ich glaube, dass wir das lange geschafft haben. Aber wir haben wahnsinnig schlechte Entscheidungen getroffen, auch nach Balleroberungen. Das ist das Schlimmste, was dir passieren kann, auf dem Niveau. Er hat mit vielen Dingen recht, das stimmt."
... über den Meisterkampf: "Wir werden nicht die Flinte ins Korn werfen. Wir müssen weitermachen und besser werden und dem Anspruch gerecht werden, den auch Thomas zurecht formuliert."
FCB-Sportdirektor: "Leverkusen mit eigenen Fehlern stark gemacht"
Christoph Freund (FC Bayern Sportdirektor) über die Gründe der Niederlage: "Wir haben viel zu viele Fehler gemacht, vor allem mit Ball. Und wir haben die Tore zu leicht hergeschenkt. Das erste Tor entsteht aus einem Einwurf, das war gar keine richtig gefährliche Situation. Wir haben uns auch keine große Torchance herausgespielt. Da muss man ehrlich sein. Insgesamt war es einfach zu wenig gegen ein starkes Bayer Leverkusen."
... über den taktischen Plan, der nicht aufging: "Wir haben Leverkusen durch eigenen Fehler stark gemacht. Das hat nichts mit der Taktik zu tun. Wir haben uns die ganze Woche viele Gedanken gemacht, wie wir das gut umsetzen können. Im Endeffekt hat es nicht funktioniert. Aber das war dem geschuldet, dass wir individuell immer wieder den Gegner stark gemacht haben."
Xabi Alonso (Bayer Leverkusen) über den Sieg: "Der Sieg ist verdient. Wir wollten wettbewerbsfähig sein. Auch defensiv stark. Wir haben das super gemacht. Die Disziplin und Kompaktheit war super. Wir haben fast keine Chancen zugelassen. Alle Spieler haben heute eine gute Leistung gebracht und Mentalität gezeigt. Das war sehr wichtig."
... darüber, ob Leverkusen Meister werden kann: Die Spieler glauben daran. Und das ist, was wir wollen. Wir sprechen im Mai. Wir müssen realistisch sein und Geduld haben und nicht die Bodenhaftung verlieren. Wir müssen Spiel für Spiel schauen."
Stanisic wollte zeigen, dass er das Zeug für Bayern hat
Josip Stanisic (Bayer Leverkusen) über den Sieg und sein Tor: "Das war schon ein großer Sieg gegen einen sehr guten Gegner. Den dürfen wir schon feiern. Aber die Saison ist noch lang. Und es sind leider Gottes für uns nur fünf Punkte Vorsprung. Für mich ist jedes Tor komisch, weil ich nicht so viele Tore schieße. Aber natürlich war es ein komisches Tor. Auch wenn man sich freut, es tut einem auch irgendwie leid, weil man weiß, wie sehr es einen ärgert, wenn man ein Tor kassiert. Aber natürlich bin ich diese Saison bei Bayer Leverkusen und dann versuche ich auch mein Bestes.
... darüber, ob er es dem FC Bayern zeigen wollte: "Ja, kann man schon so sagen. Es war jetzt nicht die ganze Zeit in meinem Kopf. Aber man weiß ja, wenn man jetzt ausgeliehen wird, dass man vielleicht glaubt, dass man nicht das Zeug dazu hat. Und ich wollte natürlich auch mir selbst beweisen, dass ich das Zeug dazu habe."
Robert Andrich (Bayer Leverkusen) über die taktische Ausrichtung der Bayern: "Wir waren selber ein wenig überrascht. Wir haben uns im Vorfeld auch etwas Untypisches überlegt, damit die Bayern überrascht sind. Dann waren wir überrascht über Bayerns Aufstellung. Wir haben es dann angenommen und darüber gesprochen, wie wir dagegen spielen und ich glaube, es sah nicht so schlecht aus.
Simon Rolfes (Geschäftsführer Sport Bayer Leverkusen) über die Stärke der Mannschaft: "Das Trainerteam und der Staff sind ganz wichtig für den Erfolg. Das spürt man auch, dass es nicht nur auf dem Platz eine Einheit ist, sondern auch drumherum im Verein. Überall. Das ist wichtig. Auch immer wieder aufs nächste Spiel fokussiert zu sein. Das ist häufig eine Plattitüde, aber auch der Grund des Erfolgs."