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FC Bayern München: Der mysteriöse Abstieg von Matthijs de Ligt
- Aktualisiert: 19.09.2023
- 15:15 Uhr
- Chris Lugert
In der Vorsaison war Matthijs de Ligt einer der besten Spieler in einer ansonsten enttäuschenden Mannschaft des FC Bayern. Doch statt in der Hierarchie weiter aufzusteigen, sitzt der Niederländer aktuell auf der Bank. Er nimmt es sportlich, aber wie lange noch?
Von Chris Lugert
Louis van Gaal hatte da so eine Idee. Als der "Tulpengeneral" zwischen 2009 und Frühjahr 2011 Trainer beim FC Bayern München war, fand sich Innenverteidiger Daniel Van Buyten plötzlich zeitweise in der Rolle des Mittelstürmers wieder. Zumindest am Ende eines Spiels, das Gefahr lief, in einer Niederlage zu enden.
Der Plan: Van Buyten sollte mit seiner Größe und Physis Abnehmer für hohe Bälle und Verzweiflungsflanken sein. Und in der Tat: Der Belgier erzielte auf diese Art den einen oder anderen Treffer für die Bayern und rettete den einen oder anderen Punkt.
Van Gaal brachte Van Buyten meist als Joker, denn in der Abwehrreihe erhielten andere Spieler den Vorzug.
Knapp 13 Jahre später gibt es die nächste Umschulung für einen Bayern-Verteidiger. Matthijs de Ligt erhielt vom aktuellen Bayern-Trainer Thomas Tuchel zuletzt wiederholt den Auftrag, die Rolle als "Holding Six" auszufüllen.
Allerdings nur für die letzten paar Minuten. Denn in der Startelf ist für de Ligt wie einst für Van Buyten kein Platz.
Und das überrascht. In der vergangenen Saison war de Ligt unter Tuchels Vorgänger Julian Nagelsmann noch unumstritten. Der damalige 67-Millionen-Neuzugang fügte sich nahtlos in die Mannschaft ein und übernahm schnell Verantwortung.
Vor allem nach der WM, als er dauerhaft für den schwer verletzten Lucas Hernandez in die Mannschaft rückte, blühte er auf.
In einem Team, das viele Probleme mit sich herumtrug und weit von seinem Leistungslimit entfernt war, stach de Ligt heraus. Bei den Fans wurde er schnell zum Liebling und zur Identifikationsfigur, obwohl er erst wenige Monate im Klub war. Manch einer sah im heute 24-Jährigen sogar einen künftigen Kapitän.
Das Wichtigste zum FC Bayern München
Die Realität im September 2023 heißt für den 42-maligen Nationalspieler jedoch: Reservistenrolle. "Keine Ahnung, das müssen Sie den Trainer fragen", entgegnete de Ligt nach dem 2:2 gegen Bayer Leverkusen auf Nachfrage, warum er denn aktuell nicht von Anfang an spiele.
In den bisherigen vier Bundesligaspielen der laufenden Saison kam er stets von der Bank, nur beim Auftakt in Bremen spielte er länger als zehn Minuten. In Tuchels Stammelf haben derzeit Dayot Upamecano und Kim Min-jae in der Abwehrzentrale die Nase vorn.
De Ligt muss im Mittelfeld helfen
De Ligt muss warten - und im Zweifel im Mittelfeld ran. Auch gegen Leverkusen spielte er am Ende auf der Sechser-Position und erfüllte damit brav den Auftrag seines Trainers.
"Ich mache, was der Trainer will und jetzt waren es in den letzten beiden Spielen etwa zehn Minuten auf der Sechs", sagte er.
Es ist jene Position, für die sich Tuchel den gesamten Sommer eine Verstärkung gewünscht und sie auch offensiv eingefordert hatte. Joao Palhinha schien dafür prädestiniert, doch ein Transfer zerschlug sich bekanntermaßen in letzter Sekunde. Offenbar sieht er in de Ligt einen Kandidaten, um die Position zumindest aushilfsweise auszufüllen.
Für den Angesprochenen offenkundig kein Problem. "Ich tue, was der Trainer sagt. Ich habe in meiner Jugend im Mittelfeld gespielt. Das macht mir auch Spaß", sagte er. Noch also hält de Ligt die Füße still und lässt keinen Funken von Unzufriedenheit aufkommen. Aber wie lange noch?
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De Ligt verpasste weite Teile der Vorbereitung
"Nicht alle, die auf der Bank sitzen, haben es verdient, auf der Bank zu sitzen", sagte Tuchel bereits vor zwei Wochen und forderte Teamgeist: "Das Ego muss immer hintenanstehen."
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De Ligts Reservistenrolle zu Beginn der Saison hatte sich früh angedeutet. Der Niederländer verpasste weite Teile der Vorbereitung aufgrund einer Wadenverletzung, was Tuchel auch immer wieder betonte, als es um die Rolle des Abwehrspielers ging.
Inzwischen aber ist er komplett fit, an seinem Status hat sich aber nur wenig geändert. Auf Rotation setzt Tuchel in der Abwehr ganz bewusst nicht.
"Sobald jemand ein bisschen die Nase vorne hat, ist unser Wunsch auf jeden Fall, eine Viererkette zu finden, in der wenig gewechselt wird", kündigte er bereits vor dem Bundesligaauftakt an.
Englische Wochen als Rettung?
Abläufe, Durchschieben - die klassischen Abwehrthemen hob Tuchel damals hervor. "Es gibt noch ein paar inhaltliche Themen, dafür hilft es, wenn wir eine feste Vier finden", schilderte er und dürfte bei de Ligt bereits eine böse Vorahnung geschürt haben.
Nun muss der frühere Profi von Ajax Amsterdam und Juventus Turin hoffen, dass mit den jetzt beginnenden englischen Wochen inklusive Champions League und DFB-Pokal auch seine Einsatzzeiten steigen.
Immerhin: Er kann gleich zwei Positionen bekleiden. Und vielleicht wird er gar zur unverhofften und dauerhaften Lösung für die "Holding Six".