Kommentar
FC Bayern: Liverpool-Coach Jürgen Klopp zeigt dem FCB, wie Umbruch geht - ein Kommentar
- Aktualisiert: 01.03.2024
- 09:11 Uhr
- Carolin Blüchel
Die größte Aufgabe für Sportvorstand Max Eberl ist es, im Sommer den Umbruch beim FC Bayern zu schaffen. Möglichst lautlos, möglichst schnell. Was wie die Quadratur des Kreises klingt, ist machbar, wie der FC Liverpool und Trainer Jürgen Klopp eindrucksvoll beweisen. Ein Kommentar.
Von Carolin Blüchel
Es muss möglich sein, beim FC Bayern Erfolg UND Entwicklung zu haben. Ein Satz, der bei der offiziellen Vorstellung von Max Eberl herausstach. Der neue Sportvorstand widersprach damit Thomas Müller, der jüngst konstatierte, dass der Erfolg im Hier und Jetzt eben über allem steht.
Dabei sind sich angesichts des hohen Verschleißes an Toptrainern und einer schwierigen Saison alle einig: Es braucht einen Umbruch.
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Und es braucht endlich Kontinuität auf dem Trainerposten. Eberl will den passenden Coach und einen Mix aus (bezahlbaren) Stars und jungen Spielern. Bei der Umsetzung empfiehlt sich ein Blick nach Liverpool. Dort zeigt Jürgen Klopp aktuell eindrucksvoll, wie Umbruch geht.
Schnell und erfolgreich.
Gerade gewann der FC Liverpool den League Cup gegen den FC Chelsea. Der achte Titel in der Klopp-Ära und der erste diese Saison. Selbst wenn der Stellenwert dieses Wettbewerbs - gerne auch als "Mickey Mouse Cup" diskreditiert - eher gering ist, bejubelte Klopp die mit "Abstand wertvollste und speziellste Trophäe" in "mehr als 20 Jahren" Trainer-Dasein.
Das Wichtigste in Kürze
Denn: Das Durchschnittsalter der Final-Elf in der Verlängerung betrug süße 22 Jahre. Obwohl mit Siegtorschütze Virgil van Dijk auch ein 32-Jähriger auf dem Feld stand. Neben dem Kapitän waren sie die Helden: Conor Bradley (20), Harvey Elliott (20), Bobby Clark (19), James McConnell (19), Jayden Danns (18), Jarell Quansah (21) – alles Eigengewächse des LFC.
Okay, dass Klopp überhaupt derart in die jugendliche Trickkiste greifen musste, war einer unglaublichen Verletzungsmisere geschuldet. Mit Diogo Jota, Mo Salah, Darwin Nunes, Thiago, Trent Alexander-Arnold und Torhüter Alisson fehlten unzählige Stammspieler von Beginn an. Dann musste auch noch Ryan Gravenberch angeschlagen vom Feld.
FC Liverpool schafft Umbruch binnen Monaten
Trotzdem steht das Finale des "Carabao Cup", wie der League Cup auch heißt, sinnbildlich für den gelungenen Umbruch bei den "Reds". Binnen acht Monaten ist es Klopp gelungen, junge Spieler aus dem eigenen Nachwuchs zu integrieren. Und noch mehr. Er hat es geschafft, dass auch die Arrivierten, Erfolgsverwöhnten ihnen vertrauen. "Es war kein Risiko, die Jungen spielen zu lassen. Wir sehen ihre Qualität doch jeden Tag im Training. Wir wollten nur, dass sie ihr Potenzial abrufen und dabei haben wir ihnen geholfen", befand Linksverteidiger Andy Robertson.
Noch drei weitere Titel sind möglich: die englische Meisterschaft, die Europa League und der FA Cup. Klopps letztes Jahr an der Anfield Road könnte vielleicht sogar das spektakulärste werden. Eines der wertvollsten allemal.
Dabei hatte in der vergangenen Saison schon alles nach einem traurigen Abgesang ausgesehen. Nach überaus erfolgreichen Jahren mit dem Triumph in der Champions League 2019 und dem Gewinn der Meisterschaft 2020 als Höhepunkte, erlebte der FC Liverpool 2022/23 eine Horror-Saison.
21 Punkte hatte der Rückstand zeitweise auf die Tabellenspitze betragen. Mit einem Endspurt retteten sich die "Reds" mit Ach und Krach zumindest noch auf einen Europa-League-Platz. Es folgte der Umbruch, der in den Augen manche Kritiker ein Jahr zu spät kam. Dafür war es dann aber ein Umbruch im Rekordtempo - ohne Kompromisse.
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Klopps Erfolgsrezept: Neuzugänge, Jugend und ein Gerüst
Mit Kapitän Jordan Henderson, James Milner, Fabinho, Robert Firmino verließen altgediente Leistungsträger den Klub. Mit Wataru Endo, Ryan Gravenberch, Dominik Szoboszlai kamen kleinere und mit Weltmeister Alexis McAllister ein größerer Star.
Klopp setzte zudem weiterhin auf ein bewährtes Gerüst und formte eine hungrige Mannschaft aus Neuzugängen, Eigengewächsen und seinen Führungsspieler Alisson, Virgil van Dijk, Trent Alexander-Arnold und Andy Robertson. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Sogar wenn der League Cup der einzige Titel in dieser Saison bleiben sollte. Was Klopp hinterlässt, ist eine Mannschaft mit einer strahlenden Gegenwart und einer goldenen Zukunft.
Es hat beinahe schon etwas Dramatisches, dass ausgerechnet der Trainer, dem dieses Kunststück gelungen ist, im Sommer zwar arbeitslos, für Bayern aber nicht verfügbar sein wird. Nach seinem Abschied aus Liverpool will sich der 56-Jährige eine wohlverdiente Auszeit gönnen.
Für einen Klopp-Effekt braucht der FC Bayern aber gar nicht zwingend die Person dazu. Auf dem Erfolgsrezept stehen: Kluge Transfers. Das Commitment, den Jungen einen Chance zu geben – über Joker-Einsätze hinaus. Und das bedingungslose Vertrauen in den richtigen Trainer, auch wenn es mal holprig wird.
Dann könnte es endlich auch möglich sein, beim FC Bayern Erfolg UND Entwicklung zu haben.