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Hamburger SV - Schalke 04: Fünf Erkenntnisse aus dem 2. Liga-Kracher
- Aktualisiert: 09.03.2024
- 15:09 Uhr
- Aus Hamburg berichtet Timo Nicklaus
Der Hamburger SV und Schalke 04 liefern sich zum Saisonauftakt der 2. Liga einen wilden Schlagabtausch. Während S04-Trainer Thomas Reis dennoch auf zwei Spieler stolz sein kann, hat der HSV den Spieler der Liga in den eigenen Reihen. Ach ja, und die 2. Liga macht einfach Spaß. Die fünf Erkenntnisse zum Knaller-Auftakt.
Es gibt Fußballspiele, an denen findet irgendwie jeder so seinen Gefallen. Die meisten Anhänger des FC Schalke 04 werden nach der spektakulären 3:5-Auftaktpleite in Hamburg eher weniger Verständnis für diese These aufbringen. Zumindest kurz nach Abpfiff. Aber dass sie Teil eines nervenaufreibenden Kicks waren, mag wohl auch keiner bezweifeln.
Die Hamburger Fans, die auch Minuten nach Ende des Spiels ihre Mannschaft lautstark vor der eigenen Nordkurve feierten, sind ohnehin über jeden Zweifel am Gefallen dieses Sieges erhaben. Und auch der neutrale Zuschauer dürfte nach acht Toren und vielen weiteren hochkarätigen Chancen zufrieden ins Bett gehen.
Dieser Zweitliga-Auftakt bot eigentlich alles. ran bringt das Spiel dennoch kurz und knackig mit fünf Erkenntnisse auf den Punkt.
Das Wichtigste in Kürze
Spektakel zum Start der 2..Liga-Saison
Schalke hat ein Juwel in den eigenen Reihen
Der HSV hat den besten Stürmer der 2. Liga
FC Schalke 04: Assan Ouedraogo ist das neue Top-Talent des S04
17 Jahre, das erste Mal im Profikader und dann gleich in der Startelf: Thomas Reis warf sein Juwel Assan Ouedraogo direkt ins kalte Wasser und dieses Juwel zeigte, dass es schwimmen kann. Es war eine mutige Entscheidung, die der Trainer aber laut eigener Aussagen "schon einige Tage" im Kopf.
Reis vertraute seinem Top-Talent. Und Ouedraogo zahlte dies prompt zurück. Zwar verlor er anfangs hier und da mal seinen Gegenspieler aus den Augen, wirkte etwas nervös. Aber wer will es ihm verdenken.
Seine Qualitäte stellte der deutsche Junioren-Nationalspieler (17-mal für die U17) nur wenig später unter Beweis. Schnelle Bewegungen, technisch stark. Dazu gefährlich im Torabschluss. So fiel der Schalker Ausgleich, und auch beim zwischenzeitlichen 2:1 durch Thomas Ouwejan hatte Ouedraogo mit einer starken Balverarbeitung seine Füße im Spiel.
Generell stand am Ende ein starkes Profi-Debüt, das Lust auf mehr machte. Wenig überraschend bezeichnete Reis ihn im Nachgang als "Lichtblick", sein Gegenüber Tim Walter sagte anerkennend: "Glückwunsch Thomas, da hast du ein echtes Juwel in deinen Reihen."
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HSV-Star Robert Glatzel ist der beste Stürmer der 2. Liga
Das Auftaktspiel zwischen dem HSV und Schalke 04 war auch ein Duell der Stürmer: Simon Terodde auf der einen, Robert Glatzel auf der anderen Seite. Zweifelsohne gehören sie zu den besten ihrer Zunft im Unterhaus.
Und beide wurden ihrem Ruf gerecht. Zwar imponierte Terodde als erfahrener Antreiber und eiskalter Vollstrecker beim 3:3, doch Glatzel distanzierte ihn in der Diskussion um den vermeintlich besten Stürmer der Liga um Welten. Der 29-Jährige war an vier von fünf Hamburger Treffern beteiligt. Das 1:0 besorgte er höchstselbst, vor dem 2:2 holte er durch einen klugen Laufweg den Elfmeter raus, das 3:2 legte er Laszlo Benes mustergültig auf.
Sein entscheidender Treffer zum 4:3 in der Nachspielzeit war dann sinnbildlich für seinen Spielstil. Immer wach. Immer auf der Höhe. Immer Torgefährlich. "Handlungsschnell", bilanzierte ran-Experte Stefan Kuntz. "Das war Fußball pur", sagte der Matchwinner selbst und meint: "Für solche Erlebnisse spielt man Fußball. Dafür bin ich geblieben."
HSV vs. Schalke 04: Diese 2. Liga wird noch viel Spaß machen
57.000 Zuschauer sorgten im Volksparkstadion über knapp 100 Minuten und noch weit darüber hinaus für eine unfassbare Atmosphäre. Dazu zwei Teams, die ihr Heil in der Offensive suchten. Acht Tore – ein rauschendes Spektakel.
Und eben jene Fußball-Feste sind haben mittlerweile in der 2. Liga keinen Seltenheitswert mehr. Zu groß und traditionsreich sind mittlerweile die Klubs, die es nach dem Absteig oder der Renaissance ins Unterhaus des deutschen Fußballs gespült hat.
Stimmungsvolle und torreiche Fußball-Feste sind mittlerweile nicht mehr die Ausnahme, sondern die Regel in der 2. Liga. Und mit Blick auf das anstehende Topspiel am Samstagabend zwischen Fortuna Düsseldorf und Hertha BSC ist da kein Ende in Sicht.
Diese 2. Bundesliga wird in dieser Saison viel Freude bereiten. Flutlichtspiele auf dem Betzenberg oder am Millerntor. Derbys zwischen Braunschweig und Hannover 96, dem HSV und St. Pauli oder Fürth gegen Nürnberg. Dazu die Auf- und Abstiegskämpfe, die komplett offen zu sein scheinen.
Schalke 04 hat (k)ein Torwartproblem
Der Ausfall von Kapitän Ralf Fährmann wiegt schwer. So zumindest die Annahme vor dem Auftakt in diese Zweitliga-Saison. Nach dem Spiel aber lässt sich bilanzieren: Viel besser als Marius Müller hätte es der 34-Jährige auch nicht machen können.
Der Schlussmann, der vor der Saison vom FC Luzern kam, lieferte eine Glanzleistung an (ran-Note: 1).
Müller reihte Top-Parade an Top-Parade und bewahrte seine Mannschaft mehrfach vor einem früheren Rückstand. Ohne Müller hätte Schalke wohl nicht nur fünf Gegentore hinnehmen müssen.
"Der hat gehalten wie ne Zange", sagte auch HSV-Trainer Tim Walter hinterher. Sein Gegenüber Reis reagierte indes zwar auch lobend, aber zurückhaltend - wohlwissend um die Diskussionen, die sich in Gelsenkirchen dann entflammen könnten-
"Auf Schalke ist die Torhüterposition immer ein großes Thema. Ich bin sehr zufrieden mit seiner Leistung und er hat heute sicher gezeigt, dass wir kein Torwartproblem haben", sagte Reis. Doch ganz so einfach ist es nicht.
Müller selbst sagte nach dem Spiel bei ran, dass er sowas wie an diesem Abend in Hamburg "selten erlebt" habe: "Du kriegst so viele Bälle aufs Tor, hältst einige davon, und trotzdem schlagen fünf Dinger ein. Das ist schon brutal."
"Brutal" ist auch die ständige Ungewissheit in Schalkes Torhüter-Frage. Ralf Fährmann galt nach dem Zuspruch von Reis vor der Rückrunde der vergangenen Saison als etatmäßige Nummer eins, ist allerdings sehr verletzungsanfällig, wie die Vorbereitung zeigte (Muskelfaserriss, Zahn-OP). Es bahnt sich nun ein offener Zweikampf an - zwischen ihm und Müller.
"Ich weiß, was ich kann", sagte Müller nun nach seiner Glanzleistung und erklärte, er sei nicht nach Schalke gekommen, wenn er nicht an seine Chance, Nummer eins zu werden glauben würde. ALs Kampfansage wolle er dies jedoch nicht verstanden wissen, denn Fährmann sei "ein fantastischer Mensch", der ihn "super aufgenommen" habe.
Dennoch stellt sich nun wohl auf Schalke einmal mehr die berühmt berüchtigte T-Frage. Denn: Wenn man trotz fünf Gegentoren der beste Mann der eigenen Mannschaft ist, spricht das einerseits für Müller, andererseits aber auch eine klare Sprache bezüglich der Leistung seiner Vorderleute.
Der hat gehalten, wie ne Zange!
Tim Walter über S04-Torwart Müller
HSV und Schalke 04: Beide Teams haben eklatante Defensiv-Schwächen
Und damit zur negativen Erkenntnis dieses Auftaktes: Acht Tore sind einerseits ein Fußball-Fest für jeden neutralen Beobachter, doch der analytische Blick verrät: Beide Teams waren defensiv durchaus katastrophal aufgelegt.
Vor allem die Königsblauen offenbartenzahlreiche Lücken und hatten große Probleme mit dem Umschaltspiel des HSV. Reis erkannte im Nachhinein nüchtern an, dass es defensiv "eine schwache Leistung" war.
Eine Analyse, die einerseits den Eindruck der Testspiele letztendlich bestätigte, andererseits aber auch den Transfer von Timo Baumgartl (PSV Eindhoven) richtig einordnent. Die Verpflichtung des 27 Jahre alten Innenverteidigers, der zuletzt auf Leihbasis für Union Berlin spielte, wird einige Probleme beheben. Am Freitag stand er noch nicht im Kader.
An seiner Stelle verteidigte Ibrahima Cisse neben Marcin Kaminski. Der 22-Jährige war vergangenen Sommer aus Gent gekommen und hatte bis dato lediglich für die Schalker Reserve gespielt - und dort überzeugt. Bei seinem Schalker Pofidebüt tat er das nicht. Cisse verursachte den Elfmter vor dem 2:2 und sah in der Schlussphase beim Stand von 3:3 Gelb-Rot.
Kommende Woche wird die Viererkette der Schalker anders aussehen, was Hoffnung auf Besserung birgt. Gleiches gilt für den HSV.
Zum Auftakt bildeten Stephan Ambrosius (Leih-Rückkehr vom KSC) und Guilherme Ramos (von Bielefeld verpflichtet) die Innenverteidigung, weil das wohl wahrscheinlichste etatmäßige Duo bestehend aus Sebastian Schonlau und Neuzugang Dennis Hadzikadunic verletzt fehlte.
Und so setzte sich die Philosophie, die den HSV in der Vorsaison unterm Strich den Aufstieg kosteten, auch beim Auftakt des neuen Spieljahres fort: Vorne hui, hinten pfui. Doch für beide Hintermannschaften (und ihrer Fans) gibt es Aussicht auf Besserung.