So tickt er abseits des feldes
FC Barcelona stattet Bayern-Schreck Fermin Lopez mit Hammer-Vertrag aus: Wer ist Flicks "neuer Müller"?
- Veröffentlicht: 01.11.2024
- 12:34 Uhr
- Michal Swiderski
Fermin Lopez reiht sich neben Lamine Yamal, Pau Cubarsi, Gavi und Co. in die Liste von Barcelonas Super-Youngstern ein. ran erklärt, was ihn fußballerisch auszeichnet und erzählt rührende Anekdoten.
Von Michal Swiderski
An einem kalten Dezemberabend empfängt die U19 des FC Bayern zum Abschluss der Youth-League-Gruppenphase die Jugendmannschaft des FC Barcelona.
Beide Teams haben zwar keine mathematischen Chancen mehr aufs Weiterkommen, aber an spielerischer Qualität mangelt es bei der Partie am Campus im Münchner Norden nicht. So absolviert neben Aleksandar Pavlovic auch ein gewisser Fermin Lopez Marin sein drittes Spiel auf internationaler Bühne. Am Ende entscheidet der deutsche Rekordmeister die Partie mit 3:2 für sich.
Knapp drei Jahre ist das her. Der spanische Name dürfte vielen Bayern-Fans allerdings bekannt vorkommen. Kein Wunder: Schließlich stieg Fermin mit zwei Vorlagen bei Bayerns jüngster 1:4-Demütigung in Barcelona zum stillen Hauptprotagonisten auf. Die Auferstehung der katalanischen Super-Macht unter dem Ex-Münchner Hansi Flick beschäftigt die Fußballwelt.
Als ein wichtiges Puzzleteil auf dem Weg zurück an die Spitze könnte sich eben das Mittelfeld-Juwel herauskristallisieren. Während der gleichaltrige Teamkollege Marc Casado als der "neue Kimmich" in Flicks Masterplan bezeichnet wird, weist Fermin hingegen unübersehbare Parallelen zu FCB-Urgestein Thomas Müller auf. Es überrascht also kaum, dass ihn die Blaugrana nun bis 2029 an sich bindet und die Ausstiegsklausel auf astronomische 500 Millionen Euro anhebt.
Fermin erinnert an Bayern-Ikone Thomas Müller
Die Ähnlichkeiten zwischen Fermin Lopez und Thomas Müller fangen selbstverständlich bei der Position an. Beide Akteure sind vielseitig einsetzbar. Der frischgebackene Olympiasieger kann nicht nur im zentralen Mittelfeld, sondern auch auf der Zehn, als falsche Neun und sogar als Linksaußen agieren. Besonders gefährlich macht ihn dabei ein Aspekt: Theoretisch gilt er als Rechtsfuß, doch mit links glänzt er ebenfalls regelmäßig - so sehr, dass er anfangs gar manchmal als beidfüßig angesehen wurde.
Das Wichtigste in Kürze
Die Stärken und Schwächen Fermins nahm "totalfootballanalysis" unter die Lupe. Eine Risikoaffinität kann man ihm in puncto Pässe und Dribblings nicht attestieren, aber dafür kann er jeweils eine hohe Erfolgsquote vorweisen. Hinzu kommt die Motivation in der Defensive, wobei hier noch Luft nach oben besteht. Das könnte an Fermins Statur liegen. Mit 1,75 Meter und 71 Kilogramm gehört er nicht zur robustesten Spielersorte. Diese Defizite kann das Talent teilweise mit einer herausragenden Spielintelligenz und einer entsprechenden Positionierung auffangen.
Apropos: Fermin sucht die Räume zwischen den Stürmern, zündet gegebenenfalls einen Sprint in den Strafraum und fühlt sich in den Halbräumen pudelwohl. Diese Eigenschaft kennt Barcelona-Trainer Flick wohl noch von der München-Legende Müller. In Fan-Kreisen ist von einer "taktischeren Variante" von Müller die Rede.
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Fermin: Cleverer Spielgestalter und Torgarant gleichzeitig
Es fällt zudem auf, dass der 21-Jährige häufig zum Abschluss kommt und mit präzisen Schüssen aus kurzer sowie weiter Entfernung punkten kann. Interessant ist dabei auch seine Technik: Fermin nähert sich dem Ball gerne seitlich zum Tor, bevor er ihn bei einer Drehung aufs Tor befördert und so mehr Kraft hinter die Kugel bekommt.
Ein Blick auf die Zahlen gibt ihm Recht. Mit acht Ligatoren sammelte der Andalusier in der vergangenen Spielzeit die zweitmeisten Treffer für die Katalanen. Nur Polen-Star Robert Lewandowski knipste häufiger. In dieser Saison wartet Fermin noch auf seine erste Bude, doch er verpasste auch schon fünf LaLiga-Partien mit einer Muskelverletzung.
In Paris konnte er seine Vollstreckerqualitäten hingegen im Rahmen der Olympischen Spiele unmissverständlich unter Beweis stellen. Mit sechs Toren war er nicht nur maßgeblich am Turniertriumph der Furia Roja beteiligt, sondern knackte auch die Bestmarke von Kiko Nervaez, der im Jahr 1992 immer hin fünfmal für Spanien traf.
Barcelona-Star mit emotionalem Geständnis
Die Lobeshymnen fallen allerdings nicht vom Himmel. Fermin und seine Familie arbeiteten hart dafür, dass der heutige Barcelona-Youngster eine derart große Zukunft vor sich haben könnte. Auf die Welt gekommen ist er in El Campillo, einer kleinen andalusischen Gemeinde mit rund 2000 Einwohnern. Zwar spielt diese für ihn menschlich noch immer eine fundamentale Rolle, aber das hohe Maß an fußballerischem Talent erforderte einen frühen Abschied aus der Heimat.
Nach einer Spielzeit in Huelva folgte der Wechsel in die Jugend von Betis Sevilla. Diesen Schritt hatten Fermins Eltern ermöglicht. Viermal pro Woche fuhren sie ihren Sohn die knapp 100 Kilometer in die Hauptstadt der Region, verrieten sie im Gespräch mit "Huelva Informacion". Doch auch die Verdiblancos erwiesen sich nur als Zwischenstation, denn das Wunderkind zog die Aufmerksamkeit der legendären La Masia auf sich.
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So landete der damals Zwölfjährige am anderen Ende Spaniens in der Nachwuchsakademie der Culers. Alle 15 Tage sollen ihn Mutter Lola und Vater Fermin Sr besucht haben, aber die Anfänge in Katalonien waren alles andere als leicht. "Nachts habe ich viel geweint", erinnerte sich der junge Andalusier in einem von "El Chiringuito TV" ausgestrahlten Ausschnitt aus "The Next Generation".
Fermin: Durchbruch in Katalonien nach Traum-Leihgeschäft
Er gab jedoch nicht auf, obwohl der Traum von einem Sprung in die erste Mannschaft zeitweise in die Ferne rückte. Bei Drittligist Linares Deportivo sollte er Spielpraxis sammeln. Die Leihe in der Saison 2022/23 stellte sich als Glücksgriff heraus: Fermin krönte sich mit zwölf Treffern zum besten Torschützen und hätte das Team fast zum Aufstieg geführt.
Nach seiner Rückkehr ließ das Debüt für die FCB-Profis nicht mehr lange auf sich warten. Ex-Coach und Vereinslegende Xavi Hernandez imponierte der Charakter seines Landsmannes: "Ich sehe in ihm eine große Persönlichkeit. Er ist hungrig und willig. Wenn ich ihn trainieren sehe, denke ich, ich muss ihm Minuten geben."
Am 27. August 2023 war es also schließlich so weit. Fermin durfte beim 4:3 über Villarreal in der Schlussphase mitwirbeln. Auf dem Rasen geht es spätestens seitdem steil nach oben. Unter anderem die schwere Verletzung von La-Masia-Kumpel Gavi hatte ihm in der Premierensaison viele Einsätze ermöglicht. Für Vergleiche mit Thomas Müller reichen außergewöhnliche Fähigkeiten am Ball jedoch nicht aus. Kann der Andalusier auch die Herzen der Fans erobern?
Fermin: Der 21-Jährige sammelt fleißig Sympathiepunkte
Das Zeug zum Publikumsliebling hätte er auf jeden Fall. Während sein Papa zumindest früher als Betis-Anhänger galt und sein Opa sogar Real Madrid die Daumen gedrückt hatte, soll es der 21-Jährige schon immer mit der Blaugrana gehalten haben. Noch wichtiger dürfte die Tatsache sein, dass Fermin anscheinend eine vorbildliche Erziehung genossen hat.
In El Campillo legt zum Beispiel die Großmutter laut eigener Aussage großen Wert darauf, dass ihr Enkel am Boden bleibt und nicht vergisst, wo er herkommt. Das scheint bislang zu funktionieren. "Meine Eltern haben sehr für mich gelitten, deshalb habe ich ihnen gesagt, dass ich mich sehr freuen würde, wenn sie aufhören würden zu arbeiten und nach Barcelona kämen", erklärte der Mittelfeld-Dirigent bei "TV3".
Lamine Yamals Vorgänger: Diese Barcelona-Talente haben es nicht geschafft
Der erste richtige Jugendklub ist ebenfalls nicht in Vergessenheit geraten. Der amtierende Europameister spendete sein Trikot vom Halbfinale gegen Frankreich an das Vereinsmuseum und versah den Dress mit der Botschaft "Für meinen Real Club Recreativo de Huelva, mit Liebe".
Generell wirkt Fermin (noch) nicht wie ein Fußball-Star. Ob eine Gaming-Einheit an der Konsole oder ein Studium, welches er nur für die Leihe unterbrochen haben soll - der Spanier hat sich vom "normalen" Leben nicht gänzlich gelöst. Vor der Vertragsverlängerung hat er Gerüchten zufolge zudem eine für Normalsterbliche zumindest halbwegs greifbare Summe von 250.000 Euro im Jahr kassiert.
Dies dürfte nun angepasst worden sein, doch die Liebe zum Verein ist wohl geblieben: "Ich bin sehr glücklich, beim Klub meines Lebens weitermachen zu können", heißt es auf Barcelonas Webseite. Womöglich könnte Flick einen ganz besonderen Spieler in seinen Reihen haben.
Die Rückennummer 16, mit der zwischenzeitlich etwa Sergio Busquets aufgelaufen war, trägt er seit Januar schon.