Der Mexikaner enttäuscht auch in der heimat
Formel 1: Red-Bull-Boss Christian Horner rückt von Sergio Perez
Die Kritik an Sergio Perez reißt nicht ab. Nach P17 beim Heimrennen in Mexiko wählt auch Teamchef Christian Horner deutliche Worte und heizt die Gerüchte um seinen Schützling an.
Es wirkte fast schon resignierend, wie Christian Horner in seiner Medienrunde nach dem Großen Preis von Mexiko über Sergio Perez sprach. Nachdem er seinem Fahrer zuvor immer wieder den Rücken gestärkt hatte, fand selbst der Red-Bull-Teamchef dieses Mal keine positiven Worte mehr.
Perez habe bei seinem Heimrennen "ein furchtbares Wochenende" gehabt, so Horner, der erklärt: "Er weiß, dass die Formel 1 ein ergebnisorientiertes Geschäft ist und dass man unweigerlich im Rampenlicht steht, wenn man seine Leistung nicht bringt."
Die Gerüchte, dass Perez sein Cockpit bei Red Bull spätestens zur Saison 2025 verlieren könnte, gibt es schon lange. Doch noch am Freitag hatte Horner in der offiziellen FIA-Pressekonferenz der Teamchefs erklärt: "Checo ist unser Fahrer. Er hat einen Vertrag für 2025."
Zwei Tage später, nachdem Perez am Samstag im Qualifying in Q1 ausgeschieden war und sich am Sonntag im Rennen unter anderem eine eher peinliche Fünf-Sekunden-Strafe eingehandelt hatte, weil er in seiner Startbox viel zu weit vorne stand, hört sich das alles etwas anders an.
Das Wichtigste in Kürze
Konkret gefragt, ob der Platz von Perez in Gefahr sei, antwortet Horner: "Wie ich schon sagte, ist die Formel 1 ein ergebnisorientiertes Geschäft, und wenn jemand unterdurchschnittlich abschneidet, wird das natürlich immer hinterfragt werden."
Horner: "Irgendwann kommt der Punkt, an dem ..."
"Als Team müssen wir mit beiden Autos in die Punkte fahren, das liegt in der Natur der Formel 1", so Horner. Doch genau an dieser Aufgabe scheitert Perez in diesem Jahr immer wieder. In den bisherigen 20 Saisonrennen blieb er fünfmal komplett ohne Zähler.
Zum Vergleich: Teamkollege Max Verstappen punktete lediglich ein einziges Mal nicht, als er in Melbourne unverschuldet ausschied. Der Weltmeister hat mehr als doppelt so viele Zähler auf dem Konto (362:150), was sich auch in der Konstrukteurs-WM auswirkt (die Teamwertung in der Übersicht).
Dort ist Red Bull in Mexiko auf Rang drei hinter Ferrari abgerutscht. Könnte Red Bull Perez im WM-Endspurt im Extremfall also sogar noch vor dem Ende des Jahres austauschen? Auf Nachfrage schließt Horner das zumindest nicht explizit aus.
Die Leistungen des Mexikaner stünden "konstant" unter Beobachtung, sagt Horner lediglich und erklärt: "Aus Sicht des Teams arbeiten wir so hart wie möglich mit ihm zusammen und versuchen, ihn zu unterstützen."
"Wir haben alles getan, was wir konnten, um Checo zu unterstützen, und werden dies auch am kommenden Wochenende in Brasilien tun. Aber irgendwann kommt der Punkt, an dem man nicht mehr viel tun kann", so der Red-Bull-Teamchef.
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Schumacher: "Glaube nicht, dass er die Saison zu Ende fährt"
Oder anders gesagt: Für das Rennen in Brasilien am Wochenende gibt er Perez noch eine Jobgarantie, wohl auch deshalb, weil ein Fahrerwechsel mitten in einem Triple-Header viel zu kurzfristig wäre. Doch nach Brasilien sind erst noch einmal zwei Wochen Pause.
Das wäre theoretisch genug Zeit, um vor dem finalen Triple-Header in Las Vegas, Katar und Abu Dhabi noch einmal einen Wechsel vorzunehmen. Experte Ralf Schumacher kann sich auch vorstellen, dass genau das passieren wird.
Bei "Sky" erklärt er schonungslos: "Nächstes Jahr fährt [Perez] sowieso keinen Meter in dem Auto, da bin ich mir ziemlich sicher. Ich glaube noch nicht mal, dass er die Saison zu Ende fährt. Red Bull wird nach diesem Wochenende eine Entscheidung treffen."
"Das hat ja auch alles keinen Sinn mehr, für beide Seiten nicht. Auch für Perez nicht. Der arme Mann ist so unter Druck, der geht jetzt auch nicht freudestrahlend nach Hause. Das soll ja auch Spaß machen", zeigt Schumacher Mitleid für den Mexikaner.
"Und vor allem finanziell ist das ein Desaster fürs Team", sagt er im Hinblick auf die WM. Denn Red Bull würde durch einen dritten Platz eine Menge Geld entgehen. "Wenn man jetzt noch was ändern will gegen Ferrari, dann muss man jetzt schnell was ändern", so Schumacher.
Perez braucht "Wunder" - und wird Letzter
Der sechsmalige Grand-Prix-Sieger ist nicht der einzige Experte, der davon ausgeht, Perez spätestens 2025 nicht mehr im Red Bull zu sehen. Auch Martin Brundle erklärt bei "Sky": "Ich denke, dass dies sicherlich sein letzter Mexiko-City-GP in einem Red Bull sein wird."
"Das ist mein Bauchgefühl", so der ehemalige Formel-1-Pilot, der betont: "Er hat eine großartige Karriere hinter sich, und ich bin sicher, dass er sie gerne noch ein wenig verlängern würde. Aber wir sehen so viele junge Talente, die jetzt in die Teams kommen und gute Arbeit leisten."
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Red Bull könne sich zudem in der WM keinen "Passagier" leisten, so Brundle, der bereits vor dem Mexiko-Rennen erklärte: "Im Jahr 2025 brauchen sie [bei Red Bull] beide Fahrer in Topform, und wenn er nicht an den letzten fünf Wochenenden ein Wunder vollbringt, wird das nicht Sergio sein."
In Mexiko blieb dieses "Wunder" mit dem 17. und letzten Platz schon einmal aus. Perez selbst berichtet bei "Sky": "Es fing eigentlich ganz gut an, auch wenn wir die Strafe bekamen. Ich war schon auf Platz zehn auf dem harten Reifen und dann gab es den Zusammenstoß mit Lawson."
"Das war sehr unglücklich. Ich verstehe es nicht. Er hat es drauf angelegt und beide unsere Rennen beschädigt. Ich hatte einen riesigen Schaden am Seitenkasten und damit war das Rennen vorbei", so Perez, der damit zumindest eine Erklärung für sein schlechtes Abschneiden hat.
Horner kündigt "schwierige Entscheidungen" an
Helmut Marko bestätigt bei "Sky", dass Perez durch den Schaden "über 60 Punkte [Abtrieb] verloren" habe. "Also das, was er da im Rennen fahren konnte, war überhaupt nicht aussagekräftig", so der Österreicher, der aber auch betont, dass seine Strafe beim Start ein Fehler gewesen sei, "der nicht passieren dürfte".
Auch er vermeidet daher ein Treuebekenntnis zu Perez und erklärt, dass dessen Zukunft bei Red Bull "offen" sei. Und Christian Horner ergänzt: "Es kommt der Zeitpunkt, an dem schwierige Entscheidungen getroffen werden müssen."
"Wir sind jetzt Dritter in der Konstrukteursmeisterschaft. Wir sind fest entschlossen, zu versuchen, wieder in eine Siegerposition zu kommen. Aber das wird in den nächsten vier Rennen ein hartes Stück Arbeit", so der Teamchef.
Perez selbst betont derweil übrigens, dass es am Sonntag definitiv nicht sein letzter Mexiko-Grand-Prix vor heimischem Publikum gewesen sei. "Ich werde auch nächstes Jahr hier sein und weiter um den Sieg kämpfen", so Perez selbstbewusst.
Diese Meinung scheint er inzwischen aber ziemlich exklusiv zu haben.