Bundesliga
FC Bayern: Abwehrprobleme! Transfer als Lösung für Vincent Kompany?
- Aktualisiert: 13.08.2024
- 09:40 Uhr
- Justin Kraft
Der FC Bayern München steht vor dem Verkauf von zwei Verteidigern. Indes scheint der Deal mit Jonathan Tah zu platzen. Die Abwehrprobleme sind groß – kommt noch jemand?
Ein langer Schlag nach vorn hat ausgereicht, um dem FC Bayern München aufzuzeigen, dass er auch in der kommenden Saison eine große Baustelle in der Defensive haben wird. Nur wenige Sekunden waren im Testspiel gegen Tottenham vorbei, da flog dieser lange Schlag den Münchnern komplett um die Ohren.
Erst ist es Minjae Kim, der den Ball komplett unterschätzt und ihn hinter sich einmal auftrumpfen lässt. Der Südkoreaner kommt dann mit dem Kopf an den Ball, schafft es aber nicht, diesen sinnvoll zu klären. Stattdessen erfolgt ein viel zu kurzes Zuspiel auf Dayot Upamecano.
Der Franzose macht Schritte auf den Ball und öffnet so hinter sich den Weg für seinen Gegenspieler, der prompt in die Tiefe geschickt wird. Von diesem Zeitpunkt an können die Bayern nur noch reagieren – und das tun sie gewohnt hektisch. Bezeichnend, dass Joshua Kimmich am Ende noch äußerst unglücklich einen abgefälschten Ball Dejan Kulusevski vor die Füße legt.
Viel Pech, aber eben auch viel Unvermögen. Denn wenn immer Glück laut Hermann Gerland Können ist, dann kann immer Pech eben kaum etwas anderes sein als Unvermögen. In dem Fall war es nur die erste Szene eines Testspiels. Überbewerten sollte man diese nicht.
Das Wichtigste in Kürze
Gleichwohl heizt das die Frage an, ob es sich der Rekordmeister erlauben kann, die Planungen für die Defensive auf dem Transfermarkt bereits abzuschließen.
FC Bayern München: Nachvollziehbare Abgänge
Dass Matthijs de Ligt und Noussair Mazraoui den Verein verlassen, war absehbar. Manchester United wird beide Spieler, so schallt es derzeit von den Dächern der europäischen Fußballpresse, zeitnah unter Vertrag nehmen. Für die Bayern ist damit vor allem ein Zwischenziel erreicht: Den Kader ausdünnen, um Gehalt einzusparen und Unzufriedenheit zu minimieren.
De Ligt, das ist kein Geheimnis, ist ein Spieler, der schnell unzufrieden ist. Beim FC Bayern wurde das in der vergangenen Saison deutlich. Der Niederländer hatte zu Beginn der Saison Probleme, den Weg in die Startelf zu finden – und äußerte sich mehrfach in Interviews über seine Reservistenrolle. Keine Aussagen, die für sich genommen verwerflich wären, in der Menge das Thema aber am Leben hielten und für Unruhe sorgten.
Bei Mazraoui dürften mehrere Ebenen eine Rolle gespielt haben. Da wäre die Tatsache, dass der Marokkaner sowohl bei der WM in Katar als auch beim Afrika-Cup zu Beginn des Jahres seine Gesundheit aufs Spiel gesetzt hat. Nach der Weltmeisterschaft fiel er mit einer Herzbeutelentzündung lange aus, nachdem er mit einer Coronainfektion gespielt hatte. Beim Afrika-Cup war es eine Verletzung, die er ignorierte, um für sein Land aufzulaufen.
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Hinzu kam ein Pro-Palästina-Post auf Instagram, der für Empörung sorgte und auch den FC Bayern dazu zwang, öffentlichkeitswirksam zu handeln. So gab es eine nach außen kommunizierte Aussprache mit Israeli Daniel Peretz.
Mazraoui wurde in seiner Zeit in München weder sportlich noch neben dem Platz nie so richtig warm mit dem FC Bayern. Er war somit ein recht sicherer Abgangskandidat für diesen Sommer.
Trotz der gut begründbaren Entscheidungen werden beide aber eine Lücke in den Kader reißen. Eine Lücke, die zusätzlich zu den ohnehin vorhandenen Defensivproblemen vermuten ließe, dass man auf dem Transfermarkt doch nochmal tätig werden muss.
FC Bayern tut sich schwer mit Defensiv-Neuzugängen
Und auch der FC Bayern hat sich das Geschehen ja nicht untätig angesehen: Jonathan Tah sollte kommen. Ein Spielertyp, der de Ligt sehr ähnlich ist. Beide sind zweikampfstark, haben ein gutes Stellungsspiel und können eine Defensive damit stabilisieren. Beide hatten in den letzten Jahren aber häufig Probleme damit, das konstant auf den Platz zu bringen.
Tah hatte in Leverkusen in der abgelaufenen Saison seine erste Saison, in der er durchgängig ein Top-Level halten konnte. De Ligt wiederum zeigte in seinem ersten Bayern-Jahr, was er kann. Mit Tah wären die Bayern qualitativ vermutlich ungefähr auf demselben Level gelandet – hätten aber wohl Gehaltskosten einsparen können und noch einen Überschuss bei der Verrechnung beider Ablösesummen gehabt.
Denn Tah sollte den FC Bayern rund 30 Millionen Euro inklusive Bonuszahlungen kosten, wie übereinstimmend berichtet wurde. Nun kam der Deal mit Leverkusen aber ins Stocken. Der "kicker" schrieb davon, dass man in München wegen interner Zweifel am Spieler Abstand genommen habe. Die "Bild" widersprach dem Bericht und behauptete, dass es noch möglich sei, dass der Nationalspieler zum FCB wechselt.
Vincent Kompany muss viele Probleme lösen
Auch mit Tah blieben aber Zweifel daran, ob der FC Bayern seine größten Baustellen geschlossen hätte. Und die Antwort ist: Vermutlich nicht. Upamecano und Kim, derzeit wohl das Stamm-Duo unter Vincent Kompany, zeigen in der Vorbereitung immer wieder, dass sie für einen Bock gut sind.
Eric Dier, in der letzten Rückrunde einer der wichtigsten Spieler des Rekordmeisters, könnte hingegen einen schweren Stand unter dem neuen Trainer haben. Denn das deutet sich bereits jetzt an: Ab dieser Saison werden die Bayern mit ihrer Abwehrkette wieder deutlich höher stehen. Hohes Pressing, aggressives nach vorn verteidigen – das entspricht nicht gerade den Stärken des Engländers, dem dafür die Endgeschwindigkeit fehlt.
Bleiben im Zentrum nur noch Josip Stanisic, der auf der rechten Defensivseite mehr kann und auch mehr gebraucht wird und Hiroki Ito, der erstmal verletzt ausfallen wird und bei dem sich danach auch zeigen muss, ob er das Niveau für den FCB hat.
Auf höchstem Niveau könnte das alles zu wenig sein. Die Bayern kassierten unter verschiedenen Trainern in den vergangenen Jahren allein in der Bundesliga regelmäßig mehr, teils sogar deutlich mehr als 30 Gegentore. Ein Statement-Transfer für die Innenverteidigung wäre daher wohl nicht verkehrt.
FC Bayern: Offensiv läuft es gut, defensiv hingegen ...
Und auch rechts hinten könnte der Eindruck täuschen. Sacha Boey und Stanisic – das wirkt erstmal wie ein grundsolides Paar für diese Position. Boey will nach seinem verkorksten Start in München endlich durchstarten. Seine Offensivqualitäten und sein Tempo werden für Kompany ein wichtiges taktisches Mittel sein. Defensiv aber, das zeigte die Vorbereitung bisher, ist fraglich, ob das Niveau reicht.
Stanisic ist als Spielertyp pragmatischer, kann die Freigeister in der Offensive gut absichern. Auch von ihm sind aber keine Überraschungen zu erwarten. Defensiv hatte er in der Vergangenheit immer mal wieder Probleme im Stellungsspiel und mit schnellen Gegenspielern.
Allerdings ist vorstellbar, dass die Optionen für die rechte Abwehrseite dem Trainer ausreichen. Wirklich spannend dürfte es daher nur noch in der Innenverteidigung werden. Kommt Tah doch noch? Und wenn nicht: Haben die Bayern eine Alternative im Köcher?
Offensiv, auch das zeigte das Testspiel gegen Tottenham am Samstag, läuft es bei den Bayern schon ganz gut. Variables Spiel, viel Tempo, deutlich proaktiver als noch unter Tuchel – das könnte dem FCB liegen und dazu führen, dass man erneut viele Tore schießt. Aber die vielen einfachen Gegentore, die man in den letzten Jahren kassiert hat, sind das weitaus größere Problem.
Tore wie jenes, das man in London gegen die Spurs nach nur wenigen Sekunden kassiert hat. Tore, die unter ganz verschiedenen Trainern so gefallen sind und deshalb vielleicht doch auf die individuelle Qualität der Spieler zurückzuführen sind. Es ist Kompanys größte Baustelle – und vielleicht wäre es ein Fehler, würden die Bayern die Kaderplanung für die Defensive nun als abgeschlossen betrachten.