Joshua Kimmich zwischen Rechtsverteidiger und Mittelfeld: So lief es jeweils
Joshua Kimmich: So wandelte er zwischen den Positionen
Bundestrainer Julian Nagelsmann hat sich festgelegt: Joshua Kimmich wird bei der Heim-EM im Sommer als Rechtsverteidiger auflaufen. Für den 29-Jährigen ist es eine Rückkehr auf eine Position, die ihm selbst wohl nicht besonders schmecken dürfte. Denn mehrfach machte Kimmich deutlich, dass er sich im Mittelfeld sieht.
Joshua Kimmich: Seine Flexibilität zeichnet ihn aus
Auch als Innenverteidiger spielte Kimmich in der Vergangenheit bereits. Seine enorme Flexibilität machte ihn einerseits für den FC Bayern und das DFB-Team unentbehrlich, wirklich heimisch wurde er andererseits aber auf kaum einer Position. ran blickt auf Kimmichs Karriere und zeigt, wie er immer wieder verschoben wurde.
Saison 2013/14: Profi-Debüt bei RB Leipzig
Im Herbst 2013 gab Kimmich sein Profi-Debüt bei RB Leipzig, die Sachsen spielten zu dieser Zeit noch in der 3. Liga. Kimmichs Trainer war Alexander Zorniger, der den damals 18-Jährigen quasi die gesamte Saison im Mittelfeld aufstellte. Im von Zorniger bevorzugten 4-3-1-2-System war Kimmich ein fester Bestandteil der Dreierreihe vor der Abwehr.
Saison 2014/15: Zweite Liga mit Leipzig
An dieser Rolle änderte sich auch nach dem Aufstieg in die 2. Bundesliga nichts. Kimmich war - wenn fit - gesetzt, und zwar im Mittelfeld. Auch nach dem Trainerwechsel von Zorniger zu Achim Beierlorzer blieb Kimmich im Zentrum. Mal war er Achter, mal alleiniger Sechser in einem 4-3-3, mal Teil einer Doppelsechs.
Saison 2015/16: Wechsel zum FC Bayern
Seine Leistungen riefen den FC Bayern auf den Plan, der im Sommer 2015 8,5 Millionen Euro an den VfB Stuttgart überwies, der Kimmich zuvor via Rückkaufoption aus Leipzig zurückgeholt hatte. In München musste er im Starensemble von Pep Guardiola zunächst um seine Einsätze kämpfen, doch der Spanier fand schnell Gefallen an seinem Neuzugang.
Guardiola über Kimmich: "Fast mein Sohn!"
"Er verdient es mehr zu spielen! Er beklagt sich nicht und ist jedes Training und jedes Spiel der Wahnsinn", sagte Guardiola nach einem 4:0 gegen Stuttgart, als Kimmich erstmals überhaupt 90 Minuten für die Bayern spielte. Allein in diesem Spiel setzte der Coach Kimmich auf drei Positionen ein. "Joshua Kimmich ist fast mein Sohn", adelte er den damals 20-Jährigen.
Erstmals auch Innenverteidiger
Guardiola war es dann auch, der Kimmich erstmals dauerhaft als Innenverteidiger einsetzte. Fast die gesamte Rückrunde der Saison 2015/16 lief Kimmich im Abwehrzentrum auf, so auch bei seinem Länderspieldebüt im Mai 2016 gegen die Slowakei, das aber mit 1:3 verloren wurde.
EM 2016: Löw macht Kimmich zum Rechtsverteidiger
Erstmals als Rechtsverteidiger fiel Kimmich bei der EM 2016 auf. Im dritten Gruppenspiel gegen Nordirland beorderte Bundestrainer Joachim Löw Kimmich für Benedikt Höwedes in die Startelf. Und Kimmich schlug voll ein, nach dem 1:0-Sieg und einer starken Leistung wurde er bereits mit Philipp Lahm verglichen. Kimmich behielt seinen Stammplatz für das restliche Turnier.
Saison 2016/17: Schwieriger Stand bei Ancelotti
Bei den Bayern hatte sich im Sommer 2016 derweil einiges verändert. Guardiola hatte den Klub verlassen, Carlo Ancelotti übernahm das Traineramt. Für Kimmich war die Saison schwierig, er pendelte zwischen Startelf und Bank. Und auch auf dem Feld wurde er immer wieder verschoben, meist spielte er aber im Mittelfeld. Im DFB-Team blieb er Rechtsverteidiger.
Saison 2017/18: Jetzt auch RV bei den Bayern
In der Saison darauf war der Mittelfeldspieler Kimmich auch bei den Bayern (vorerst) Geschichte. Schon Ancelotti setzte ihn nur noch rechts hinten ein, nach der Entlassung des Italieners im September 2017 hielt Nachfolger Jupp Heynckes daran fest. Es wurde Kimmichs bis dato offensiv beste Saison seiner Karriere, wettbewerbsübergreifend lieferte er 23 Scorerpunkte.
WM 2018: Vorrunden-Aus mit Rechtsverteidiger Kimmich
Bei der WM 2018 in Russland konnte Kimmich als Rechtsverteidiger nicht an seine starke Saison mit den Bayern anknüpfen, das DFB-Team schied völlig überraschend und desolat bereits in der Vorrunde aus. Das lag aber bei weitem nicht nur an Kimmich.
Saison 2018/19: Persönlicher Vorlagenrekord in der Bundesliga
In München hatte inzwischen Niko Kovac das Sagen, zumindest als Trainer. An Kimmichs Rolle änderte das nichts, er blieb (mit wenigen Ausnahmen) Rechtsverteidiger bei den Münchnern. In der Bundesliga kam er auf 14 Torvorlagen - so viele wie nie zuvor und nie seitdem. In der Champions League war schon im Achtelfinale Schluss, Kimmich fehlte im Rückspiel gegen Liverpool gesperrt.
DFB-Team: Löw zieht Kimmich ins Mittelfeld
In der Nationalmannschaft rückte Kimmich nach der WM 2018 allerdings zurück ins Mittelfeld und übernahm den Platz von Sami Khedira, der von Löw nicht länger berücksichtigt wurde. In wechselnden Formationen wurde Kimmich für die nächsten fast drei Jahre zum Mittelfeld-Fixpunkt des DFB-Teams.
Saison 2019/20: Auch im Klub wieder im Mittelfeld unterwegs
Bevor Corona die Welt erschütterte, kam es bei Kimmich auch im Klub zur Rückkehr zu den Wurzeln. Durch die Verpflichtung von Benjamin Pavard wurde Kimmich nicht mehr rechts hinten benötigt und durfte wieder im Mittelfeld spielen. Das Finalturnier der Champions League in Lissabon spielte er aber wieder als Rechtsverteidiger, da Pavard angeschlagen war.
Saison 2020/21: Unumstritten im Mittelfeld
In der Saison darauf war Kimmich komplett unumstritten im Mittelfeld, zumal Thiago die Bayern nach dem Champions-League-Triumph Richtung Liverpool verlassen hatte. In 39 Pflichtspielen steuerte er sechs Tore und 14 Vorlagen bei.
EM 2021: Löw setzt Kimmich als Schienenspieler ein
Unterdessen hatte Bundestrainer Löw für die EM 2021 eine ganz neue Idee. Er baute das System komplett um und implementierte plötzlich eine Dreier-/Fünferkette mit Kimmich als rechtem Schienenspieler. Abgesehen vom Sieg gegen Portugal, als Kimmich zwei Tore vorbereitete, ging der Plan nicht auf. Deutschland schied im Achtelfinale gegen England aus, die Ära Löw war beendet.
Saison 2021/22: Starker Start unter Nagelsmann
Bei den Bayern kehrte Kimmich nach der EM ins Mittelfeld zurück und startete unter dem neuen Trainer Julian Nagelsmann überragend in die Saison. In den ersten sechs Bundesligaspielen traf er dreimal und gab vier Vorlagen. Diese Quote konnte er zwar nicht halten, am Saisonende standen aber dennoch 15 Scorerpunkte in der Liga zu Buche.
Saison 2022/23: Auf Nagelsmann folgt Tuchel
Mit der dramatischen Last-Minute-Meisterschaft endete eine turbulente Bayern-Saison, die unter anderem die Entlassung von Julian Nagelsmann und die Verpflichtung von Thomas Tuchel sah. Kimmich war unter beiden Trainern im Mittelfeld gesetzt. Er steuerte wettbewerbsübergreifend 18 Scorerpunkte bei.
WM 2022: Erst Mittelfeld, dann Rechtsverteidiger
Zwischendurch fand auch noch eine Winter-WM in Katar statt, in der Adventszeit 2022 war das deutsche Team aber schon nicht mehr dabei. Kimmich erlebte beide Welten seiner Karriere. Gegen Japan und Spanien spielte er im Mittelfeld, gegen Costa Rica dann als Rechtsverteidiger.
Saison 2023/24: Eiszeit mit Tuchel
Die aktuelle Saison ist für Kimmich die schwierigste seiner Karriere. Er selbst spielt unter seinen Möglichkeiten, mit Trainer Thomas Tuchel wurde er nie warm - weil dieser offen sagte, dass er Kimmich nicht als Sechser sieht. Dennoch spielte Kimmich dort, wohl auch mangels Alternativen. Bei der EM 2024 wird er wieder nach rechts hinten rücken. Und bei den Bayern? Tuchels "Rücksichtlos-Ansage" könnte bedeuten, dass Kimmich auch dort auf die RV-Position rückt - auch aufgrund der vielen Verletzten.